Es waren genau 21 Leute, die sich um kurz vor 16 Uhr am Sonntag auf dem Tuttlinger Marktplatz einfanden und Deutschland-Fahnen schwenkten. Die Gruppe „Nein zum Heim in Schwarzwald-Baar-Heuberg“ hatte zur Demo aufgerufen – und eigentlich mit 200 Teilnehmern gerechnet.
Beeindruckender war da das Polizei-Aufgebot, das schon am frühen Nachmittag die Tuttlinger Innenstadt abriegelte. Nur noch über die Rathausstraße war der Marktplatz überhaupt erreichbar, und auch da nur für Journalisten und Anwohner. Wie viele Polizisten im Einsatz waren, wollte Markus Walter, Leiter des Polizeireviers Tuttlingen, aus „ermittlungstaktischen Gründen“ nicht sagen. Kräfte des Polizeipräsidiums aus Tuttlingen und Bruchsal und der Bundespolizei waren vor Ort.
Auch um die 120 Antifa-Vertreter waren vom Bodensee, aus Villingen-Schwenningen, Tübingen und Freiburg nach Tuttlingen gekommen. Mehrmals warfen sie Plastik- und Glasflaschen und, laut Polizei, Pyrotechnik über die Barrieren. Die Polizei setzte Pfefferspray ein und nahm zwei junge Männer fest. Von einer Eskalation wollte Walter aber nicht sprechen: „Wir haben alles im Griff.“
Demo-Organisator Karl Leiber wollte indes nicht von einer rechtsgerichteten Gruppierung sprechen. „Das sind normale Leute, nicht das, was von anderer Seite behauptet wird“, sagte er über die kleine Schar von Demonstranten. Unter ihnen war auch eine Gruppe um Tim Belz, NPD-Landtagskandidat aus dem Bodenseekreis.
Nach Demonstrationen in Villingen-Schwenningen und Donaueschingen hatte sich Leiber nach eigener Aussage bewusst Tuttlingen ausgesucht. „In Tuttlingen wird eine Moschee nach der anderen reingepflanzt, da müssen wir was dagegen tun.“ Leiber stammt aus Emmingen und hat lange in Tuttlingen gelebt.
Schlagworte fallen zuhauf
Er und zwei andere Redner kritisierten, immer wieder von Zwischenrufen der Gegendemonstranten unterbrochen, die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, den Islam im Allgemeinen und die aus ihrer Sicht mangelnde Strafverfolgung der Täter der Silvesternacht in Köln. Schlagworte wie „Gutmenschen“, „Lügenpresse“ und „Wir sind das Volk“ fielen zuhauf. Dem Oberbürgermeister warf ein Redner vor: „Mit seinen sozialistischen Freunden vom DGB hetzt er gegen das Volk.“
Lautstarke Provokationen von allen Seiten waren zu hören, darunter auch von türkischen Fußball-Fans. Sie waren in der Halbzeitpause des Fußballspiels Türkei-Kroatien an die Absperrung zum Marktplatz gekommen und verliehen ihren Gefühlen Ausdruck – mittels Mittelfinger.
Die Polizei geleitete die „Nein-zum-Heim“-Demonstranten gegen 17.45 Uhr über den Rathaussteg zurück zu ihren Autos – begleitet von Schreien der Linksautonomen.