Bericht vom vierten Verhandlungstag am 22.04.2016 im Amtsgericht Braunschweig - Und es geht weiter… Am vergangenen Freitag ging der Prozess gegen Philipp und Andre in die nächste Runde. Das eigentlich erwartete Urteil blieb erneut aus. Stattdessen setzte der Staatsanwalt zu einem weiteren Versuch an, die urteilsrelevante Zuordnung von Angeklagten und Tatvorwürfen aufzuklären.
Kontny zum zweiten
Auftakt der Sitzung bildete die wiederholte Befragung des bereits am 
ersten Prozesstag vernommene Wachmanns Kontny. Dieser gab nun auf die 
Frage hin, ob er Hinweise zur Identifikation der Angeklagten geben 
könne, zu Protokoll, dass es einen eindeutigen Größenunterschied 
zwischen den überwältigten Tätern gegeben habe. Einer sei „der Größere“,
 der andere der entsprechend „Kleinere“ gewesen, so die mittlerweile 
schon vom Polizeibeamten Antl bekannte Klassifizierung. Kontny, nach 
eigener Angabe selbst 1,73m groß, habe den Größeren der Beiden 
überwältigt. Wer die Unterscheidung in Größer und Kleiner denn nun 
eingeführt habe, blieb allerdings weiterhin unbekannt. Kontny habe den 
Größenunterschied von ca. einer Kopflänge bereits aus der Entfernung 
festgestellt, so der Wachmann. Festlegen wollte er sich jedoch wiederum 
nicht. Er sei lediglich der Meinung, dass es so gewesen sei, könne sich 
aber nicht mehr sicher daran erinnern. Eine definitive Zuordnung von 
Tatvorwurf und Täter lässt sich anhand seiner Aussagen also nicht 
begründen. Dass die neueren Angaben des Zeugen auch jetzt erst, nach 
mehreren Verhandlungstagen und zwischenzeitlicher Berichterstattung, 
eingebracht wurden, lässt durchaus Zweifel offen. Eine Beeinflussung des
 Prozessverlaufs durch die Berichte der Braunschweiger Zeitung 
dokumentiert etwa deutlich die darauffolgende Strategie des 
Staatsanwaltes zur Überführung der Täter. Die in einem vorigen 
Zeitungsbericht aufgeworfene Frage nach den Fotos, die von den 
Angeklagten auf der Polizeiwache gemacht wurde, fand jetzt nämlich 
Eingang in die Beweisführung.
Jacke sucht Träger
Zum zentralen Beweisstück der weiteren Verhandlung avancierte eine 
schwarze Jacke, die einer der Angeklagten in der Tatnacht getragen haben
 soll. Blutspuren auf dem Kleidungsstück seien durch DNA-Tests eindeutig
 dem angeblich geschlagenen Wachmann Keim zugeordnet worden. Die 
Identifikation des vermeintlichen „Brechstangen-Schlägers“ könnte, so 
die offenbare Hoffnung des Staatsanwalts, also gelingen, indem der 
Träger der Jacke ermittelt würde. Wachmann Kontny konnte diesbezüglich 
allerdings keine weiterführenden Angaben machen. Zwar erinnerte er sich 
an eine Applikation auf einer der Jacken. Sichtlich genervt von der 
gesamten „Farce“ verneinte er jedoch, diese nach über einem Jahr noch 
einem der vermeintlichen Täter zuordnen zu können.
Im Folgenden sollten also die bereits erwähnten Fotos der Angeklagten 
zur Aufklärung beitragen. Der Versuch scheiterte jedoch, da sich 
aufgrund des kleinen Bildformats die Jacke nicht eindeutig 
identifizieren lasse. Die Staatsanwaltschaft will nun also prüfen 
lassen, ob sich die Fotos zur besseren Identifikation vergrößern lassen.
 Sollte einer der Angeklagten dann anhand der Jacke als „der Schläger“ 
ausgemacht werden können, drohe ihm nach Aussage des Staatsanwaltes eine
 Haftstrafe von einem Jahr, die lediglich zur Bewährung ausgesetzt 
werden könne, wenn „da noch etwas kommt“, so etwa ein Geständnis. Die 
tatsächliche Beweiskraft der Jacke bleibt jedoch fraglich, denn wie, 
wann und unter welchen Umständen das Blut auf die Jacke gelangt seien 
könnte, ist keineswegs geklärt. Bestärkt werden Zweifel an der 
Beweiskraft des Textils insbesondere deshalb, weil eine weiße Tasche, 
die ebenfalls als Beweismittel sicher gestellt wurde, im gesamten 
Prozess bislang aber keinerlei Erwähnung fand, ebenso Blutspuren des 
Wachmanns Keim trägt, während auf der Brechstange, die Keim am Kopf 
getroffen haben soll, keine Spuren menschlicher DNA zu finden waren. Es 
ist also keineswegs geklärt, wie das Blut an die Jacke gekommen sein 
soll.
Der Prozess wird nun also am 3.5. um 10:30 Uhr im Amtsgericht Braunschweig fortgesetzt.
Mehr Infos und Prozessberichte findet ihr unter:
http://kampagne-gegen-tierfabriken.info/solidaritaet-mit-andre-und-philipp/

