[NBG] AfD Infostand antifaschistisch begleitet

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09.07 AfD Infostand in der Innenstadt antifaschistisch begleitet

Am 09.07. hatte die völkisch-nationalistische Partei "Alternative für Deutschland" zum wiederholten male ihren (scheinbar nun monatlich stattfindenden) Infostand in der Nürnberger Innestadt aufgebaut. Zwischen 10:00 und 14:00 Uhr versuchten die selbsternannten Retter_innen des Abendlandes ihre menschenverachtende Propaganda unter die in der Innenstadt einkaufenden Passant_innen zu bringen. Neben dem "Programm für Deutschland" boten sie auch einen Infoflyer gegen Linksextremismus  feil. Dieser enthielt "spannende" selbsterstellte Statistiken über einen angeblichen Anstieg linksextremer Gewalttaten in und um Nürnberg, so gäbe es einen Anstieg dieser um die Phantasierate von 194%.

 

Um der AfD nicht unwidersprochen den öffentlichen Raum zu überlassen entschloßen wir uns spontan diesen mittels Transparent und einer eigenen Flyerverteilung  in unmittelbarer Nähe zu begleiten. Dies hatte zur Folge das die anwesenden AfDler_innen sich nicht so recht trauten ihre Propaganda zu verteilen und sich hinter ihren Stand verschanzten. Hilfe suchten sie sich bei der örtlichen Ordnungsmacht, jedoch konnte eine spontane Versammlung angemeldet werden. Für die nächsten 60 Minuten war es uns so weiterhin möglich in direkter Nähe zum Infostand unseren eigenen Flyer zu verteilen und die AfDler_innen hinter ihrem Stand zuhalten. Nach und nach trudelte auch das Unterstützungssonderkommando mit vier Mannschaftswägen ein. Nachdem der Infostand der AfD seine eigene Schutzmannschaft hatte und so auch noch die letzte Öffentlichkeit der AfD genommen war, entschloßen wir uns die spontane Gegenkundgebung aufzulösen.

 

Fest zu halten bleibt das die AfD Nürnberg weiterhin öffentlich sehr aktiv ist, erst vergangene Woche hielt sie eine Veranstaltung mit Jürgen Elsässer ab. Sie positioniert sich klar am rechten Rand innerhalb des eigenen Parteienspektrums. Somit werden wohl auch in Zukunft weitere antifaschistische Interventionen unabdingbar sein. Gerade vor dem Hintergrung das von Teilen der Stadtgesellschaft der Auftritt einer solchen Partei als normal empfunden wird, gilt es auch in Zukunft dies zu problematisieren.

 

Im folgenden dokumentieren wir das von uns verteilte Flugblatt:

 

Nationalismus und Rassismus sind keine Alternativen!

Es geht ein Ruck durch Europa, ein massiver Rechtsruck. Nationalismus und Rassismus sind wieder auf dem Vormarsch und das 71 Jahre nach den unvorstellbarsten Verbrechen, die die Menschheit bisher zustande gebracht hat. Die Mehrheit der Bevölkerung schaut erneut nur zu und lässt die geistigen und realen Brandstifter_innen weiter munter zündeln. Die Liste ist mittlerweile lang geworden: Ob Front National, Ukip, FPÖ, PiS, Jobbik oder in der BRD die AfD, in fast allen europäischen Staaten haben  rechte und faschistoide Parteien es geschafft sich zu etablieren und greifen nun nach der politischen Macht. Sie alle eint die nationalistische Idee eines „Europa der Vaterländer“ und der Hass gegenüber allem vermeintlich Fremden. Sie sehnen sich zurück in eine Zeit (die so niemals existiert hat), in der es einfache Lösungen für komplexe Probleme gab. Sie träumen von klassischen Rollen- und Familienbildern, einem christlich geprägten Abendland, Grenzkontrollen, einem autoritären Staat, Massenabschiebungen von Geflüchteten, einer völkischen Leitkultur und dem Ende der EU. Entsetzlicherweise ist dieser Traum in vielen europäischen Staaten nicht mehr weit von der Realität entfernt oder zum Teil sogar schon wahr geworden.

Während die „Neue Rechte“ in Europa seit nun gut einem Jahrzehnt auf dem Vormarsch ist, konnte sich in der BRD erst in den letzten zwei Jahren, in Form der AfD und der Pegida Bewegung dieser Trend durchsetzen. Dafür aber in einer atemberaubenden Geschwindigkeit und mit „Erfolgen“, die nicht für möglich gehalten wurden. In mittlerweile acht Bundesländern sitzt die AfD in den Landesparlamenten – und mit Mecklenburg-Vorpommern und Berlin werden wohl aller Wahrscheinlichkeit nach in diesem Jahr zwei weitere folgen. Die AfD verkauft sich mit immer größerem Erfolg als eine vermeintliche Alternative zu den etablierten Parteien. In den drei Jahren seit ihrer Gründung radikalisierte sich die AfD von einer Europa kritischen Kleinstpartei zur völkischen „APO“ des braunen Mobs und ist nun in den Parlamenten angekommen. Sie machte salonfähig was der NPD, DVU und Thilo Sarrazin immer verwehrt blieb: Rassistische, sexistische, homophobe und nationalistische Diskurse öffentlich ausbreiten zu können und aus der miefigen Ecke der Stammtische hinaus auf die Straße zu tragen und in die Politik einzubringen. Zwar geht noch ein Raunen durch die Gesellschaft, wenn Geflüchtete durch Schusswaffengebrauch an ihren Menschenrechten gehindert werden sollen oder die Hautfarbe etwas über die Begabung als Sportler_in aussagt. Doch mit jedem gut geplanten Tabubruch der AfD werden die politischen Koordinaten weiter nach rechts verschoben. Schon jetzt, ohne politische Mehrheit, hat die AfD viele ihrer Ziele erreicht. Das Asylrecht in der BRD ist mittlerweile de facto abgeschafft. Aus Angst vor dem weiteren Verlust der eigenen Wähler_innenschaft stimmten nicht nur CSU/CDU für die Abschaffung des Asylrechts, nein, auch SPD und Grünen biedern sich bei den „besorgten Bürgern“ an und ermöglichten somit die faktische Aufhebung dieses allgemeinen Menschenrechtes. Mit dem nun kommenden sogenannten „Integrationsgesetz“ des Bundes soll den Geflüchteten, die es über die mörderischen Fluchtrouten bis in die BRD geschafft haben, gezeigt werden, dass sie hier nicht willkommen sind. Statt Integration erwartet sie Bevormundung, Repression und Ausschluss vom öffentlichen Leben. Die CSU möchte natürlich in Bayern noch einen draufsetzen, um auch keine Zweifel aufkommen zu lassen auf welcher Seite sie steht, und hat ein eigenes landesspezifisches „Integrationsgesetz“ für Bayern entworfen. Geplant ist eine „verpflichtende bayerische Leitkultur“ die über Medien, Unternehmen und staatliche pädagogische Einrichtungen verbreitet werden soll. Wer sich nicht an diese Leitkultur hält oder sich ihr gegenüber abfällig zeigt, für die_ den werden Grundrechte außer Kraft gesetzt: Geldbußen bis 50.000 €, Hausdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss, erzwungene Umerziehungskurse oder, um den Gesetzentwurf direkt zu zitieren: “Aufgrund dieses Gesetzes können die Grundrechte auf Freiheit der Person, Versammlungsfreiheit, Unverletzlichkeit der Wohnung und Eigentum … eingeschränkt werden“ (Art. 18, bay. Integrationsgesetz). Wer als integrationsbedürftig gilt wird anhand der Rassenlehre geregelt: So sollen alle Migrant_innen, (auch diejenigen, die längst die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen, aber mindestens einen Eltern- oder Großelternteil haben, der eingewandert ist) sich der bayrischen Leitkultur unterwerfen. Die AfD freuts, diese Gesetzesvorlagen könnte auch von ihr stammen.

Derweil schürt die AfD munter weiter diffuse Ängste und spielt sich als Partei „des kleinen Mannes“ auf. Dabei zeigt schon ein kurzer Blick in ihr auf dem Bundesprogrammparteitag in Stuttgart beschlossenes Programm, das dies mitnichten der Fall ist. Zwar erlangt die Partei ihre Wahlerfolge hauptsächlich durch die Stimmen der sozial Schwachen, doch an ihrer Spitze steht eine gut situierte bürgerliche Elite. Klassisch neoliberal fördert diese Elite daher einen weiteren Rückzug des Staates aus der öffentlichen Daseinsvorsorge. Neben der Abschaffung der Vermögens-, Gewerbe- und Erbschaftssteuer sollen sämtliche staatliche Unterstützungen für sozial Schwache geprüft und im besten Fall privatisiert, wenn nicht gar ersatzlos gestrichen werden. Der Mindestlohn ist für die AfD „neosozialistische Sozialromantik“ und mit Hartz IV hat sie auch kein Problem, solange es möglich ist diesen Teil der Gesellschaft zur Zwangsarbeit (AfD nennt dies Bürgerarbeit) verpflichten zu können. Wem diese Politik dient kann sich jede_r selber ausmalen.

Bedrohungen für das „deutsche Volk“ lauern für die AfD überall - und das auch noch in Hülle und Fülle. Sie wähnt sich durch eine „unaufhaltsame Besiedelung Europas, insbesondere Deutschlands, durch Menschen aus anderen Kulturen und Weltteilen“(AfD Parteiprogramm 2016) bedroht. Um dieses Bedrohung abzuwenden kann dann schon mal die Religionsfreiheit eingeschränkt, Europa militärisch abgeschottet und die Flüchtlingsunterkunft von nebenan niedergebrannt werden. Doch bedroht fühlt sich die AfD nicht nur von Menschen anderer Herkunft oder nicht-christlichen Glaubens, auch Menschen, die kein konservatives Familienbild haben (oder diesem entsprechen) passen nicht in ihr Weltbild. Denn in einem „christlichen Abendland“ kann kein Platz für  Eheschließung Homosexueller, Schwangerschaftsabbrüche, LGBTQI*-Personen und eine allgemeine Gleichstellung aller Geschlechter sein. Frauen sollen sich auf ihre Mutterrolle zurück besinnen, um der „demographischen Fehlentwicklung“ und dem „Austausch des deutschen Volkes“ Einhalt zu gebieten. Ganz in populistischer, verschwöhrungstheoretischer Manier hat sie als einzige die Wahrheit erkannt und weiß wer all diese Bedrohungen beseitigen kann: „Heimlicher Souverän ist eine kleine, machtvolle politische Führungsgruppe innerhalb der Parteien. (...) Es handelt sich um ein politisches Kartell, das die Schalthebel der staatlichen Macht, soweit diese nicht an die EU übertragen worden ist, die gesamte politische Bildung und große Teile der Versorgung der Bevölkerung mit politischen Informationen in Händen hat. Nur das Staatsvolk der Bundesrepublik Deutschland kann diesen illegitimen Zustand beenden.“

Was tun gegen so viel Angst und Dummheit?

Um nicht nur schweigend zuzusehen wie sich dieser reaktionäre Rollback weiter Damm bricht, sollte es die Aufgabe aller an einer wirklich freien und emanzipatorisch gestalteten Gesellschaft Interessierten sein, sich diesem in den Weg zustellen. Es ist unsere Aufgabe, die AfD und ihre europäischen Äquivalente anzugreifen wo immer es möglich ist. Wir müssen ihren völkischen, homophoben, sexistischen, nationalistischen, schlicht menschenverachtenden Charakter aufdecken, kritisieren und ihm eine anarchistische Perspektive entgegegnstellen. Doch nicht nur das Wort darf in diesem Kampf unsere Waffe sein. Wenn wir tatsächlich etwas aus der Geschichte gelernt haben wollen, müssen wir die „Neue Rechte“ und ihre neonazistischen Ableger (III. Weg, Die Rechte etc.) mit allen Mitteln und auf allen Ebenen angreifen! Wir stehen am Rande der nächsten undenkbaren Katastrophe. Wenn wir nicht jetzt anfangen wirklich solidarische Beziehungen zu knüpfen, uns gemeinsam bewusst machen, dass ein omnipräsenter Kapitalismus mit den ihn stärkenden und uns spaltenden Ideologien die Ursache für unser beschissenes Dasein ist, ja dann sieht es düster aus. Daher lasst uns nicht verzagen! Eine andere Welt ist möglich. Eine Welt jenseits von Ausbeutung, Unterdrückung und faschistischer Vernichtungsphantasien. Wir müssen nur um sie kämpfen! Das fängt bei jeder_jedem von uns an: Sei es nur der alltägliche solidarische Umgang miteinander, das Hinsehen und konsequente Einschreiten, wenn Rassist_innen und der braune Mob Jagd auf vermeintlich Fremde machen, der Widerstand gegen unsere bescheidenen (so weit vorhanden) Arbeitsverhältnisse usw.... Als ersten Schritt sollten wir uns kennenlernen. Zur Meute werden: Menschen, die einander kennen, einander vertrauen und gemeinsam kämpfen. Kämpfen gegen uns
trennende Ideologien, kämpfen gegen Angst und Hass, kämpfen gegen ein Wirtschaftssystem, das auf unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten ausgelegt ist und all die Scheiße produziert, die uns von einander trennen soll.

Kämpfen wir für ein Leben in dem Alle Alles haben und jede_r in Luxus lebt.
Für eine emanzipierte Gesellschaft! Für die Anarchie!