In Ägypten wehren sich Journalisten verstärkt gegen gewaltsame Übergriffe. Am Mittwoch versammelten sich rund 2.000 von ihnen vor dem Gebäude ihres Berufsverbandes, dem Journalistensyndikat, in der Kairoer Innenstadt und forderten lautstark den Rücktritt von Innenminister Magdy Abdel Ghaffar. Der Verband hatte eine außerordentliche Generalversammlung einberufen, um über Konsequenzen aus den wiederholten Angriffen der Sicherheitskräfte auf Reporter zu beraten.
Auslöser des inzwischen offen geführten Schlagabtauschs zwischen Staatsmacht und Verband waren Massenverhaftungen nach landesweiten regimekritischen Demonstrationen am 25. April. Dabei waren auch 43 Medienvertreter vorübergehend in Gewahrsam genommen worden. Nach den darauf folgenden Protesten von Journalisten vor dem Obersten Gericht stürmten Polizisten in Zivil das Foyer des Syndikatsgebäudes und ließen zwei weitere Reporter verhaften. Gegen die beiden Mitarbeiter des Nachrichtenportals Yanair, Amr Badr und Mahmoud Al-Sakka, lagen Haftbefehle vor.
Die Attacke auf das Gebäude des Syndikats sei »beispiellos« und einmalig in der über 75jährigen Geschichte des Verbandes, kritisierte dessen Chef Yahia Qallash. Entsprechend heftig fiel die Reaktion der Berufsvereinigung aus. Neben dem sofortigen Rücktritt des Innenministers verlangt sie eine offizielle Entschuldigung von Ägyptens Staatspräsident Abdel Fattah Al-Sisi für die Erstürmung des Syndikats, die umgehende Freilassung aller inhaftierten Journalisten und eine Verurteilung der Belagerung des Verbandssitzes durch die Polizei. Beschlossen wurden bei der außerordentlichen Generalversammlung auch öffentlichkeitswirksame Maßnahmen, die den Druck auf Ghaffar erhöhen dürften. Offizielle Stellungnahmen des Innenministeriums sollen bei der Berichterstattung ignoriert, der Name des Ministers nicht mehr genannt werden. Am Sonntag wollen zahlreiche Zeitungen mit schwarzer Titelseite erscheinen.
Die eigentlich regimefreundliche Presse am Nil schwankt derweil in ihrer Haltung gegenüber der Regierung. Während zahlreiche Zeitungen die Forderungen der Journalisten unterstützten, äußerte sich Al-Ahram, das Flaggschiff der ägyptischen Staatspresse, ambivalent. Noch am Mittwoch hatte es im Leitartikel der Zeitung geheißen, die Erstürmung des Syndikats sei »inakzeptabel«. Am Donnerstag ruderte das Blatt jedoch zurück und warnte vor einer Politisierung des Journalistenverbandes.
Unterdessen wehrt sich die Branche gegen Nachrichtensperren, die Ägyptens Behörden zuletzt immer häufiger verhängt haben. Nachdem die Staatsanwaltschaft bereits die Berichterstattung über die Verfahren gegen die am 25. April verhafteten Demonstranten verboten hatte, untersagte die Anklagebehörde am Dienstag auch die Weitergabe von Informationen zur Festnahme Badrs und Al-Sakkas sowie über die Erstürmung des Syndikats. Zugleich heißt es in einer Erklärung der Staatsanwaltschaft, die Verhaftung der zwei Reporter sei aufgrund von Aufrufen zu nicht genehmigten Protesten erfolgt und habe nichts mit ihrem Beruf zu tun. Die Festnahme von Journalisten im Syndikatsgebäude sei rechtens und verstoße nicht gegen die Verfassung. Das Innenministerium seinerseits wirft den Internierten vor, ihren Berufsverband in die Auseinandersetzung hineingezogen zu haben, um Unruhe im Land zu stiften.
Die Medienvertreter wollen ihre Proteste in und vor dem Journalistenverband trotz eines massiven Polizeiaufgebots bis Dienstag fortsetzen. Sollten die Forderungen der Generalversammlung bis dahin nicht erfüllt sein, werde man über weitere Maßnahmen beraten. Die Verbandsleitung droht mit Streik.