Die Dresdner Pegida-Anhänger wollen Lutz Bachmann weiterhin als ihren Vorsitzenden. Die Verlegung seines Lebensmittelpunktes nach Teneriffa und sein Zerwürfnis mit Tatjana Festerling interessiert die Dresdner Montagsdemonstranten nicht.
von Michael Bartsch
Per Akklamation durch das Heben des linken Armes hat sich Lutz Bachmann am Montagabend vor dem Dresdner Hauptbahnhof seine Führerrolle bei Pegida bestätigen lassen. Die angekündigte Vertrauensfrage fiel aus wie Abstimmungen zu DDR-Zeiten. Eine einzige Gegenstimme war am Rand der Versammlung des seit Monaten konstanten Kerns von etwa 2.500 Pegida-Anhängern zu entdecken.
Weniger eindeutig fiel eine Abstimmung darüber aus, ob Tatjana Festerling Vorsitzende der konkurrierenden Bewegung "Festung Europa" bleiben solle. Ein skurriler Vorgang, denn angesichts des Zerwürfnisses zwischen den ehemaligen Gefährten Bachmann und Festerling bleibt eine solche Abstimmung ohne Folgen.
Bachmann rechtfertigt Auswanderung
Bachmann hatte in einer Videobotschaft angekündigt, sich dem Votum seiner Anhänger stellen zu wollen. Anlass war die von Festerling bekanntgemachte und von Bachmann später bestätigte Tatsache, dass er seinen Lebensmittelpunkt nach Teneriffa verlegt hat. Er erhält dort Werbeaufträge von einem ebenfalls ausgewanderten Freund aus Radebeul. Bachmann stellte seine aufwändigen Flüge zu den Pegida-Demonstrationen an Montagen als patriotische Tat dar. "Wichtig ist, dass ich Montag für Montag für Euch da bin, um Gesicht zu zeigen", rief er unter Beifall. "Mein Privatleben geht euch einen Scheißdreck an", wandte er sich an die angeblichen Verleumder.
Nach einer Spontanumfrage teilt offenbar eine übergroße Mehrheit der verbliebenen Pegida-Anhänger diese Auffassung. Weder die Vorstrafen Bachmanns noch sein Weggang aus dem angeblich geliebten Deutschland noch die eskalierenden Auseinandersetzungen im Organisationsteam interessieren sie.
Festerling stört bei Pegida
Eine Gruppe von etwa 100 Personen um Tatjana Festerling nahm die Vorgänge aber umso wacher wahr. Die Gegendemonstration kam an diesem Montag nicht aus linken Kreisen, sondern von enttäuschten Pegidianern. Rufe wie "Lügenlutz" wurden laut. "Das ist nur noch eine Widerstandsparty, die nichts mehr bewirkt", sagte Festerling dem MDR. Die Politik schere das nicht mehr, es gebe keine Ziele, keine Forderungen und keine Provokationen mehr. Dabei ruhten die Hoffnungen anderer europäischer Bewegungen auf Dresden. Die persönlichen gegenseitigen Anwürfe und Schmähungen zwischen ihr und Bachmann kommentierte sie mit dem Satz: "Das ist meinerseits alles belegbar."
Streit ums Geld
Lutz Bachmann wiederum gab vor der Versammlung eine eidesstattliche Erklärung ab, dass er alle Spendengelder nur für Vereinszwecke und nicht zur persönlichen Bereicherung verwendet habe. Auch solche Verdächtigungen waren laut geworden. Sein Stellvertreter Siegfried Däbritz dementierte heute bei Facebook aufgetauchte Gerüchte, er besitze eine USA-Greencard und wolle ebenfalls auswandern.
Während des "Abendspaziergangs" diskutierten am Platz verbliebene Gruppen heftig über die Zukunft von Pegida. Unter ihnen waren auch ehemals engste Vertraute Bachmanns. Eine Spaltung könne man nicht wollen, aber die spürbare Stagnation müsse überwunden werden, hieß es. Eine Erneuerung aber sei mit dem "Selbstdarsteller" Bachmann, der alle um sich herum "weggebissen" und sogar internationale Partner verprellt habe, nicht mehr möglich.
Sowohl Pegida als auch die Festerling-Bewegung "Festung Europa" wollen am 3.Oktober bei den Feierlichkeiten zum Jahrestag der deutschen Einheit in Dresden demonstrieren. Ein nicht genannter Sponsor habe dafür bereits 1.500 Trillerpfeifen gespendet, sagte Däbritz.