Die Staatsanwaltschaft kann einem militanten Kasseler Neonazis nicht nachweisen, mit Waffen gehandelt zu haben. Der Man war auch Zeuge im hessischen NSU-Untersuchungsausschuss.
Von Martín Steinhagen
Das Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf Waffenhandel gegen einen Zeugen im hessischen NSU-Untersuchungsausschuss wurde eingestellt. Das teilte der zuständige Staatsanwalt der Frankfurter Rundschau mit. Im Juli vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass der Kasseler Michel F. einem Neonazi offenbar zwei halbautomatische Pistolen samt Munition zum Verkauf angeboten hatte und der Handel kurz bevorstand.
Damals hatte die Polizei die Wohnungen der beiden in Kassel und bei Augsburg durchsucht. Dabei wurden Computer und Handys beschlagnahmt. Waffen, mit denen gehandelt werden könne, seien nicht gefunden worden, hieß es. „Die weiteren Ermittlungen, unter anderem die Auswertung der sichergestellten Datenträger, haben den Anfangsverdacht des Waffenhandels nicht bestätigt“, teilte Staatsanwalt Götz Wied mit.
Brisant ist das mutmaßlich geplante Geschäft nicht zuletzt aufgrund der beiden Geschäftspartner, denen der Deal von den Ermittlern offenbar nicht nachgewiesen werden kann. Beide bewegten sich in militanten Neonazikreisen. Alexander G., der mutmaßliche Käufer, war Bassist der Rechtsrockband „Oidoxie“, die sich in ihren Liedern zum rechten Terrorismus bekennt und Sympathie für „Combat 18“ bekundet, den bewaffneten Arm des in Deutschland verbotenen Neonazinetzwerks „Blood and Honour“. Auch Unterstützer der rechten Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) waren in dem Netzwerk aktiv.
Wissen über NSU abgestritten
Der gebürtige Thüringer F. war lange in der Kasseler Szene aktiv, etwa in der Kameradschaft „Sturm 18“ und in der „Streetfighting-Crew“, einer Unterstützertruppe der Band Oidoxie. F. hatte im Februar vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtags ausgesagt. Geladen war er wegen seiner Verbindungen – und weil er bei der Polizei ausgesagt hatte, das mutmaßliche NSU-Mitglied Uwe Mundlos in Kassel gesehen zu haben. Als Zeuge räumte er ein, die „Oidoxie-Streetfighting-Crew“ mitgegründet und Mitglieder der Band in Dortmund besucht zu haben. F. stritt aber jegliches Wissen über den NSU ab.
Nur zwei Tage vor dem Mord an Halit Yozgat im April 2006 wurde in Dortmund Mehmet Kubasik erschossen – mutmaßlich ebenfalls vom NSU. Bis heute ist ungeklärt, warum die Täter in beiden Städten so kurz hintereinander mordeten und ob sie vor Ort Unterstützer hatten.
F. selbst hat immer wieder beteuert, aus der rechten Szene ausgestiegen zu sein. Der vorbestrafte 30-Jährige zeigt sich inzwischen als Anführer einer Rockergruppe. Beobachter halten seinen Bruch mit der Szene für unglaubwürdig. Vor dem Ausschuss gab F. mehrfach an, sich an die Namen früherer Kameraden nicht erinnern zu können – oder er nannte sie nur widerwillig. Als die FR ihn im vergangenen Jahr vor dem damaligen Treffpunkt seiner Truppe antraf, trug F. eine Jacke einer einschlägigen Neonazimarke. Zu den Abzeichen seiner Truppe gehört die unter Rechten beliebte Lebensrune, die auch im Nationalsozialismus verwendet wurde.