Stadtverwaltung - Obdachlose dürfen nachts nicht mehr unter freiem Himmel in der Freiburger Innenstadt schlafen: Das hat die Stadtverwaltung beschlossen. Was sind die Gründe für die harte Gangart?
Das gab es in Freiburg noch nie: Obdachlose, die in der Innenstadt 
übernachten, werden per Verfügung aufgefordert, zu gehen. Es habe 
massive Beschwerden aus der Bevölkerung gegeben, so die Stadtverwaltung.
 Notfalls drohen nicht einsichtigen Obdachlosen ein Platzverweis und die
 Räumung durch die Polizei. Der Gemeinderat und die Träger der 
Wohnungslosenhilfe waren über dieses Vorgehen nicht informiert und 
verlangen Aufklärung.
		
								
				
An geschützten Ecken kampieren sie in Schlafsäcken, viele sind 
drogenabhängig oder alkoholkrank: Obdachlose sind oftmals ein 
verstörender Anblick. Immer öfter habe es Beschwerden gegeben, heißt es 
im Rathaus. Im Januar bat die Stadtverwaltung die Polizei, stärker zu 
kontrollieren. Laut Polizeiverordnung ist es untersagt, auf öffentlichen
 Straßen zu nächtigen, die Notdurft zu verrichten und Abfälle zu lagern.
 Die Polizei wiederum wollte nur mit einer Verfügung des Amtes für 
öffentliche Ordnung intervenieren.
Die hat sie nun. Seit einiger Zeit drückt die Polizei Obdachlosen in der
 Innenstadt ein Schreiben in die Hand. Darin werden sie aufgefordert, 
sich zu entfernen: "Sollten Sie weiterhin an der genannten Örtlichkeit 
angetroffen werden, müssen Sie mit einer zwangsweisen polizeilichen 
Räumung rechnen. Unabhängig davon ist ein mündlicher Platzverweis der 
Polizei zu befolgen."
				
				
Bisher, so Polizeisprecher Dirk Klose, habe die Polizei fünf Schreiben 
verteilt, die betroffenen Personen hätten ihren Lagerplatz freiwillig 
verlassen. Es gebe ein stufenweises Vorgehen: Erst das Schreiben, dann 
ein mündlicher Platzverweis, dann, wenn nötig, Räumung. Im Extremfall 
werde die Person in Gewahrsam genommen. Die Polizei bringe die 
Betroffenen in der Regel zur Obdachlosenunterkunft Oase an der Haslacher
 Straße.
In der Pflasterstub’ der Caritas, die Wohnungslosen hilft, hatten einige
 so ein Schreiben schon dabei. Jeden Tag seien etwa 100 Gäste in der 
Pflasterstub’, sagt deren Leiter Willibert Bongartz, sicher die Hälfte 
nächtige draußen. Die Oase sei nicht immer eine Alternative: "Wir 
wissen, dass sie von vielen nicht angenommen wird", sagt Bongartz, "aber
 die Leute zu vertreiben, ist auch keine Lösung."
Der Arbeitskreis Wohnungslosenhilfe der Freiburger Sozialarbeit hat von 
der Verfügung nichts gewusst und die Stadtverwaltung nun angeschrieben. 
"Wir hätten es hilfreich gefunden, informiert zu werden", sagt dessen 
Vorsitzende Angelika Hägele.
Auch einige Gemeinderatsfraktionen sind gar nicht froh über das Vorgehen
 der Stadtverwaltung. "Untragbar" findet es Irene Vogel, Stadträtin der 
Unabhängigen Listen, dass dies ohne vorherige politische Diskussion 
beschlossen wurde: "Wir lehnen eine solche Vorgehensweise ab." Das sei 
geradezu ein Richtungswechsel in der Stadtpolitik und wohl der 
Diskussion um eine saubere Innenstadt geschuldet. Ihre Fraktion will das
 Thema auf die Tagesordnung im Sozialausschuss und im Gemeinderat 
setzen.
