Schöngleina. Im Aufenthaltsraum stehen mehrere Kuchen sowie Kaffeekannen, draußen vor der Clearingstelle liegen bergeweise Steaks und Roster auf dem Grill. An nahezu alles wurde zum Tag der offenen Tür gedacht, die Besucher können das Gespräch mit den ausländischen Jugendlichen suchen, einen Blick in die Zimmer werfen oder den Deutsch-Unterricht verfolgen. Clearingstellenleiter Jan Hartmann wirkt entspannt. Nach einer mehrwöchigen Anlaufzeit, nach Mahnwachen und Protestschreiben von besorgten Bürgern wegen der jungen Flüchtlinge scheint langsam Ruhe einzukehren.
Junge Flüchtlinge aufgeschlossen und nett
„Wir hatten wegen des geforderten Zaunes um die Clearingstelle vor etwa vier Wochen eine Informationsveranstaltung, an der viele Bürger teilnahmen. Am Ende gab es keine Mehrheit, dass ein Zaun errichtet werden muss“, sagte Ordnungsamtschefin Denise Acker von der Erfüllenden Gemeinde Bad Klosterlausnitz, die nach Schöngleina gekommen war, um Fragen von Bürgern zu beantworten.
26 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Syrien, Irak, Afghanistan, dem Iran, aus Somalia und Marokko leben derzeit in den ehemaligen CJD-Gebäuden, die der Thüringer Landgesellschaft gehören. Neugierig, manchmal aber auch schüchtern mustern sie die Besucher. Mit vier jungen Schülern aus der Bürgeler Gemeinschaftsschule kommt man rasch ins Gespräch. „Die Flüchtlinge sind sehr aufgeschlossen und nett“, lautet die Beobachtung von Jessia Plank. Gemeinsam mit drei Schülerinnen und Schülern ihrer Klasse 9 b der Gemeinschaftsschule Bürgel schreibt sie derzeit eine Projektarbeit über Flüchtlinge.
Aufgeschlossen findet auch Doktorand Frank Mühlenberg die jungen Syrer oder Afghanen. Gemeinsam mit den Jungs drehte er eigens für den Tag der offenen Tür einen elfminütigen Film, in dem die jungen Leute zu Wort kommen. „In dem Video schildern sie, welche Eindrücke sie von Deutschland gewonnen haben und wie sie sich ihre Zukunft vorstellen.“ Hamza aus Afghanistan beispielsweise wolle einmal Bauwesen studieren und er vermisse hier sehr, dass er seinem geliebten Boxsport nicht nachgehen könne. Der 17-jährige Hamza zeigte sich zufrieden mit dem Videoprojekt. „Manche fühlten sich nicht richtig zur Geltung gebracht, aber es ist schon in Ordnung.“
Entscheidung für Schöngleina war richtig
War die Entscheidung richtig, eine Clearingstelle mitten im ländlichen Raum einzurichten? Ja, sagt der Vorsitzende des Jugendhilfeausschusses des Kreistages, Knuth Schurtzmann. „Am Anfang hatte ich aber schon Bauchschmerzen damit.“ Hermsdorf hätte er jedenfalls als Standort besser gefunden. Inzwischen habe sich aber alles eingepegelt. Marco Schlaf, Abteilungsleiter bei der Thüringer Landgesellschaft, der das Schöngleinaer Objekt gehört, meint ebenfalls, dass die Entscheidung für Schöngleina richtig gewesen sei. Dass die Sache in ruhigen Bahnen verlaufe, sei nicht zuletzt der Professionalität des DRK und des Landratsamtes zu verdanken. „Nur nein zu sagen, geht nicht. Man muss auch Lösungen akzeptieren, die vielleicht anfangs unbequem erscheinen.“
Im Durchschnitt drei Monate bleiben die jungen Flüchtlinge in Schöngleina, ehe sie in Heime in Thüringen kommen, wo sie bis zur Vollendung ihres 18. Lebensjahres betreut werden. In der Schöngleinaer Zeit suchen die Betreuer nach Angehörigen, werden Besuche beim Arzt und Behörden erledigt. Nicht zuletzt nimmt der Deutsch-Unterricht einen breiten Raum ein. Mehrere Stunden am Tag wird gelernt, erst am Nachmittag steht Freizeit auf dem Programm. „Am Wochenende sind wir immer in Jena, da wird Fußball gespielt“, sagt Heimleiter Hartmann. Auf diese Ausflüge nach Jena-Lobeda würden sich die Jungs besonders freuen.