Eine NSU-Akte, die nach dem Hochwasser in Chemnitz 2010 als verschwunden galt, gibt es als Kopie. Das haben MDR-Recherchen ergeben. Der innenpolitische Sprecher der Grünen, Valentin Lippmann, bestätigte MDR AKTUELL, dass sie sich in den Unterlagen des sächsischen Untersuchungsausschusses befindet.
Vernehmung von V-Mann Marschner in Band drei
Der sächsische Landtagsabgeordnete hat sich die vorliegenden Akten nach
eigenen Worten angesehen und festgestellt, dass dem Ausschuss in dem
Ermittlungsverfahren mit dem Aktenzeichen 700 Js 44805/99 insgesamt 15
Bände Ermittlungsakten vorliegen. Lippmann zufolge befindet sich in Band
drei eine Zeugenvernehmung von Ralf Marschner, die am 13. Oktober 1999
durchgeführt wurde. Genau diese Zeugenvernehmung des ehemaligen V-Mannes
galt bislang als verschollen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft
Chemnitz wurde die Akte vom Hochwasser 2010 vernichtet.
Bekannt
geworden war der Vorgang, nachdem der NSU-Untersuchungsausschuss des
Bundestags die Akten aus Sachsen angefordert hatte. Im Unternehmen des
ehemaligen V-Mannes Marschner sollen die NSU-Mitglieder Uwe Mundlos und
Beate Zschäpe gearbeitet haben. Der Neonazi war unter dem Tarnnamen
"Primus" jahrelang als Informant für das Bundesamt für Verfassungsschutz
tätig.
Innenministerium bestätigt Existenz
Das sächsische Innenministerium bestätigte dem MDR die Existenz der Aktenkopie. Ein Sprecher sagte, sie sei nicht nur vorhanden, sondern sogar bereits am 15. April dem Untersuchungsausschuss des Bundestags vorgelegt worden. Polizei und Justiz hätten im Umfang der Beweisbeschlüsse in ihrem Zuständigkeitsbereich entsprechend recherchiert und die Untersuchungsausschüsse über ihre jeweiligen Ergebnisse korrekt informiert.
Lippmann kritisiert Gebaren
Grünen-Politiker Lippmann kritisierte in diesem Zusammenhang, dass in Sachsen offensichtlich die linke Hand nicht weiß, was die rechte tue. Es sei kein Umgang mit dem Untersuchungsausschuss des Bundestags, wenn man in die Welt posaune, die Akten seien unwiderruflich verschollen und sich diese dann doch wiederfinden. Überdies werfe das ganze Gebaren die Frage auf, von welchen weiteren nicht auffindbaren Akten in irgendwelchen Polizeibehörden noch Kopieren herumstünden.