Auseinandersetzungen unter den Bewohnern, Proteste gegen drohende Abschiebungen: Im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist die Lage eskaliert. Ein Feuer brach aus, Tausende flohen aus dem Aufnahmezentrum. Inzwischen gab es erste Festnahmen.
Nach einem Brand im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos sind Medienberichten zufolge 18 Bewohner des Lagers festgenommen worden. Die Flüchtlinge aus Afghanistan, Irak, dem Senegal, Syrien und Kamerun stünden unter dem Verdacht, die Zusammenstöße verursacht zu haben, die zum Brand des Lagers am Montag geführt hatten. Die über 3.000 Bewohner flüchteten aus dem Lager und verteilten sich auf der Insel.
Der Bürgermeister von Lesbos, Spyros Galinos, sagte dem griechischen Radiosender Parapolitika FM, "wenn die Situation nicht umgehend entschärft wird, werden wir sicher wieder neue, noch schlimmere Vorfälle erleben." Angesichts des überfüllten Lagers sei es nur eine Frage der Zeit gewesen, "bis das passiert". Es könne nicht sein, dass nur rund 15 Gemeinden in ganz Griechenland die gesamte Flüchtlingsproblematik schulterten.
Brandursache wird untersucht
Am Montag waren dutzende Zelte in Flammen aufgegangen. Die Polizei geht
nach eigenen Angaben von Brandstiftung aus und untersucht inzwischen die
Hintergründe des Brandes. Ein Polizeisprecher sagte der
Nachrichtenagentur AFP, er habe "keinen Zweifel" daran, dass das Feuer
von den Bewohnern des Flüchtlingslagers selbst gelegt worden sei.
Ein
Vertreter der Sicherheitskräfte erklärte, bereits vor Ausbruch des
Brandes sei es zu Spannungen zwischen den Bewohnern gekommen.
Griechische Medien berichteten, es habe Gerüchte über eine drohende
Massenabschiebung von Migranten in die Türkei gegeben. Gegen die
vermeintlich drohende Zwangsausweisung hätten die Menschen protestiert.
Am Nachmittag sei dann an verschiedenen Stellen inner- und auch
außerhalb des Lagers Feuer gelegt worden. Am Montagabend sei die Lage
dann außer Kontrolle geraten und die Bewohner seien geflohen.
Kritik an prekären Zuständen
Das Lager Moria auf Lesbos gehört zu den größten des Landes.
Menschenrechtsgruppen kritisieren seit Langem die prekären Verhältnisse
in dem Aufnahmezentrum. Schon in der Vergangenheit hatte es dort
gebrannt, außerdem gab es immer wieder Zusammenstöße zwischen den
Flüchtlingen. Das Lager ist seit Monaten überfüllt. In Moria sollen
1.500 Menschen Platz finden – mehr als 3.000 harrten dort zuletzt aus.
Auch
andere Aufnahmezentren in der Ägäis gelten als überfüllt. Nach Angaben
des griechischen Flüchtlingskrisenstabs leben auf den fünf griechischen
Inseln Lesbos, Kos, Chios, Leros und Samos insgesamt mehr als 13.000
Flüchtlinge. Die Einrichtungen dort seien aber nur für knapp 8.000
Menschen ausgelegt.
Und die Lage spitzt sich weiter zu. Nicht
zuletzt weil die griechischen Asylsachverständigen sich weigern,
Flüchtlinge in die Türkei abzuschieben. Ihrer Ansicht nach erfüllt das
Land nicht die Kriterien eines sicheren Drittstaats. Insgesamt halten
sich in Griechenland derzeit mehr als 60.000 Schutzsuchende auf. Dagegen
wurden bislang nur rund 500 Menschen zurück in die Türkei geschickt.
Auch Inselbewohner protestieren
Auch die Inselbewohner der Ägäis wollen die Situation nicht länger
hinnehmen – auf Lesbos und Chios gab es in den vergangenen Tagen
wiederholt Demonstrationen gegen die Flüchtlingslager. Auch rechte
Gruppierungen protestierten gegen die Asylsuchenden, unter anderem
Mitglieder der rechtsextremistischen Partei "Goldene Morgenröte".
In
Griechenland wächst seit Wochen die Sorge, die Flüchtlingskrise könnte
sich wieder verschärfen. Athen befürchtet, dass das Flüchtlingsabkommen
zwischen der EU und der Türkei scheitert. Nach dessen Inkrafttreten war
die Zahl der in Griechenland ankommenden Flüchtlinge rapide gesunken.
Flüchtlinge wollen aufs Festland
Medienberichten zufolge machten sich viele der Flüchtlinge aus Moria auf den Weg zur rund sechs Kilometer entfernten Inselhauptstadt Mytilini, in deren Hafen die Fähren Richtung Athen ablegen. Schon länger fordern die Flüchtlinge, auf das griechische Festland reisen zu dürfen, um den Zuständen im sogenannten Hotspot zu entkommen, aber auch in der Hoffnung, sich von Athen aus weiter nach Mittel- und Nordeuropa durchschlagen zu können. Weil eine Reihe von osteuropäischen Ländern und Balkanstaaten inzwischen ihre Außengrenzen geschlossen haben, ist ein Weiterkommen nahezu unmöglich.