HH: Breite Straße 20. Tag: ehemaliger Haus"eigentümer" hat durch Wohnraumvernichtung fast 2,5 Mio € verdient

Breitesoli

Das Protokoll zum recht ereignislosen 19. Prozesstag findet sich hier. - Halbach startet mit verschiedenen An- und Verkündigungen. Die Anträge der Verteidigung bezüglich der zeitlich korrekten Umbesetzung der Schöffen werden abgelehnt.


Kommenden Montag würden geladen: auf 9h Olli, der Beschuldigte dessen verfahren abgetrennt wurde - wobei dieser sich sicher auf §55 beziehen werde und wenn seine Verteidigung sagen würde dass dieser sich auf §55 berufe müsse er auch nicht kommen, 10h Polizist Scheffelmayer und 13h Frau Röscheisen - zur DNA-Analyse

Dann stellt Halbach einen Antrag zum Selbstleseverfahren von diversen Berichten & Anlagen z.B. Zusatzberichte zu den Festnahmen, zur Hausbesetzung, zum Waschbecken, zur Räumung, Tatotberichte des LKA, zu Sprengstoff, zu Videos, Tatortbefund, Kurzberichte zu den Beschuldigten, Aufnahmeberichte der JVA, Spurensicherungsberichte LKA...

Die Verteidiger_innen beantagen die Ablehnung des Selbstleseverfahrens.
Zudem will die Verteidigung vor der Ladung von Frau Röscheisen Einblick in die konkreten elektrophoreischen Ergebnisse der DNA-Analysen.

Der ehemalige Haus“eigentümer“ Frank Scheffler, 67 Jahre gibt an selbstständiger Kaufmann aus Hamburg zu sein.

Auf Nachfrage von Richter Halbach gibt er an, dass Eigentümerin der Häuser seine GmbH Frankonia gewesen sei. Diese gehöre zu 100% ihm. Er habe die Häuser etwa 2004 als getrennte Häuser erworben für je 600.000€, dazu ein Grundstück hinter den Häusern für 300.000€ mit der Auflage dort Wohnraum zu schaffen (bis heute ist dort kein Wohnraum geschaffen worden, die Häuser stehen komplett leer und das Grundstück ist unbebaut).
In seiner Erinnerung gab es zwei Besetzungen, wobei die erste mehr eine Demonstration auf dem Bürgersteig gewesen sei, da sei keine_r im Haus gewesen. Wegen der zweiten werde ja heute verhandelt. Beide wurden von der Polizei beendet. Teilweise waren die Häuser auch noch bewohnt.

Die erste Besetzung, die mehr eine Demonstration gewesen sei, stünde in seiner Erinnerung im Zusammenhang mit einem Zeltlager zu, der Fachbegriff fällt ihm nicht ein, das hat er nur dunkel in Erinnerung – sie war etwa ein halbes bis ein Jahr vor der eigentlichen Besetzung.

Zu der zweiten Besetzung erinnert er, dass die Fahrbahnen gesperrt waren, auf der rechten Seite stadtauswärts standen Polizeifahrzeuge, die Bürgersteiganlage war von Zuschauer_innen belegt, die das Geschehen angesehen und kommentiert haben. Der Bürgersteig war übersät von Schutt und Farbe und die Polizeibeamt_innen sahen schmutzig aus.

Nach der ersten Besetzung/Demonstration habe er die Sicherungsmaßnahmen veranlasst - gegen unbefugten Zutritt. In Haus 116 habe er die Tür von Innen verplanken lassen mit Hartfaserplatten und Stützpfeilern. Nach seinen Begriffen war es ziemlich solide. Die 114 habe er von außen mit Hartfaserplatten verschrauben lassen und mehrere Fenster auf der Rückseite zumauern lassen und/oder von innen verschrauben lassen. Die Sicherungsmaßnahmen habe der Hausmeister Holger Haagen auf seine Veranlassung durchgeführt. Alles was der Hausmeister gemacht habe habe er veranlasst.

Am 27.8. habe ihn das Polizeikommando 21 oder 23 angerufen und informiert und nochmal gefragt ob er einer Räumung zustimmen würde, obwohl er das zuvor schon Aktenkundig gemacht habe. Er glaubt es sei Usus, dass sich das PK vorher schon eine Genehmigung erteilen lässt, dass die Eigentümer_innen einer Räumung zustimmen. Seine Zustimmung habe er etwa zwei Jahre vor der Räumung erteilt.
Er sei dann mit dem PKW hingefahren und zwischen 0 und 2 Uhr angekommen, die Besetzung lief noch. Im Haus sei er erst Wochen später wieder gewesen mit einem zivil gekleideten Polizist vom Staatsschutz. Das Haus sei drinnen ziemlich zerstört gewesen, Flüssigkeit im Treppenhaus sei noch feststellbar gewesen, er musste über Nachtspeicheröfen steigen und er erinnert Feuerlöscher. Die gab es vorher nicht. In der 116 war kein Treppengeländer, dieses will er nicht heraus genommen haben. Im Rahmen der Sicherungsmaßnahmen war er mehrfach im Haus. Diese hätten in der 116 vier bis sechs Monate vor der Besetzung stattgefunden.
Auch nach Anbringen der Sicherungsmaßnahmen sei er noch im Haus gewesen, er sei über das Dach von der 114 gegangen, als Haus“eigentümer“ solle man sein Haus kennen. Ein zweiter Weg war auf der Rückseite von der 116 durch einen Schacht nach unten, auch durch diesen ist er mit dem Hausmeister rein gegangen. Er sei in den letzten vier Wochen vor der Besetzung noch im Haus gewesen.

Dann will Halbach ein Video von der Räumung gucken, das zeigt wie die Cops in das Haus gehen. Halbach unterbricht immer wieder um zu irgendwas nachzufragen. Wichtige Anschlussfragen der Verteidigung unterbricht er. Er wolle das Video ohne Anschlussfragen durchlaufen lassen sonst werde es nie fertig. Dennoch fragt er nach einzelnen Sachen. Die Verteidigung interveniert, es gehe nicht dass auf einzelne Sachen hingewiesen werde und der Zeuge so beeinflusst. Das Video wird dann ohne weitere Unterbrechung zu Ende geguckt.

Danach fragt Halbach nach Veränderungen im Haus. Scheffler gibt an die herumliegenden Feuerwerkskörper seien vorher nicht da gewesen. Er könne auch ergänzen, dass er vom Bürgersteig aus gesehen habe, wie eine vermummte Person Feuerwerk auf Beamt_innen geworfen habe und von einer Person die sechs Meter neben ihm stand unterstützt wurde.

Im Gespräch zum Video gibt er an, dass es keine Feuerlöscher im Haus gegeben habe. In der 116 sei schon früh der Strom gesperrt worden. Halbach fragt nach allen möglichen Dingen (Nato-Draht, Bretter mit Nägeln etc.) bei denen Scheffler angibt nichts mit diesen zu tun zu haben.

Als Scheffler das Haus gekauft habe sei es noch in Teilen vermietet gewesen. Es sei verwahrlost gewesen, so das nicht Plan war neu zu vermieten. Sein wirtschaftliches Ziel sei eine Renovierung gewesen oder Abriss mit Neubau. Dafür müssten die Wohnungen von Mieter_innen frei sein. Er habe mit einem Architekturbüro Ideen durchgespielt. Für alles mussten beide Häuser komplett leer sein, das war 2014 so weit. Ende 2014 habe er die Häuser dann verkauft. Er habe nicht wegen Steuerersparnis 10 Jahre gewartet. Für alles zusammen habe er etwa 3,5 Mio € bekommen und mehrere 100.000 € schmerzlicher Steuern zahlen müssen (gekauft für 1,5 Mio €).

Nach der Mittagspause will der Staatsanwalt das Video noch einmal an einer bestimmten Stelle sehen, dort meint er die Holzverstärkung an der Eingangtür zu erkennen. Es bleibt unklar was zu sehen ist, da aber ein Herd und an der Wand lehnende Türen zu sehen sind fragt Halbach nach diesen.
Scheffler gibt an seine Konstruktion sei wie beschrieben, aber ein Herd und einige Türen standen in diesem Bereich an der Wand. Er beginnt von den Pflichten als Eigentümer zu sprechen die Fluchtwege freizuhalten, was zu Gelächter im Publikum führt und zu einer Ermahnung durch Halbach. Die Verteidigung fragt nach ob er mit einer verbarrikadierten Tür „Fluchtwege freihalten“ meint und Scheffler gibt an von seiner allgemeinen Auffassung gesprochen zu haben. Die Verteidigung hakt nach, da die Frage nicht beantwortet wurde und wird von Halbach daran gehindert der Frage auf den Grund zu gehen.

Es folgen die Fragen der Verteidigung.
Es stellt sich heraus, dass Scheffler nicht genau sagen kann wann und wie oft er wirklich im Haus war. Er gibt aber an etwa monatlich drin gewesen zu sein. Auf Nachfrage kann er jedoch keine wirkliche konkrete Erinnerung zeigen. Er redet lediglich allgemein davon, dass sie (er und der Hausmeister) die Häuser begehen um Gefahrenmomente zu erkennen, u.a. hätten sie bei einer solchen Begehung festgestellt, dass im Winter im Haus übernachtet wurde. Sie seien meist durch die weniger verbarrikadierte Tür rein, die Schlüssel habe Herr Haagen gehabt. In der 116 war er nicht regelmäßig, das Haus sei ja unbewohnt gewesen, Strom und Wasser seien abgestellt gewesen – also keine Sicherheitsrisiken da gewesen. Wann genau die Sicherungsmaßnahmen gewesen seien weiß er nicht, er habe diese aber abgenommen. An die Abnahme der Arbeit hat er jedoch keine genaue Erinnerung. Er beschreibt den Weg, jedoch in einer Art und Weise die nahelegt, dass es eher Schlussfolgerungen sind.

Als letzter Mieter zog ein Architekt aus, der habe es besonders spannend gemacht und über eine Abfindung verhandelt. Auch mit diesem habe er sich ohne Streit einigen können. An andere Mieter_innen könne er sich nicht genau erinnern, aber sie seien alle im Einvernehmen ausgezogen.

Die Dachluke sei nicht gesichert worden um eine Begehbarkeit zu gewährleisten.

Zum Tag der Besetzung gibt er an er sei hin gegangen, habe entfernt geparkt und sich als „Eigentümer“ zu erkennen gegeben. Er habe sich nicht ausgewiesen, das wurde ihm so geglaubt. Zur Sicherung der Tür wurde er befragt, konkret auch dazu ob diese aufgebrochen werden dürfe. Den Namen seines Gesprächspartners erinnert er nicht. Er kann ihn auch nicht beschreiben, nicht einmal ob er in Uniform oder in Zivil gewesen sei. Er habe die Sicherung beschrieben. Er erinnert, dass zu diesem Zeitpunkt schon Polizei auf dem Dach gewesen sei. Bei dem Gespräch kam der Weg über das Dach nicht zur Sprache weil schon Polizei auf dem Dach gewesen sei. An konkrete Fragen und Antworten erinnert er sich nicht. Andere Zugänge ins Gebäude seien in dem Gespräch aber nicht diskutiert worden.

Zum fehlenden Geländer befragt gibt er an, dass dieses aus Holz gewesen sei, mit gedrechselten Stützen unter dem Handlauf. Er habe eine konkrete Erinnerung an dieses, nur nicht an die Farbe. Die Geländer seien in beiden Häusern etwa gleich gewesen, jedenfalls aus Holz.

Versicherungsschäden habe es in der 116 sicher gegeben, aber eine genaue Erinnerung habe er nicht.

Die Häuser habe er gleichzeitig erworben, das Grundstück später mit klarer Auflage Wohnraum zu schaffen. Ob es eine Vereinbarung darüber gab bis wann dieser Wohnraum geschaffen werden sollte könne er nicht sagen und sehe auch nicht, was das mit diesem Verfahren zu tun haben solle. Er sei auch nicht vorbereitet auf diese Frage, konkret mit Zeiten könne er nur Fragen beantworten auf die er sich vorbereitet habe.

Im Laufe der Zeit habe er mit dem Denkmalschutzamt gesprochen um die Häuser aus wirtschaftlichen Erwägungen unter Denkmalschutz zu stellen. Dies habe nicht geklappt. Danach gab es Planänderungen, nach denen er dann auch verkauft habe. Die geplanten Wohneinheiten habe er auf 19 verringert um ganz sicher zu gehen, dass er nicht vom Hamburger 1/3-Mix betroffen sein würde, das heißt um sicher zu gehen, dass er keine Sozialwohnungen schaffen muss.

Die Befragung endet aus Zeitgründen und wird am kommenden Montag fortgesetzt.

Geladen waren:

9:00 Haus“eigentümer“ Scheffler
13:00 der Betroffene dessen Verfahren wegen einer Therapie abgetrennt wurde
13:15 Polizist Herrmann
15:00 Polizist Scheffelmayer

 

Protokoll folgt.

 

Weitere Infos zum Verfahren: http://breitesoli.noblogs.org