Der Vorstoß von Bundesinnenminister Thomas de Maizière zum Einsatz von Wachpolizisten im Kampf gegen Einbrecher stößt auf breite Kritik. Die Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Sachsen, Cathleen Martin, sagte MDR SACHSEN, dafür sei die Ausbildungszeit der Wachpolizisten mit drei Monaten viel zu kurz. Ihnen fehle zudem die Erfahrung für Einsätze in Kriminalitätsbrennpunkten. Wachpolizisten wie jetzt mit Aufgaben beim Objekt- und Personenschutz zu betrauen, bewertete die Gewerkschafterin positiv. Es entlaste die anderen Beamten. Allerdings könnten die Personallücken mit Aushilfspolizisten nicht geschlossen werden, so Martin. Dafür müssten in Sachsen mindestens 3.000 voll ausgebildeten Polizisten in den nächsten zwei Jahren eingestellt werden.
Die konkurrierende Gewerkschaft der Polizei stellte sich ebenfalls gegen den Vorschlag. GdP-Vize Jörg Radek kritisierte: "Wenn jetzt übereilt Wachpolizisten eingestellt, in einem Crashkurs in nur wenigen Wochen ausgebildet werden und danach über zahlreiche tiefgreifende Befugnisse verfügen, ist das Flickwerk an einer verschlissenen Personaldecke auf Kosten der inneren Sicherheit."
Ansturm auf Wachpolizei-Stellen
47 bewaffnete Wachpolizisten sind seit April in Sachsen unter anderem
zum Schutz von Asylbewerberheimen im Einsatz. Sie begleiten Beamte auch
bei Gefangenentransporten. Anfang Mai starteten weitere 100
Wachpolizisten ihre Ausbildung. Das Einstiegsgehalt nach erfolgreicher
Ausbildung liegt bei mindestens 2.182 Euro brutto. Bisher bewarben sich
dem Landesinnenministerium zufolge weit mehr als 3.000 Männer und Frauen
auf eine Stelle. Wachpolizisten sollen zugleich die Chance zum Einstieg
in den regulären Polizeidienst erhalten. Eine Übernahme in die
Polizeiausbildung ist erstmals nach einer einjährigen Dienstzeit
möglich. Bereits 2001 nach den Terroranschlägen an der US-Küste waren in
Sachsen Wachpolizisten ausgebildet und eingesetzt worden. Diese seien
inzwischen voll in den Polizeidienst integriert, sagte die
Gewerkschafterin.
In einem Interview hatte Bundesinnenminister
de Maizière im Kampf gegen Einbrecher Wachpolizisten als
zukunftsweisenden Modell bezeichnet. Sie könnten als Wachen in besonders
belasteten Vierteln eingesetzt werden. Sie hätten aber nur begrenzte
Befugnisse. Aus der Politik gibt es Kritik an den Ideen des
CDU-Politikers.
Kritik von Koalitionspartnern und Opposition
Der Thüringer Minister Holger Poppenhäger (SPD) erklärte, statt
Hilfspolizisten einzusetzen, sei es der richtige Weg, mehr reguläre
Polizeibeamte auszubilden. Thomas Oppermann, Fraktionschef des
Koalitionspartners SPD im Bundestag, sagte: "Wir wollen keine
Billigpolizei." Der Vorschlag, auf eine "Hilfspolizei" zurückzugreifen,
sei "Ausdruck von Hilflosigkeit und ein Offenbarungseid konservativer
Innenpolitik".
Die Ausbildung als Polizist sei in einem
Rechtsstaat "aus guten Gründen anspruchsvoll", sagte Oppermann. Statt
"unausgegorenen Vorschlägen" würden rasch zusätzliche
Ausbildungskapazitäten gebraucht. Die Erste Parlamentarische
Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Christine Lambrecht, der
sächsische Weg sei kein Vorbild, "sondern ein Irrweg".
Verunsicherung statt mehr Sicherheit
Auch die Linksfraktion kritisierte den Vorstoß de Maizières. Wer
schlecht ausgebildetem Personal nach einem Schnellkurs eine Schusswaffe,
Handschellen und Pfefferspray in die Hand drücken wolle, trage nichts
zur inneren Sicherheit bei, ganz im Gegenteil, erklärte die
innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke. Der Vorstoß
des Ministers sei "absolut verantwortungslos".
FDP-Bundesvize
Wolfgang Kubicki kritisierte den Vorschlag als "kopflose Hauruckaktion".
Wenn sogenannte Wachpolizisten schon nach drei Monaten Ausbildung
Waffen tragen dürften, trage dies eher zur allgemeinen Verunsicherung
bei, als dass es einen wirksamen Schutz der Bevölkerung verspreche.
Sachsen
Innenminister Markus Ulbig will unterdessen weitere Aufgaben für die
Wachpolizei prüfen und bis dahin zunächst Erfahrungen sammeln. Das
kündigte der CDU-Politiker in Dresden an. Es danach werde entschieden,
ob das Aufgabenfeld der Wachpolizei angepasst werden muss oder sogar
erweitert werden kann.