Bundespräsident Gauck in Sebnitz massiv beschimpft

Erstveröffentlicht: 
25.06.2016

Nicht zum ersten Mal wird der Bundespräsident in Sachsen von einer feindseligen Menge empfangen. In Sebnitz kam es zu tumultartigen Szenen.

 

Sebnitz. Eine aggressive Menge hat Bundespräsident Joachim Gauck bei einem Besuch in Sebnitz (Landkreis Sächsische Schweiz) heftig beschimpft. Er wurde am Sonntag mit aggressiven Sprechchören wie „Hau ab“ und „Volksverräter“ in der Stadt empfangen. Einige Demonstranten zeigten den Mittelfinger oder trugen Fahnen mit der Aufschrift „Das Pack grüßt Gauck“.

 

Der Bundespräsident hatte Sebnitz wegen des 116. Deutschen Wandertages besucht. Augenzeugenberichten zufolge soll es zwischen den Anhängern und Gegnern von Gauck zu tumultartigen Szenen gekommen sein.

 

Laut Polizei hatten etwa 30 Menschen den Präsidenten „verbal attackiert“. Eine Person sei in Gewahrsam genommen worden und habe Widerstand geleistet. Dabei wurde nach Polizeiangaben Reizgas eingesetzt, was einen Umstehenden erwischte, der behandelt wurde. 250 Menschen hätten auf dem Wanderfest friedlich gefeiert.

 

Gauck versuchte, sich bei seinem Besuch nicht von der aggressiven Stimmung beirren zu lassen. Mit dabei waren auch Ministerpräsident Stanislaw Tillich, Sebnitz‘ Oberbürgermeister Mike Ruckh (beide CDU) und First Lady Daniela Schadt.

 

Beschimpft wurde der Bundespräsident bereits auf dem Weg ins Sebnitzer Rathaus, wo er sich ins Goldene Buch der Stadt eintrug. Als er dann aus dem Rathaus kam und über den dicht gefüllten Marktplatz zu seinem Auto ging, nahmen die Beschimpfungen noch einmal zu. Nach Informationen von SZ-Reportern waren unter den meist älteren so genannten besorgten Bürgern auch junge Menschen mit eindeutigen Neonazi-T-Shirts. Nach unterschiedlichen Angaben bestand die Gruppe der Schimpfenden aus 30 bis 50 Personen. Gauck begrüßte auf dem Marktplatz Teilnehmer des 116. Deutschen Wandertages. Zudem fand dort die Sebnitzer Tourismusbörse mit Dutzenden Ständen statt.

 

Kurz bevor Gauck am Ende des Marktes sein Auto erreichte, musste die Polizei die Menge auseinandertreiben. Zwischen Anhängern und Gegnern Gaucks kam es zu Tumulten. Nach unbestätigten Berichten wurde eine Person von der Polizei weggetragen - offenbar der später Festgenommene. Mindestens ein Mann wurde beim Einsatz von Reizgas an den Augen verletzt.

 

Der Deutsche Wandertag in Sebnitz ging untersessen weiter. Während sich Wandervereine aus ganz Deutschland auf einem Umzug durch Sebnitz präsentierten, zerstreute sich die Gruppe der schimpfenden Menschen. Ex-Pegida-Frau Tatjana Festerling, die in den vergangenen Tagen gegen Gauck und seinen Besuch in Sebnitz Stimmung gemacht hatte, war aber offenbar nicht vor Ort - sie soll derzeit in Dänemark sein.

 

Festerling hatte auf Facebook den Aufruf eines rechten Blogs aus Halle geteilt, wonach der Wandertag zu einem „Spießrutenlauf“ für Gauck werden sollte. Auch die Gruppe Demokratischer Aufbruch Sächsische Schweiz rief auf Facebook dazu auf, den Besuch „zu einem bleibenden Erlebnis“ zu machen. Die Seite wird vom Verfassungsschutz der rechtsextremen Szene zugeordnet.

 

Die Polizei war nach eigener Aussage vorbereitet. „Wir haben diese Sachen sehr wohl im Blick“, sagte Polizeisprecher Marko Laske. OB Ruckh hatte im Vorfeld davor gewarnt, dass schon ein Zwischenfall die mehrjährige Vorbereitungsarbeit und die erhoffte positive Nachwirkung des Deutschen Wandertags für die gesamte Region zunichte machen könnte.

 

Der Bundespräsident ist traditionell Schirmherr des jährlich in einer anderen Stadt ausgetragenen Wandertreffens, ein persönlicher Besuch ist damit aber nicht zwangsläufig verbunden. Der 116. Deutsche Wandertag findet vom 22. bis 27. Juni in Sebnitz und der Sächsischen Schweiz statt. Dazu werden mehrere Tausend Besucher aus ganz Deutschland erwartet.