Mitteldeutsche Spitzenunternehmen beschäftigen zwölf Flüchtlinge

Erstveröffentlicht: 
14.09.2016

Kanzlerin Merkel trifft sich mit Vorständen aus den Dax-Konzernen. Wie so oft geht es um das Thema Flüchtlinge: Nach Ansicht der Kanzlerin könnten die großen Unternehmen viel mehr tun, indem sie Flüchtlinge beschäftigen und ausbilden. Doch die Bilanz der zehn größten Unternehmen in Mitteldeutschland fällt bisher recht dürftig aus.

 

Die zehn größten Unternehmen Mitteldeutschlands bringen es zusammen auf 37 Milliarden Euro Umsatz. Doch fragt man bei ihnen nach, wie viele Flüchtlinge sie beschäftigen, fällt die Zahl bescheiden aus: Es sind zwölf. 

 

Der Vorreiter sitzt in Dresden


Allein elf arbeiten bei den Technischen Werken Dresden, einer städtischen Firmengruppe, die sich um den Nahverkehr, das Stromnetz und die Stadtreinigung kümmert. Lars Seiffert führt dort die Geschäfte und erzählt: "Das sind elf junge Männer, die hier in Dresden in unserem mobilen Begleitservice unterwegs sind. Da werden alte Leute abgeholt, Mobilitätseingeschränkte, damit diese unsere Verkehrsmittel hier in Dresden benutzen können. Die sind in der Dienstkleidung der Dresdner Verkehrsbetriebe unterwegs und machen da einen ganz tollen Job."

 

Obwohl es sich um Ein-Euro-Jobs handelt, sind die Technischen Werke Dresden damit Vorreiter. Andere Großunternehmen engagieren sich nach Recherchen von MDR AKTUELL gar nicht. Die Verbundnetz Gas AG in Leipzig meldet keine Flüchtlinge, die Total Raffinerie in Leuna ebenfalls nicht. Volkswagen Sachsen, beim Umsatz auf Platz drei, schreibt, man habe Stellen abbauen müssen, das Thema stehe derzeit nicht auf der Agenda. 

 

Sprachbarriere und fehlender Überblick


Kristian Veil, Sprecher der Arbeitsagentur Sachsen-Anhalt-Thüringen, sagt, viele Firmen täten sich schwer: "Der Haupthinderungsgrund ist natürlich die fehlende Sprachkompetenz. Die Menschen kommen zu uns mit geringen oder gar keinen Deutschkenntnissen. Zum anderen fehlt ein Überblick über die Qualifikationslage der Menschen. Etwas mehr als 60 Prozent der Menschen haben keine formelle Ausbildung, wie wir sie kennen, was aber nicht heißt, dass die Menschen nichts gelernt haben oder nichts können." Derzeit sind in Mitteldeutschland 13.600 Flüchtlinge arbeitslos gemeldet, darunter überwiegend Syrer. Nur einige hundert wurden bislang vermittelt: an Kliniken, in Hotels, Restaurants oder auf Baustellen. 

 

Mitnetz Strom plant Kooperation mit Schule


Von den zehn umsatzstärksten Unternehmen beschäftigt nur noch die Mitnetz Strom in Halle einen Flüchtling, er arbeitet dort als Praktikant. Personalvorstand Ralf Hiltenkamp sagt, man wolle aber noch mehr tun: "Wir werden in Halle mit einer Schule zusammenarbeiten, wo wir direkt in die Klassen reingehen und dort acht junge Flüchtlinge an die Hand nehmen, die wir über ein Jahr schon vorab mit dem Unternehmen zusammenbringen, um sie auf eine Ausbildung vorzubereiten. Der Riesenvorteil ist bei diesen Kindern: Die sprachliche Hürde nehmen die ganz schnell."

 

Und dann sagt Hiltenkamp noch, auch die Politik müsse zulegen und bürokratische Hürden schneller abbauen. Er höre immer wieder die Aufforderung, die Unternehmen sollten erst einmal machen und nicht alle Vorschriften so ernst nehmen. Aber so gehe das nicht: Als Großunternehmen müsse man Vorschriften einhalten.

 

Die umsatzstärksten mitteldeutschen Unternehmen und die Zahl der beschäftigten Flüchtlinge
Unternehmen Umsatz beschäftigte Flüchtlinge
Verbundnetz Gas AG, Leipzig 9,98 Mrd. Euro 0
Total Raffinerie Mitteldeutschland, Leuna 6,97 Mrd. Euro 0
Volkswagen Sachsen GmbH, Zwickau 5,10 Mrd. Euro 0
envia Mitteldeutsche Energie AG, Chemnitz 2,73 Mrd. Euro 0
Leipziger Stadtholding (früher LVV) 2,65 Mrd. Euro 0
Technische Werke Dresden GmbH 2,52 Mrd. Euro 11 (geförderte Maßnahme)
Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom, Halle 2,43 Mrd. Euro 1 (Praktikant)
Comparex AG, Leipzig 1,77 Mrd. Euro 0
Globalfoundries, Dresden 1,66 Mrd. Euro 0
Thüringer Energie AG, Erfurt 1,52 Mrd. Euro keine Auskunft

Umsätze gemäß einer Erhebung der LBBW Sachsen Bank.