Kriminalisten hoffen auf Fotos und Videos von Ausschreitungen bei EM
Lille/Leipzig/Dresden. Das deutsche Bundeskriminalamt
(BKA) bittet Augenzeugen um Fotos und Videoaufnahmen, auf denen die
gewaltsamen Ausschreitungen von Fans vor dem Auftaktspiel der deutschen
Mannschaft bei der Fußball-Europameisterschaft zu sehen sind. Die
Ermittler vermuten, dass sich auch deutsche Hooligans an den Krawallen
am Sonntagnachmittag beteiligt haben. Das BKA hat dazu eine Webseite im
Internet eingerichtet, auf der Dateien elektronisch an die Ermittler
versendet werden können. Auf www.bka-hinweisportal.de können Zeugen ihre Aufnahmen hochladen und weitere Hinweise in das Formular eintragen.
Bei
Sportgroßveranstaltungen im Ausland koordiniert das BKA die
Ermittlungen nach deutschen Tatverdächtigen, die sich an gewalttätigen
Ausschreitungen beteiligt haben. Hintergrund davon sind die Vorfälle bei
der Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich, als der Beamte Daniel Nivel
von deutschen Hooligans lebensgefährlich verletzt wurde.
Dass
sich auch gewaltbereite Fußballfans aus Sachsen bei der EM aufhalten,
hat am Dienstag die Dresdner Polizei bestätigt. Auf einem Foto aus dem
Kurznachrichtendienst Twitter, das in Lille angefertigt wurde, erkannten
die Ermittler rund zehn Personen, die zum Umfeld von Dynamo Dresden
gehören. Das sagte Polizeisprecher Thomas Geithner auf Anfrage der
Dresdner Neuesten Nachrichten. Die Männer gehörten zu einer Gruppe von
etwa 50 Personen, die mit einer Reichskriegsflagge vor dem Bahnhof der
französischen Stadt posierten. Sie seien von szenekundigen Beamten
identifiziert worden, sagte Geithner. Dabei handelt es sich um
Spezialisten der Polizei, die regelmäßig bei Dynamo-Spielen im Einsatz
sind und dabei auch Kontakt zu Fangruppierungen haben.
Noch seien
aber nicht die Namen und Adressen von allen Beteiligten genau bekannt,
so der Sprecher. Ist die Identifizierung erledigt, sollen sie sogenannte
Gefährderanschreiben bekommen. In solchen Schreiben warnt die Polizei
potenzielle Störer und gibt ihnen zu verstehen, dass sie im Fokus der
Beamten sind.
Wo sich die mutmaßlichen Dynamo-Anhänger, die
nicht ausschließlich aus Dresden stammen, derzeit aufhalten, ist den
Beamten nicht bekannt. Das heißt, dass sie die Gefährderanschreiben
vorerst vermutlich nicht erreichen. „Wir vermuten, dass sie bis
einschließlich des Spiels gegen Polen in Frankreich bleiben, da die
gewaltbereite Szene diesem Spiel die höchste Bedeutung beimisst“, so
Geithner. Dieses EM-Spiel findet am Donnerstagabend in Paris statt.
Sollte
einer der Hooligans in Frankreich von der Polizei gestellt werden,
können die Beamten vor Ort auf einen Fachmann aus Dresden bauen. Der
Polizist steht den Beamten als Ansprechpartner zur Verfügung, so
Geithner. Ob die zehn Dynamo-Anhänger an den Krawallen in Lille
beteiligt waren, ist aber nicht bekannt.