Drei Jahre Haft für Brandanschlag

Erstveröffentlicht: 
17.06.2016

Der Angeklagte gesteht, mit anderen Molotow-Cocktails auf eine geplante Asyl-Unterkunft geworfen zu haben.

 

Er sei nur kurz auf einer Demo gegen die geplante Asylbewerberunterkunft gewesen. „Ein, zwei Tage danach wurde ich gefragt, ob ich mitmache. Und dummerweise habe ich gesagt, dass ich mitmache.“ Das waren die ersten Sätze des Angeklagten. Marcel K. (33) hat in seinem Prozess am Donnerstag vor dem Landgericht Dresden gestanden, zusammen mit drei weiteren Männern Brandsätze auf eine leer stehende Schule geworfen zu haben. Sie hätten verhindern wollen, dass in dem Haus in ihrer Nachbarschaft Asylbewerber einziehen. Es gebe schon genug Ausländer in Prohlis.

 

Marcel K. ist der Erste, der sich für den Brandanschlag auf die geplante Asylbewerberunterkunft in der Boxberger Straße wegen gemeinschaftlicher Brandstiftung verantworten musste. Er berichtete von der Demo kurz vor der Tat. Dort sei etwa gerufen worden: „Das muss brennen.“ Als er später seine Schwester besucht habe, habe ihn sein angehender Schwager Dirk S. gefragt, ob er mitmache. Er habe geholfen, Benzin in Gläser zu füllen und sie mit Stoff als Lunte zu versehen. Kurz darauf sind sie zu viert losgezogen, um eine Schule in Brand zu stecken – der Angeklagte, Dirk S., Robert H. und Raschid S.

 

Am Morgen des 7. Oktober 2015 warfen die Männer sieben Molotow-Cocktails auf die leer stehende Schule. Marcel K. sagte, er sei mit Raschid S. über einen Zaun auf der Rückseite gestiegen. Als er gehört habe, wie am Haupteingang die ersten Brandsätze hochgegangen seien, hätten auch sie ihre vorbereiteten Flaschen und Einweckgläser geworfen. „Es war eine Dummheit.“

 

Glücklicherweise hielten sich die Schäden in Grenzen. Die Feuerwehr löschte eine brennende Holztür, zwei Scheiben waren auch zu Bruch gegangen. Es war der erste Brandanschlag auf eine geplante Asylbewerberunterkunft in Dresden. In der Schule war auch nichts, was hätte brennen können. Erst am folgenden Wochenende wurden die ersten Flüchtlinge erwartet.

 

Entscheidender als der Schaden war für das Gericht jedoch der Hintergrund, vor dem dieser Anschlag stattfand: die massive Zunahme von Übergriffen auf Flüchtlingsunterkünfte im vergangenen Jahr. „Selbstjustiz“ nannte der Vorsitzende Richter Joachim Kubista den Versuch, solche Heime abzufackeln. Immer wieder erlebe man Biedermänner als Brandstifter: Leute, die meinen, sie müssten den „Willen des Volkes umsetzen“. Es sei nicht tolerierbar, dass Leute, die gegen die Flüchtlingspolitik sind, gegen Gebäude vorgingen, sagte Kubista: „Dagegen müssen wir vorgehen.“

 

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren. Neben der Brandstiftung wurde er auch wegen Waffenbesitzes und wegen Sozialbetruges verurteilt. Die Polizei hatte in der Wohnung von K. drei Wurfsterne, 13 scharfe Gewehrpatronen und einen verbotenen Schlagring gefunden. Darüber hinaus hatte der Angeklagte bereits im Jahr 2014 im Jobcenter Nebeneinkünfte verschwiegen und so 190 Euro zu viel Arbeitslosengeld bekommen.

 

Marcel K. stammt aus prekären familiären Verhältnissen. Schon als Jugendlicher gab es reichlich Probleme – mit seiner alleinerziehenden Mutter, in Wohngruppen und in der Förderschule. K. gilt als aggressiv. Schon ab 1998 hatte er immer wieder Probleme mit der Justiz. Er ist drogenabhängig und beging Diebstähle, um seine Sucht zu finanzieren – auch gemeinsam mit Dirk S. Zweieinhalb Jahre hat er abgesessen wegen Diebstahls und Körperverletzung. Die meisten seiner 15 Vorstrafen stammen jedoch aus der Zeit vor 2004. K. habe in den Tag gelebt, abgehangen. So etwas wie Halt fand er wohl vor allem bei seiner Schwester und Dirk S. In seinem letzten Wort sagte Marcel K. erneut, die Tat sei ein Fehler gewesen, den er bereue.

 

Richter Kubista nannte den Angeklagten einen „Mitläufer“. Strafmildernd wertete das Gericht das umfassende Geständnis – negativ jedoch sei die Vielzahl an Vorstrafen. Mit der Strafhöhe folgte die Kammer in etwa dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Verteidiger Hansjörg Elbe hatte auf eine bewährungsfähige Strafe von maximal zwei Jahren plädiert. „Haft bringt für meinen Mandanten nichts“, sagte er.

 

Die drei Mittäter und eine Frau – sie soll die Angeklagten zu dem Anschlag motiviert haben, ihr wird Beihilfe vorgeworfen – werden sich ab August vor Gericht verantworten müssen.