Die zweite Sicherheitskontrolle, der sich die Beschuldigten bisher unterziehen mussten, wurde vor dem heutigen Prozesstag entfernt.
Es beginnt mit der Vernehmung des Zeugen Ulrich Gehner, 62 Jahre, von Beruf Photojournalist.
Befragung durch Richter Halbach:
Gehner sei zusammen mit einigen der Beschuldigten im Vorstand des
Vereins Zwischen(t)räume gewesen. Er habe auch den
Zwischennutzungsvertrag für das Projekt B20 unterschrieben.
Von der Besetzung des Hauses in der Breite Straße habe er zunächst aus der Zeitung erfahren. Drei Tage nach der Besetzung habe ihn Florenzia Felsendorff angerufen. In dem Telefonat habe sie ihm mitgeteilt, dass die Besetzung von Menschen vorbereitet worden sei, die im B20 aktiv seien. Sie habe sich von der Aktion distanziert mit der Bemerkung sie gehe “lieber in die Schule als ins Gefängnis“.
Weil Gehner über die Information so geschockt gewesen sei, habe er F. Felsendorff 1 – 2 Tage später zurückgerufen, um sich zu erkundigen, ob sie sich da sicher sei.
Halbach fragt, ob sie in dem Telefonat auch Namen genannt habe, was Gehner bejaht.
Auf Nachfrage nennt er zwei Klarnamen der Beschuldigten und einen Spitznamen.
Diese Personen hätten laut F. Felsendorff die Besetzung vorbereitet und an ihr teilgenommen.
Halbach zeigt sich genervt darüber, dass er dem Zeugen „alles aus der Nase ziehen“ müsse und fragt, warum er sich so schwer tue. Gehner antwortet, er würde nunmal nicht viel wissen.
Er habe auch nur verpixelte Bilder, welche die Festnahme dokumentieren würden, in der Zeitung gesehen. Anhand der „bunten Haare“ will er die Beschuldigten erkannt haben, schränkt aber ein, dass ja viele Menschen rote oder blaue Haare hätten.
Halbach zählt der Reihe nach die Namen der Beschuldigten auf – ob die Gehner bekannt seien. Der will einige Namen aus der B20 kennen. Über deren angebliche Beteiligung an der Besetzung sei er schockiert gewesen, da es sich aus seiner Sicht eigentlich um „ganz vernünftige Jungs“ handeln würde. Auf die Frage, woher F. ihre Informationen hätte, habe sie gesagt, „die Wände (in der B20) haben Ohren“.
Halbach hält Gehner seine Aussage vor, die er bei der Polizei gemacht haben soll.
Damals habe er ausgesagt, am Tag nach F. Felsendorffs Anruf über
Facebook Kontakt zu ihr aufgenommen zu haben. Gehner bleibt dabei, sie
angerufen zu haben.
Der Beisitzende Richter fragt, ob die Personen auf den Pressebildern von der Festnahme „noch vermummt“ gewesen seien. Gehnert antwortet, dann hätten sie ja nicht verpixelt werden müssen.
Die Verteidigung beanstandet die Formulierung „noch vermummt“, da sie unterstellt, dass die Beschuldigten überhaupt vermummt waren, was nicht nachgewiesen ist. Halbach meint, der Beisitzer habe sich einfach etwas ungeschickt ausgedrückt.
Die Verteidigung des geständigen Beschuldigten, der am vergangenen
Prozesstag eine Einlassung gemacht hat, gibt im Namen ihres Mandanten
eine weitere Erklärung ab, in der auch die angeklagten Farbwürfe auf das
Bezirksamt eingeräumt werden.
Halbach will prüfen, ob hierzu trotzdem noch Zeug_innen gehört werden sollen.
Nach kurzer Abfrage, bezüglich der Selbstleseordner, lässt Halbach zu Protokoll nehmen, dass der Wortlaut der Urkunden, die in der Selbstleseanordnung bezeichnet sind, von allen Prozessbeteiligten gelesen wurde.
Die Verteidigung eines Beklagten gibt zu den Urkunden Erklärungen nach § 257 StPo ab:
Eine dazu, dass sich aus dem Bericht der Polizei ergebe, dass sein
Mandant sich bei der Festnahme ruhig verhalten habe und den Anweisungen
der Polizei nachgekommen sei.
Und eine weitere bezüglich den gefunden Pyros. Die Verteidigung stellt
fest, dass es sich um wenige zugelassene Böller gehandelt habe sowie um
industriell gefertigte Böller aus Tschechien, die nach ihrer
Zusammensetzung immer noch zu den Feuerwerkskörpern, nicht zu den
Explosionsstoffen zählen würden. Dies ergebe sich auch aus den Attesten
der Polizeibeamt_innen, nach denen es höchstens zu Knalltraumata kam,
nicht aber zu Explosionstraumata.
Eine weitere Erklärung einer Verteidigung wird angekündigt, da sie noch
in Arbeit ist. Sie wird zu der Aussage des Polizisten Klinnert sein, der
beauptet hat, das „Terpentin oder ähnliches“ im gesamtent Treppenhaus
verteilt gewesen sein.
Tatsächlich sei aber auf den Bildern nur im oberen Bereich eine
Flüssigkeit zu sehen, der größte Teil des Treppenhauses sei sichtbar
trocken und mit Staub bedeckt.
Im Anschluss werden wieder Bilder in augenschein genommen – ein Ordner.