mit Thomas Ebermann - Donnerstag, den 02. Juni 2016 um 19:30 Uhr - Philosophisches Seminar, Schulgasse 6, Kantsaal, Heidelberg-Altstadt
Vor einigen Jahren plakatierte die im Bundestag ganz links sitzende 
Partei: „ Arbeit soll das Land regieren.“ Seit jener Zeit haben sich 
tausende Unternehmen eine „Firmenhymne“ zugelegt, in der besungen wird, 
welch Glücksfall es ist, hier seine Arbeitskraft verkaufen zu dürfen. So
 angesehen wie die Arbeit, die nicht nur erledigt sondern enthusiastisch
 betrieben werden soll, ist in Deutschland höchstens noch Helmut 
Schmidt. Die Verhältnisse während seiner Kanzlerschaft waren halt keine 
„neoliberalen“. Weil sie reguliert waren, tarifäre Sicherheit boten, die
 Lohnabschlüsse oft über der Inflation lagen und das Dogma der 
„schwarzen Null“ die Haushaltspolitik noch nicht prägte, sind sie der 
„Sehnsuchtsort“ aller Kenyesianer. Der Gedanke, dass diese Zeit der 
„produktiven Hölle im Überfluss“(H.Marcuse) Millionen Lohnarbeiter 
hässlich gemacht, verstümmelt und ums ganze Leben betrogen hat, ist 
randständig wie nie.
Die Dressur des Menschen zur Ware Arbeitskraft, die Einübung von 
Entsagung und Disziplin, war historisch ein höchst gewaltsamer Akt. 
Kritisch zu beleuchten ist, wie auch jene, die den Umsturz der 
bestehenden Ordnung, die Beseitigung des proletarischen Elends und die 
Errichtung einer klassenlosen Gesellschaft verfochten, mitwirkten an 
dieser Dressur. Manchmal unter Verweis auf bessere konsumtive Versorgung
 auch der unteren Schichten, oder durch die Botschaft, man solle doch 
nicht zerstören, was den Arbeitern ohnehin bald gehöre.
Nichts habe die Arbeiterbewegung mehr korrumpiert und integriert, 
schrieb Walter Benjamin, als der Glaube, die Entwicklung der 
Produktivkräfte sei die historische Aufgabe und Berechtigung des 
Kapitals, mit der es unbewusst die Bedingungen einer höheren 
Produktionsform schaffe. So geriet ins Abseits, wer gegen 
kapitalistische Rationalisierung rebellierte und auch sonst keine 
schlechte Meinung von Müßiggang und Müßiggängern hatte. Und ins Abseits 
geriet ebenfalls, wer „Sozialismus“ nicht denken mochte als Regime, das 
die Arbeiter staatsoffiziell hochverehrte, aber in Fabriken und an 
Maschinen schuften ließ, die denen im Besitz des Klassenfeindes ähnlich 
waren.
Thomas Ebermann, Jahrgang 1951, war in den siebziger Jahren 
Industriearbeiter und Mitglied des Kommunistischen Bund. In den 
Achtzigern mühte er sich vergeblich, aus den Grünen eine nicht 
staatstragende Partei zu machen. Danach misslang auch das Projekt 
„Radikale Linke“ und seitdem schreibt er in „Konkret“, ist Buchautor 
gemeinsam mit Rainer Trampert, mit dem er auch satirische Lesungen 
absolviert. In den letzten Jahren hat er in seiner „Vers- und 
Kaderschmiede“ in Hamburg Prosa zu szenischen Lesungen bearbeitet und 
als Autor, Dramaturg, Regisseur und Kleindarsteller an den 
Inszenierungen „Der Firmenhymnenhandel“ und „Der eindimensionale Mensch 
wird 50“ mitgewirkt.
Einige Hymnen werden zu hören und auf der Leinwand zu sehen sein. Man 
stelle sich also auf ein ziemliches Gefälle zwischen theoretischer 
Erörterung und praktischer Demonstration ein. Wie alle guten Kritiker 
des Arbeitsethos ist Ebermann ein fleißiger Mensch.
Der Vortrag ist Teil der Reihe:
 
 Irrwege der Kapitalismuskritik
 
 
 - Beginn immer 19:30 Uhr -
 
 1. Die Neoklassik als Dogma der VWL
 mit Anna Reisch
 	Di., 03. Mai, Voßstr. 2, Raum 212
 https://www.facebook.com/ events/1083275325063870/
 
 2. Die Ideologie von raffendem und schaffendem Kapital 
 mit Merlin Wolf 
 	Do., 12. Mai, Schulgasse 6, Kantsaal
 https://www.facebook.com/ events/1116438988429605/
 
 3. Faule Griechen, fleißige Deutsche 
 – deutsche Krisenlösungen für Europa 
 mit Tomasz Konicz 
 	Do., 19. Mai, Schulgasse 6, Kantsaal
 https://www.facebook.com/ events/1725641681039473/
 
 4. Arbeitsfetisch und Leistungswahn 
 – zur Kritik der Arbeit 
 mit Thomas Ebermann
 	Do., 02. Juni, Schulgasse 6, Kantsaal
 https://www.facebook.com/ events/929410190489900/
 
 5. Der Traum vom guten Geld 
 mit Ernst Lohoff
 	Do., 09. Juni, Schulgasse 6, Kantsaal
 https://www.facebook.com/ events/1734896836728471/
 
 6. Über Proudhonschen Antisemitismus 
 und deutschen Nationalsozialismus 
 mit Frédéric Krier 
 	Do., 16. Juni, Schulgasse 6, Kantsaal
 https://www.facebook.com/ events/981956701873582/
 
 7. Wir kaufen uns eine bessere Welt – über Konsumkritik 
 mit Nadja Rakowitz 
 	Do., 23. Juni, Schulgasse 6, Kantsaal
 https://www.facebook.com/ events/1742986799272326/
 
 8. Von gierigen Bankern und zockenden Börsianern
  - Warum Spekulation nicht die Ursache der Krise ist 
 mit Norbert Trenkle 
 	Do., 30. Juni, Schulgasse 6, Kantsaal
 https://www.facebook.com/ events/1719892778260374/
 
 9. Der Staat des Kapitals? Die Unableitbarkeit des Staates als Quelle falscher Vorstellungen 
 mit Jörg Finkenberger 
 	Do., 07. Juli, Schulgasse 6, Kantsaal
 https://www.facebook.com/events/1078645292177424/
 
 10. Postwachstum: die Grenzen der Schrumpfung 
 mit Johannes Hauer
 	Do., 14. Juli, Schulgasse 6, Kantsaal
 https://www.facebook.com/events/265991050409454/
 
 Die Veranstaltungen werden ermöglicht in Kooperation von AKUT [+c], der
 Fachschaft Philosophie der Uni Heidelberg, der Gewerkschaft Erziehung 
und Wissenschaft, der Rosa Luxemburg Stiftung Baden-Württemberg, dem 
Studierendenparlament der PH Heidelberg und dem Studierendenrat der Uni 
Heidelberg.
 
 Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.
 
 Weitere Informationen unter:
 https://akutplusc.wordpress.com/projekte/irrwege-der-kapitalismuskritik-vortragsreihe/

