Überklebtes Straßenschild erinnert an jüdischen Publizisten.
INNENSTADT. Ein neuer Name für die
Wilhelmstraße? Auf dem Schild an der Ecke zur Adler- und Belfortstraße
sieht es so aus: Dort gibt’s statt der Wilhelmstraße seit einiger Zeit
die Hans-Arno-Joachim-Straße – allerdings nicht offiziell. Das alte
Schild wurde während der Aktionswochen gegen Antisemitismus symbolisch
überklebt, schreibt die "Anarchistische Gruppe Freiburg" auf der linken
Internetplattform "linksunten.indymedia.org". Die Stadtverwaltung
belässt das Schild zunächst überklebt, sagt die städtische
Pressesprecherin Martina Schickle.
Die Wilhelmstraße gehört zu den Straßen, die wegen ihrer Namen immer
wieder in der Kritik stehen: Unter anderem wurde bei einem kritischen
Rundgang zur Kolonialgeschichte darauf verwiesen, dass Kaiser Wilhelm I.
etliche Kolonien erworben hatte. Der Text auf
"linksunten.indymedia.org" betont auch, dass Wilhelm I. "überzeugter
Militarist" gewesen sei und den im Kaiserreich aufkommenden
Antisemitismus nicht bekämpft habe. Dort gibt’s zudem Infos zu dem 1902
in Freiburg geborenen jüdischen Publizisten und Hörspielautor Hans Arno
Joachim, der 1944 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurde.
Am Friedrichring erinnert ein Stolperstein an ihn, er besuchte das
Berthold-Gymnasium und studierte bis 1927 an der Freiburger Uni deutsche
Philologie. Er war mit dem Philosophen Ernst Bloch und dem Lyriker
Peter Huchel befreundet. Als er Dramaturg in Darmstadt war und später in
Berlin lebte, entstanden seine Texte und Hörspiele. 1933 flüchtete er
mit seiner Frau Gerta Aufrichtig nach Paris. Dort lebten beide von deren
kleinem Gehalt als Trickfilmzeichnerin. Am 16. Februar 1944 wurde Hans
Arno Joachim von der Gestapo verhaftet, am 27. März nach Auschwitz
gebracht und dort ermordet. Die städtische Namensprüfungskommission
prüfe derzeit alle 1300 Straßennamen nach ihren jeweiligen Bezügen, sagt
Martina Schickle. Ende April werde der Abschlussbericht an den
Gemeinderat weitergeleitet.