Die Regelungen, wie Brandenburger Parlamentarier Informationen des Verfassungsschutz erhalten, sind nach Ansicht von Experten veraltet. Das bestätigt auch ein Gutachten, über das der NSU-Untersuchungsausschuss des Landtages am Freitag beriet.
Experten haben große Defizite bei der parlamentarischen Kontrolle des Brandenburger Verfassungsschutzes ausgemacht. "Die gesetzliche Grundlage des Verfassungsschutz ist in Brandenburg veraltet", betonte der Rechtswissenschaftler Heinrich Amadeus Wolff von der Universität Bayreuth am Freitag im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags. Neuerungen, die im Zuge der NSU-Aufarbeitung bundesweit getroffen wurden, habe Brandenburg gleich mehrfach verschlafen.
Zudem gebe es die Besonderheit, dass der märkische Verfassungsschutz weniger Befugnisse für Operationen habe als andere Nachrichtendienste in den Ländern. Regeln im operativen Bereich müssten klarer formuliert werden, forderte Wolff.
Experte: Trennungsprinzip beibehalten
Auch Rechtswissenschaftler Ralf Alleweldt von der Fachhochschule der Brandenburger Polizei plädierte im Ausschuss für eine Überarbeitung des Verfassungsschutzgesetzes. So müssten der Einsatz von V-Leuten sowie deren Anwerbung, Führung und Kontrolle stärker geregelt werden. Ähnliches gelte für Übermittlungspflichten des Verfassungsschutzes bei schweren Gewalttaten.
Allerdings dürfe das informationelle Trennungsprinzip zwischen Nachrichtendienst und Polizei nicht unterlaufen werden. Es dürfe keinen Informationsaustausch zwischen Nachrichtendiensten und Polizei geben. Hintergrund: Für Nachrichtendienste gelte eine sehr viel niedrigere Schwelle zum Einschreiten.
Gutachten: Es fehlen konkrete Regeln
Auch ein Gutachten des Parlamentarischen
Beratungsdienstes des Potsdamer Landtages stellte Mängel fest. Die
Regelungen für den Verfassungsschutz in Brandenburg blieben "deutlich"
hinter dem zurück, was im Bund und in Ländern wie Thüringen in jüngster
Zeit beschlossen worden sei, heißt es darin.
Das 160 Seiten starke Papier beschäftigt sich mit den Konsequenzen, die
Parlamente und Sicherheitsbehörden aus der Mordserie der rechten
Terrorgruppe NSU gezogen haben. In Brandenburg fehlten "wichtige
Elemente, wie sie etwa im Bund oder in einigen Ländern inzwischen
geregelt worden sind", heißt es im Bericht. Vermisst werden zum Beispiel
konkretere Regeln, in welchem Maße die Landesregierung Erkenntnisse mit
dem Parlament teilen muss. Auch die Regeln zum V-Mann-Einsatz seien in
anderen Teilen Deutschlands deutlich besser geregelt worden.
Erkenntnisse nicht weitergeleitet, um einen V-Mann zu schützen?
Der NSU-Untersuchungsausschuss soll mögliche Verstrickungen des Landesverfassungsschutzes in die Mordserie des rechtsextremen NSU-Trios aufklären. Dem Gremium gehören Landtagsabgeordnete aus den Fraktionen von SPD, CDU, Linke, AfD und Bündnis 90/Die Grünen an. Vorsitzender ist der SPD-Abgeordnete Holger Rupprecht.
In der Anhörung am Freitag ging es darum, inwieweit V-Leute durch den Verfassungsschutz geleitet werden und wurden. Im Raum steht der Verdacht, dass Brandenburgs Verfassungsschutz mögliche Erkenntnisse über das NSU-Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe nicht an andere ermittelnde Landes- und Bundesbehörden weitergeleitet haben könnte, um einen V-Mann zu schützen.