Ein Vorfall in einem Netto-Markt in Arnsdorf sorgt derzeit für Wirbel. Ein Video (facebook.com/permalink.php?story_fbid=1198377790181661&id=911598655526244) des Vorfalls wird in sozialen Medien hundertfach geteilt.
Eine selbsternannte Bürgerwehr hat dort einen Asylbewerber, der an einer
psychischen Erkrankung leidet, zusammengeschlagen, aus dem Markt
gezerrt und mit Kabelbindern an einen Baum gefesselt. Das Video des
Vorfalles geht derzeit durch die sozialen Medien. Das Vorgehen der
Männer wird in den unzähligen Kommentaren bei Facebook gefeiert.
Der
Vorfall ereignete sich bereits am 21. Mai. Wie eine Netto-Sprecherin
auf unsere Anfrage mitteilte, werde das Vorgehen in keiner Weise
gebilligt.
"Nach erster Rücksprache mit unseren
Filialmitarbeitern wurden die Personen mit den schwarzen T-Shirts und
den Aufdruck „Bürgerwehr“ von keinem Netto-Mitarbeiter gerufen. Aktuell
werden die Ereignisse noch vor Ort geprüft."
Die Netto-Sprecherin
teilte weiter mit: "Für uns ist es eine Selbstverständlichkeit, dass
wir unsere Kunden unabhängig von Herkunft, Religion, Geschlecht oder
Alter gleichbehandeln. Sollte es zu einem Diebstahl kommen, rufen unsere
Kollegen grundsätzlich die Polizei. Das gezeigte Vorgehen im Video
widerspricht unseren Unternehmensvorgaben und wird von Netto
Marken-Discount in keiner Weise gebilligt."
Polizisten waren
damals anschließend vor Ort, haben wegen der Gefahrenabwehr aber nur
Platzverweise erteilt und nicht die Personalien der Männer aufgenommen.
Das teilte ein Polizeisprecher auf unsere Anfrage mit. Man könne der
Streife aber keinen Vorwurf machen, es waren nur zwei Beamte, die
aufgrund der Gefahrenabwehr nur Platzverweise aussprachen, hieß es. Die
Polizei sucht nun Zeugen. Kriminalpolizei und Staatsschutz ermitteln, um
die Männer zu identifizieren. Auch gegen den 21-jährigen Asylbewerber
wird ermittelt, er war mehrfach im Netto-Markt aufgetaucht, da es
Probleme mit einer Telefonkarte gab. Er hatte Mitarbeitern mit einer
Flasche gedroht.
Die vollständige Pressemitteilung der Görlitzer Polizei zu dem Vorfall:
Im
Internet und sozialen Netzwerken kursiert derzeit ein Video, welches
zeigt, wie mehrere Männer einen Asylsuchenden aus einem Supermarkt
bringen und es dabei zu einer tätlichen Auseinandersetzung kommt. Das
Video ist insbesondere in asylkritischen Foren zu finden und wurde von
einer unbekannten Sprecherin mit dem Begriff „Bürgerwehr“ in Verbindung
gebracht.
Der Polizei ist der Sachverhalt bekannt. Er hat sich am
Abend des 21. Mai 2016 in Arnsdorf in und vor einem Supermarkt an der
Stolpener Straße zugetragen. Die Kriminalpolizei ermittelt hierzu in
enger Abstimmung mit dem Dezernat Staatsschutz.
Zu Grunde liegt
ein Sachverhalt, der einen 21-jährigen Patienten des Arnsdorfer
Fachkrankenhauses betrifft. Der irakische Staatsbürger, der auch in dem
angesprochenen Video zu erkennen ist, hatte in dem Geschäft am 20. Mai
2016 eine Telefonkarte gekauft. Bei deren Aktivierung ergaben sich
jedoch offenbar Komplikationen.
Daher war der Mann am Folgetag,
dem 21. Mai 2016, am Nachmittag zweimal in dem Supermarkt erschienen, um
das Problem zu klären. Aufgrund sprachlicher Defizite konnten sich die
Mitarbeiter und der Betroffene jedoch nicht miteinander verständigen. In
beiden Fällen wurde die Polizei hinzu gerufen. Eine Streife brachte den
Mann zurück zum Fachkrankenhaus.
Als der Betroffene nun am Abend
gegen 18:00 Uhr ein drittes Mal in dem Geschäft erschien, eskalierte
die Situation. Aus Zeugenvernehmungen des Verkaufspersonals ist
ersichtlich, dass die Filialleiterin den Sachverhalt geprüft und dabei
festgestellt hatte, dass das Guthaben der Telefonkarte bereits
aufgebraucht worden war. Der Mann soll in Rage geraten sein, eine
Flasche Wein aus einem Regal genommen und damit die Filialleiterin sowie
eine Mitarbeiterin bedroht haben. Verletzt wurde dabei niemand, ebenso
kam es zu keiner Diebstahlshandlung oder einer Sachbeschädigung.
Zu diesem Teil des Sachverhaltes hat die Kriminalpolizei Ermittlungen zum Verdacht der Bedrohung gemäß § 241 StGB aufgenommen.
Wie
nun auch auf dem Video ersichtlich ist, erschienen mindestens drei
derzeit noch unbekannte Männer, welche den 21 Jährigen ergriffen und ihn
aus dem Geschäft brachten. Dabei kam es zu einer tätlichen
Auseinandersetzung.
Die Polizei wurde um 18:52 Uhr per Notruf zu
dem Sachverhalt informiert. Bei Eintreffen einer Streife fanden die
Beamten den 21 Jährigen mit Kabelbindern gefesselt an einem Baum auf dem
Parkplatz des Supermarktes vor. Die dafür verantwortlichen Männer
berichteten, dass sie den Mann zur Abwehr einer angeblichen
Gefährdungssituation festgehalten und an einer Flucht gehindert haben
wollen. Die Beamten forderten die Personengruppe auf, den Platz zu
verlassen. Sanitäter versorgten den 21-Jährigen und brachten ihn zum
Arnsdorfer Fachkrankenhaus zurück.
Zu diesem Teil des
Sachverhaltes hat die Kriminalpolizei Ermittlungen zum Verdacht der
Freiheitsberaubung gemäß § 239 StGB aufgenommen. Zu prüfen ist, ob die
Personen das Festhalte- und Festnahmerecht durch Jedermann gemäß § 127
StPO überschritten haben. Das Dezernat Staatsschutz ist in die
Ermittlungen eingebunden.
Das im Internet kursierende Video wird im weiteren Verlauf in die Ermittlungen der Kriminalpolizei einfließen.
Die
Ermittler suchen Zeugen, die den Sachverhalt gesehen haben oder Angaben
zu den Männern geben können, die den Betroffenen aus dem Supermarkt
gebracht und an den Baum gebunden haben. Sachdienliche Hinweise nimmt
das Führungs- und Lagezentrum der Polizeidirektion Görlitz unter der
Rufnummer 03581 468-100 sowie jede andere Polizeidienststelle entgegen.