Die Alternative für Deutschland (AfD) und ihr Spitzenkandidat in Mecklenburg-Vorpommern bestreiten, von einer gigantischen Parallelkampagne für ihre Partei im Wahlkampf gewusst zu haben – dagegen spricht ein Treffen mit dem Verantwortlichen.
Von Andrea Röpke
Auf ihrer Sitzung am 29. Januar 2016 begrüßte die „Alternative für Deutschland“ in Mecklenburg-Vorpommern nach eigenen Angaben einen Gast aus Bayern. Josef Konrad, Inhaber der Firma Aurum Marketing, wurde eingeladen, um ein „Grafikkonzept“ zu erstellen, welches die Partei für den anstehenden Landtagswahlkampf nutzen werde. Konrad habe auch über „seine Erfahrungen“ aus den Wahlkämpfen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz berichtet, „in denen er bereits tätig ist“, hieß es in einem internen Mitgliederschreiben des Landesverbandes vom 8. Februar 2016.
An sich keine aufregende Sache vor einem Wahlkampf, doch die AfD bestreitet eine Kooperation mit Josef Konrad aus Bayreuth. Konrad wurde zunächst als stellvertretender Schatzmeister des AfD-Bezirksverband Oberfranken angegeben, nach den ersten Medienberichten im März 2016 war der Posten „vakant“. Auf der Homepage der AfD Bayern wird der smarte Dunkelhaarige als Webadministrator und Projektleiter „Relaunch Webseite 2015“ bezeichnet. Den Mitgliedern des Landesverbandes Mecklenburg-Vorpommern stellen die beiden Landessprecher Konrad in ihrem Schreiben als Herausgeber der AfD-nahen Zeitung „Polifakt“ vor. Bei Facebook posten Kreisverbände wie der aus Mecklenburg-Schwerin immer wieder begeistert Beiträge der Leipziger Zeitung.
Spitzenkandidat sind die Plakate „gerade erst aufgefallen“
Wenige Wochen vor der Landtagswahl am 4. September 2016 fällt die teure und aufwendige Kampagne mit großflächigen Plakaten und der Gratiszeitung „Extrablatt“ für die AfD auch in Mecklenburg-Vorpommern ins Auge. Die Unterstützung ist indirekt und verschleiert. Wurfblätter, Großleinwände oder Internetkampagne geben eine Aussage weiter: AfD wählen.
Damit konfrontiert sagte AfD-Spitzenkandidat Leif-Erik Holm gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, er habe absolut keine Ahnung, wer dahinter stecke, die Plakate seien ihm selbst „gerade erst aufgefallen. Es habe vorher keinerlei Absprachen darüber mit ihm gegeben.“ Doch verantwortlich für das AfD-Fanmaterial scheint ausgerechnet der Mann, den Holms Landesverband am 29. Januar bei ihrer Sitzung begrüßt hatte, damit der ein Konzept vorzustellen konnte. Doch warum verschleiert die AfD diese Zusammenarbeit?
Über 2 Millionen dieser Blätter sollen allein bei den Wahlkämpfen in Baden-Wüttemberg und Rheinland-Pfalz verteilt worden sein. Bundestagspräsident Norbert Lammert und die Bundestagsverwaltung prüften die Pro-AfD-Kampagne bereits, weil es den Verdacht eines Verstoßes gegen das Parteiengesetz gab. Lammert führte Josef Konrad als Chefredakteur der Gratiszeitung „Extrablatt“, sowie als Geschäftsführer der „Polifakt Medien GmbH“ an.
Es besteht neuer Klärungsbedarf
Bei den verteilten Zeitungen in Mecklenburg-Vorpommern fehlt inzwischen Recherchen des Blogs „Endstation Rechts,“ zufolge die Nennung eines verantwortlichen Redakteurs völlig. Auch steht im Impressum des für Werbekampagne verantwortlichen dubiosen Vereins „Vereinigung zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und bürgerlichen Freiheiten“ seit kurzem nicht mehr Josef Konrad im Impressum, sondern Michael Paulwitz. Paulwitz schreibt für die neurechte „Junge Freiheit“ und ist ein enger Weggefährte des umtriebigen Szene-Drahtziehers Götz Kubitschek.
Während seiner Prüfung der Sache forderte Bundestagspräsident Norbert Lammert die „Alternative für Deutschland“ auf, eine Sachverhaltsdarstellung abzugeben. Es sollte geklärt werden, ob maßgebliche Gremien (Bundesvorstand- oder Landesvorstände) der Partei oder Mitglieder dieser Gremien in die Planung oder Durchführung der Unterstützungsaktion eingebunden waren. Die Partei bestritt jegliche Beteiligung an dem Zustandekommen der Wahlkampfunterstützung.
Nachdem jetzt bekannt wurde, dass es anscheinend vor Beginn des Wahlkampfes in Mecklenburg-Vorpommern eine Sitzung und dabei eine Art Kooperation mit Josef Konrad gab, besteht neuer Klärungsbedarf.