Schließung der Erstaufnahmen in Leipzig: Mehr als 100 Jobs in Gefahr

Erstveröffentlicht: 
21.09.2016

Weil immer weniger Flüchtlinge bis nach Deutschland kommen, schließt der Freistaat weitere Erstaufnahmeeinrichtungen. Darunter sind auch drei Objekte in Leipzig. Dort zeigten sich Betreiber und Mitarbeiter überrascht.

 

Leipzig. Angesichts geringerer Flüchtlingszahlen reduziert der Freistaat seine Erstaufnahmekapazitäten weiterhin rigoros. Wie Innenminister Markus Ulbig (CDU) am Dienstag verkündete, werden zwölf von 25 Einrichtungen noch bis Jahresende geschlossen – darunter auch die in der Leipziger Braunstraße (900 Plätze), in der Friederikenstraße (430 Plätze) und die verbliebenen Zeltlager in Mockau (1500 Plätze). Ab 2017 wird es in der Messestadt somit nur noch die in Bau befindliche Erstaufnahme in der Max-Liebermann-Straße geben. Betreiber und Mitarbeiter in den Landeseinrichtungen sind vom neuen Sparkurs offenbar überrascht worden, nicht wenige werden wohl ihre Jobs verlieren. Vor allem die Informationspolitik des Innenministers wird harsch kritisiert.

 

Wie das Deutsche Roten Kreuz (DRK) erklärte, das für die Lager in Mockau und in der Braunstraße verantwortlich ist, wurden die Betroffenen erst Stunden vor der offiziellen Bekanntgabe durch das Ministerium informiert. „Es macht uns traurig, dass das wir nicht die Zeit hatten und prüfen konnten, was wir für die Mitarbeiter tun können“, so DRK-Sprecher Kai Kranich. Unmittelbar nach Bekanntwerden setzten die Verantwortlichen Mitarbeitergespräche an und nahmen Kontakt zur Agentur für Arbeit auf. Der DRK-Landesverband will versuchen, zumindest einige der aktuell noch 125 Mitarbeiter in den sächsischen Erstaufnahmen über Weiterqualifizierung und offene Stellen zu halten. 

 

Ideale Lage der „Friederike“ im Stadtgebiet wird aufgegeben


Ähnlich sieht es im ehemaligen Lehrlingswohnheim in der Friederikenstraße 37 aus, das einst im August 2015 als erste der Einrichtungen in der Messestadt ans Netz ging. Betrieben wird die „Friederike“ von den Malteser Werken. „Wir sind sehr unglücklich über diese Entscheidung und auch über die Informationspolitik des sächsischen Innenministeriums“, erklärte Einrichtungsleiter Tassilo Metternich am Mittwoch. Die EAE im Stadtteil Dölitz liege ideal im Stadtgebiet und könne gerade auch deshalb auf ein sehr großes Netzwerk von ehrenamtlichen Unterstützern zurückgreifen. „Wir leisten hier ausgezeichnete Arbeit und bereiten den Anfang für eine konzeptionell vernünftige Integration“, so Metternich weiter.

 

Insgesamt 47 Mitarbeiter betreuen derzeit die Geflüchteten in der Friederikenstraße, ein Großteil ist seit Eröffnung dabei. „Momentan laufen fast alle Verträge im Dezember aus, wir werden dennoch versuchen den Mitarbeitern andere Arbeitsmöglichkeiten anzubieten“, so der Einrichtungsleiter. Trotz der Ernüchterung über die Entscheidung aus Dresden, zeigte Metternich aber auch Verständnis: „Wir kennen natürlich die politische Lage und verstehen auch das Innenministerium. Wir werden weiter versuchen zu helfen.“

 

Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Christopher Zenker ist die Schließung der „Friederike“ mit ihrer Vernetzung im Stadtgebiet verschenktes Potential – gerade mit Blick auf die weiter bestehende Erstaufnahme an der Autobahn bei Schkeuditz. „Dass das Innenministerium sich frühzeitig mit Investitionen auf den Standort im Gewerbegebiet Dölzig festgelegt hat, obwohl dieser verkehrlich schlecht erschlossen und kaum an soziale Infrastruktur angebunden ist, macht deutlich, dass dem Ministerium scheinbar nicht an einer Integration der Asylsuchenden gelegen ist. Der Standort in der Leipziger Friederikenstraße hätte viel mehr geboten“, so der Sozialdemokrat am Mittwoch.

 

Neben schon genannten Einrichtungen in Dölzig und in der Max-Liebermann-Straße (jeweils mit 700 Plätzen) wird es in Sachsen ab 2017 noch drei Erstaufnahmen in Chemnitz, zwei in Dresden, jeweils eine in Schneeberg und Grillenburg geben. Insgesamt hat der Freistaat damit gut 5200 Plätze für die Aufnahme von Geflüchteten zur Verfügung.