Die Inszenierung von Melanie Dittmer in Bonn Bad Godesberg

Holm Teichert pöbelt in "Trauer" in Richtung Gegendemo
Erstveröffentlicht: 
16.05.2016

Bereits drei Tage nach dem tödlichen Übergriff auf Niklas P. meldete Melanie Dittmer, extrem rechte Aktivistin, eine Demonstration am Tatort in Bonn Bad Godesberg an. Die Polizei teilte am Freitagmorgen mit, dass der 17-Jährige den Übergriff nicht überlebt hat, was die extreme Rechte an allen Orten aufhorchen ließ, von denen letztendlich nur 50 zu der Demonstration erschienen.

 

Wir berichteten bereits im Vorfeld über die anstehende Demonstration von Melanie Dittmer in Bad Godesberg, die von der Polizei Bonn ein Redeverbot bekam und eine neue Versammlungsleitung benennen musste. Ester Seitz, ebenfalls extrem rechte Aktivistin aus dem Süden Deutschlands, übernahm diese Aufgabe. Im Vorfeld war, insbesondere nach dem Tod von Niklas P., nicht voraus zu sehen wie viele Nazis sich an der Demonstration beteiligen würden, da die Todesfolge die Brisanz der Thematik verschärfte.

 

Dass nur 50 Teilnehmer_innen vor Ort waren um das Opfer für rassistische Zwecke zu instrumentalisieren, ist einzig und allein dem Fakt zu verdanken, dass Melanie Dittmer die Demonstration angemeldet hatte und sich dementsprechend inszenierte. In den Reden, die unmittelbar neben dem Tatort, an dem diverse Angehörige und weitere Trauernde waren, ging es nur selten um das 17-Jährige Opfer. Viel mehr ging es um die weiterhin gesuchten vier Täter, von denen zwei mit einem „braunen Hauttyp“ beschrieben wurden. Aus dieser Angabe schlossen die Rechtsextremen auf nicht-deutsche Täter. In den sozialen Netzwerken wurden die Täter mal zu sogenannten Südländern, Muslimen, Geflüchteten oder Deutschen mit Migrationshintergrund erklärt.

 

Die 50 Teilnehmenden, darunter Rainer Händelkes (Kreisvorsitzender NPD Krefeld), Ulrich Lehnen (NPD Duisburg), Rene Müller (Identitäre Aktion Aachen), Sascha Wagner (Fanclub „Old School“ von Alemannia Aachen), Ester Seitz, Holm Teichert (Ex Pro NRW, Essen gegen Politikwahnsinn) und weitere bekannte Neonazis aus NRW, hatten zwar nicht mehr Wissen über den Fall als die Behörden, die Trauernden oder die anderen Opfer des Übergriffs, dennoch veranlasste es sie nicht nur den Verstorbenen zu instrumentalisieren. Ein Plakat einer Teilnehmerin zeigte sogenannte „importiere Mörder“ in Deutschland, im Layout war es angelehnt an ein Plakat dass an die zehn Opfer des NSU-Netzwerkes erinnerte. „Blutopfer“ Niklas und „erst Köln, jetzt Niklas“ stand auf weiteren, so als wären die Taten in irgendeiner Form vergleichbar oder systematisch zusammen hängend.

Die Schuldigen waren für Dittmer und co. nicht nur die Täter, sondern alle Parteien und Politiker_innen, die links von der AfD stehen. „Heute seid ihr tolerant, morgen tot im eigenen Land“ und „Von Grünen bis zur CDU, schauen sie beim Töten zu“ waren nur zwei von etlichen Parolen. Bei der Versammlung hatten die Neonazis ihr „Interesse“ an dem Opfer schnell ad acta gelegt, lieber schrie Holm Teichert in Richtung der Gegendemonstration, dass er keine Nazis kenne und hier auch keine sehe. Die Finger der rund 50 Teilnehmer_innen zeigten oft in alle möglichen Richtungen, ob es eine Fahrrad fahrende ältere Frau war, die ihren Protest äußerte und der daraufhin vorgeworfen wurde verantwortungslos gegenüber ihren Enkel_innen zu sein (Ob sie welche hat, wusste niemand) oder Passant_innen, die sich nicht an der organisierten Gegendemonstration beteiligten und für „Sachlichkeit und Fairness“ standen.

 

Zum Trauerort konnten viele Menschen während der Versammlungen nicht, die Rechten hatten ihn schließlich fast gekapert und schrien über eine halbe Stunde am Anfang und einer halben Stunde am Ende der Versammlung über den Platz. Das hämische Grinsen von Melanie Dittmer, dass oft zu sehen war, war bezeichnend für diese Veranstaltung und auch die Transparente sprachen eine eindeutige Sprache. Ob es das Frontbanner „Meinungsfreiheit für Systemkritiker“, eine Reichsfahne oder „Heute seid ihr tolerant, morgen fremd in eigenen Land“, „Schützt unsere Kinder – Wir sind das Volk!“ mit Werbung für die Homepage der „Pfälzer Spaziergänge“ war, die zwischen den oben erwähnten kleinen Plakaten mit Niklas‘ Namen prangerten: Es gab kein einziges Plakat, dass an den Menschen Niklas P. Erinnerte, sein Name stand immer in Verbindung mit politisch extrem rechtem Inhalt.

Zu guter Letzt ließ sich Melanie Dittmer das I-Tüpfelchen nicht nehmen und flüsterte Ester Seitz zum Ende der Demonstration ins Ohr, was sie ins Mikrofon sagen soll. Wenigstens in diesem Fall ist die Polizei eingeschritten, die nun an einer Strafanzeige gegen Dittmer arbeiten dürfte, weil sie gegen die Auflagen verstoßen hatte. Werbung für die kommenden vier Kundgebungen an diversen Orten, die die Aktivistin in der letzten Woche angemeldet hatte, gab es schlussendlich auch noch. Am Ende des Tages bleibt die Frage, die sich viele stellen, nur die extreme Rechte nicht: Was hätte eigentlich Niklas dazu sagt?

 

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