Linke Szene in Deutschland: Politischer Selbst-Test: Wenn du diese 5 Begriffe kennst, bist du richtig links

Erstveröffentlicht: 
06.05.2016

In der Öffentlichkeit fallen meist nur gewaltbereite Linke aus dem militanten Spektrum auf, aber es gibt auch viele Parteien, Vereine und lose Bündnisse, deren Mitglieder sich zur Szene zählen. Um sich zu organisieren und abzugrenzen, hatten die Linken schon immer eine eigene Sprache – und die ist ständig im Wandel.

 

Während ehemals der linken Szene vorbehaltene Begriffe wie „Filtertüte“ für Megafon und „Hasskappe“ für Sturmhaube inzwischen sogar im Duden stehen, gibt es längst neue Codewörter und Formulierungen. Wer diese fünf kennt, gehört wahrscheinlich linken zur Szene:

 

1. „Anna und Arthur“

Wenn du „Anna und Arthur“ kennst, weißt du: „Anna und Arthur halten’s Maul!“ So lautet nämlich der Leitsatz, für den die beiden Kids stehen. Bei der Kampagne geht es um Aussageverweigerung gegenüber Polizei und Justiz, denn bei Demos und Protestaktionen kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Für viele Linke sind staatliche Institutionen ein echtes Feindbild. „Anna und Arthur“ mahnen deshalb auf Plakaten und Flyern alle Mitglieder der Szene - ob als Beschuldigter oder Zeuge - bei Ingewahrsamnahmen und Verhaftungen die Klappe zu halten. Die Idee dazu stammt aus dem Jahr 1987, als die Frankfurter Staatsanwaltschaft in der linken Szene wegen tödlicher Schüsse auf Polizeibeamte an der Startbahn West ermittelte.

 

 2. „mumblen“

Da sich die außerparlamentarischen Linken mit ihren Aktionen oft an der Grenze des Legalen bewegen und auch mal darüber hinaus schießen, bedarf es bei der Planung von Events absoluter Diskretion. Hier kommt das „Mumblen“ ins Spiel. Es bedeutet eigentlich nichts Anderes, als miteinander zu sprechen – allerdings im Geheimen. Das Wort kommt von dem englischen Verb „to mumble“, was so viel heißt wie „nuscheln“ oder „murmeln“ und hat seinen Weg in den Sprachgebrauch durch die Sprachkonferenzsoftware „Mumble“ gefunden.

Die Software ermöglicht Telefonkonferenzen mit hunderten Teilnehmern in einem virtuellen Raum. Auch Textnachrichten können über „Mumble“ versendet werden. Das Programm ist kostenlos und wegen verschlüsselten Datenverkehrs abhörsicherer als Telefone: Weder Nazis noch der Staat hören mit. Somit eignet „Mumble“ sich perfekt, um große Gruppen zu organisieren und internationale Events zu planen. Ursprünglich hatte die Occupy-Bewegung das Programm in der politischen Szene etabliert.

 

3. „Queerfeminismus“

Die linke Szene ist bunt – und legt darauf auch besonderen Wert. Deswegen gibt es bei den Linken Feminismus nicht nur für Frauen: Queerfeminismus ist Feminismus für alle, auch für Queers. Damit sind alle gemeint, die den klassischen Geschlechternormen von Frau oder Mann nicht entsprechen. Der Begriff „queer“ umfasst aber auch Menschen mit Handycap und solche, die wegen ihrer Hautfarbe, ihres Aussehens oder ihres Kleidungsstils diskriminiert werden. Wörtlich übersetzt bedeutet das englische Wort „queer“ nämlich sowohl „sonderbar“ als auch „schwul“. Es geht also eigentlich um Gleichberechtigung und Toleranz.

 

4. „Fishbowl“

Ziemlich unbeliebt sind bei vielen Szene-Anhängern Podiumsdiskussionen. Das Kozept die „da vorne“ bzw. „oben“ auf der Bühne reden und der Rest hört zu, widerspricht dem basisdemokratischen Verständnis der Linken. Wild durcheinander reden jedoch funktioniert ab einer gewissen Gruppengröße nicht mehr – deswegen soll die „Fishbowl-Methode“ Abhilfe schaffen. Das Prinzip ist simpel: In einem Kreis in der Mitte wird über ein Thema geredet, die anderen Teilnehmer sitzen drum herum und schauen bzw. hören zu. Sie können jederzeit zum Innenkreis gehen und mitdiskutieren. Dafür muss dann ein anderer Teilnehmer einen Platz räumen. So kann Jeder sich beteiligen, ohne dass völliges Chaos ausbricht.

 

5. „hönkeln“

Der „Hönkel“ ist Erzählungen zufolge ursprünglich eine Erfindung der Berliner Polizei. Die Bezeichnung soll laut „Lexikon der Bewegungssprache“ zuerst von einem Zivilpolizisten in Kreuzberg verwendet worden sein –  als Bezeichnung für Plünderer. Autonome hatten in der Nacht vom 1. zum 2. Mai 1987 gemeinsam mit Teilen der Bevölkerung die Polizei aus dem Kiez vertrieben und zahlreiche Geschäfte geplündert. Als die Berichte dazu bekannt wurden, soll eine Kreuzberger Wohngemeinschaft das Wort „Hönkel“ aufgegriffen haben. So wurde es zum Synonym für „Rebell“, „Chaot“ oder auch „Gelegenheitsdieb“. Das daraus abgeleitete Verb „hönkeln“ bedeutet unter anderem „randalieren“ aber auch „tanzen“.  Letzteres passt auch zu einem zweiten Erklärungsansatz zur Begriffsentstehung. In Medienberichten und Internetforen heißt es, das Wort beziehe sich auf einen Trommelsound, den ein Radioreporter in der besagten Mainacht aufgenommen habe. Die plündernden Berliner feierten ihren Sieg über die Polizei nämlich, indem sie auf Mülltonnen und ähnlichem trommelten. 

 

Das „Lexikon der Bewegungssprache“ haben die „Neues Deutschland“-Redakteure I. Wallrodt und N. Seibert auch als Buch veröffentlicht. "Murmeln, Mumbeln, Flüstertüte: Lexikon der Bewegungssprache", 9,80 Euro, Unrast-Verlag 2016.