Eingeschlagene Scheiben, zerstörte Deckenverkleidungen, Berge von Bierdosen – rund 1000 Fans von Dynamo Dresden verwüsteten im Frühjahr einen Regionalzug, der sie nach Magdeburg brachte. Schaden: mindestens 100 000 Euro.
Eingeschlagene Scheiben, zerstörte Deckenverkleidungen, Berge von Bierdosen – rund 1000 Fans von Dynamo Dresden verwüsteten im Frühjahr einen Regionalzug, der sie nach Magdeburg brachte. Schaden: mindestens 100 000 Euro. Kein Einzelfall. Auch beim Zweitligaspiel Hannover 96 gegen Dresden (0:2) am Sonntag herrschten verschärfte Sicherheitsvorkehrungen. Zuschauer der als Risiko-Spiel eingestuften Partie durften bei der An- und Abreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln keine Glasflaschen oder Dosen mit sich führen.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verlangt noch härtere Konsequenzen. Jörg Radek, Vize-GdP-Chef, sagt: „Wir fordern schon lange ein Alkoholverbot im öffentlichen Raum an gefährdeten Plätzen.“ Dabei sei man jedoch an rechtliche Voraussetzungen und Gefährdungsprognosen gebunden. Alkoholverbote in Zügen könnten nur von den Betreibern selbst in den Benutzerordnungen verankert werden. So wie es der in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Hamburg und Bremen agierende Betreiber Metronom getan hat. Dies gebe der Polizei im konkreten Fall auch die notwendige Handhabe. Wer mit der Bierbüchse erwischt wird, muss 40 Euro zahlen. Folge: weniger Straftaten, weniger Müll.
Tatsächlich wird die Liste der Städte, die in Bussen und Bahnen ein striktes Alkoholverbot verhängen, immer länger: Hamburg, München, Hannover, Bremen, Köln. Mit Mecklenburg-Vorpommern denkt ein ganzes Bundesland über eine solche Maßnahme nach. Laut Innenminister Lorenz Caffier (CDU) sei es unstrittig, „dass Alkohol die Hemmschwelle zur Gewaltbereitschaft deutlich absenkt“.
Ausgerechnet Sachsen aber, ein Bundesland, das immer wieder Probleme mit Fußballfans hat, tut sich mit solch einer Maßnahme schwer. So möchte sich das sächsische Innenministerium dazu gar nicht äußern. Die DB Regio als ein Anbieter von Nahverkehrsleistungen in Sachsen steht nach eigenem Bekunden „der öffentlichen Diskussion um ein Alkoholverbot im öffentlichen Nahverkehr offen gegenüber und prüft ihrerseits gemeinsam mit einzelnen Verkehrsverbünden die Einführung solcher Maßnahmen“, so Sprecher Jörg Bönisch diplomatisch.
Aber viel ist dabei offenbar noch nicht herausgekommen. Denn das Ergebnis einer Umfrage unter allen fünf Nahverkehrszweckverbänden und beim Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV) ist ernüchternd. So lässt der MDV mitteilen, dass in allen Straßenbahnen und Bussen im Verbundgebiet untersagt sei, Speisen und Getränke zu sich zu nehmen. In Nahverkehrszügen gelte dies allerdings nicht. Innerhalb des MDV sei immerhin geregelt, dass alkoholisierte Personen von der Beförderung in Nahverkehrsmitteln, auch Nahverkehrszügen, im Verbundgebiet ausgeschlossen sind. „Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass mit den bestehenden Regelungen bisher ausreichende rechtliche Grundlagen geschaffen wurden“, teilt ein MDV-Sprecher mit. Das sieht auch der Verkehrsverbund Mittelsachsen so.
Der Zweckverband für den Nahverkehrsraum Leipzig weist daraufhin, dass „die Problematik des Alkoholkonsums im ÖPNV“ nicht isoliert zu betrachten sei von der Thematik des Alkoholmissbrauchs im öffentlichen Raum. Ein generelles Alkoholverbot mache wenig Sinn, da dessen Einhaltung eben nur in den Bereichen, in denen die Verkehrsunternehmen beziehungsweise Stationsbetreiber Hausrecht genießen, durchzusetzen wäre. Hier gäbe es jedoch bereits entsprechende Regeln der Verkehrsunternehmen und Infrastrukturbetreiber.
Für den Verkehrsverbund Vogtland existiert das Problem überhaupt nicht: „Das Thema Alkoholverbot war bei uns bislang kein Thema und wurde auch seitens der Verkehrsunternehmen uns gegenüber nicht thematisiert.“