Verfahren gegen Geheimdienstler passé

Erstveröffentlicht: 
11.07.2016

Eine Strafanzeige aus dem NSU-Ausschuss gegen die frühere Spitze des sächsischen Verfassungsschutzes ist ins Leere gelaufen.

 

Dresden. Nach drei Jahren hat die Staatsanwaltschaft Dresden jetzt ein Ermittlungsverfahren gegen die frühere Spitze des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) eingestellt. Mitglieder der Landtagsfraktion der Grünen hatten den früheren LfV-Präsidenten Reinhard Boos und seinen damaligen Vertreter Olaf Vahrenhold wegen uneidlicher Falschaussage angezeigt.

 

Als Zeugen im sächsischen Untersuchungsausschuss zum rechtsextremen Netzwerk "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) hatten die beiden Geheimdienstler ausgesagt, zur Zeit des Untertauchens des Trios Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe keine Anhaltspunkte für die Existenz einer rechten Terrorgruppe in Sachsen gehabt zu haben. Ihre Anzeige begründeten die Grünen Abgeordneten Miro Jennerjahn und Johannes Lichdi mit der Diskrepanz dieser Aussagen im Ausschuss zu einem Dokument aus dem Jahr 2000, als Sachsens Verfassungsschutz die Observationsmaßnahme "Terzett" beantragte.

 

Immerhin vermutete man die drei aus Jena verschwundenen Bombenbauer Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe korrekterweise in Chemnitz. Die "Terzett"-Observationen liefen von März bis Oktober 2000 und umfassten einige damals mutmaßliche, heute nachgewiesene Chemnitzer Kontaktleute des Trios.

 

Wesentlich für die Anzeige der Grünen war das Schreiben, mit dem das LfV die Observation damals beantragte. Die Notwendigkeit der Beobachtung begründete man mit dem Satz, das Vorgehen der militanten Rechtsextremisten ähnele "der Strategie terroristischer Gruppen".

 

Die Dresdner Staatsanwaltschaft sieht in dem Hinweis aufs Ähneln einer Strategie indes keinen Widerspruch zum späteren Beteuern der Verfassungsschützer, für die Existenz einer Terrorgruppe keine Anhaltspunkte gehabt zu haben.

 

Für den Grünen-Abgeordneten Valentin Lippmann, der seine Fraktion derzeit im NSU-Ausschuss vertritt, steht indes eins fest: "Entweder wurde die Terrorgefahr durch den NSU bereits 2000 gesehen. Dann wurde der Untersuchungsausschuss belogen. Oder die Terrorgefahr wurde nicht gesehen, dann wurden die G-10-Kommission und der damalige Innenminister über die Gefährlichkeit des Trios getäuscht."