Die Nationale Bewegung – eine neonazistische Gruppierung. Ein Rückblick auf ihre Anschläge vor sechzehn Jahren - Mindestens vierzehn Anschläge und Propagandaaktionen innerhalb eines Jahres. Bekenner_innenschreiben mit, auf den Nationalsozialismus bezogenen, hergeleiteten historischen Datierungen. Menschenverachtende Drohungen und Anschläge gegenüber der Jüdischen Gemeinde, der Kampagne gegen Wehrpflicht, Hausprojekten, Imbissen und kulturellen Anti-Neonazi-Veranstaltungen – und keine der Täter_innen wurden bisher ermittelt. Wie kann das sein?
Nach der Beobachtung der Ermittlungen im Komplex des Nationalsozialistischer Untergrund – NSU – muss die Frage gestellt werden, ob nicht auch an dieser Stelle, in der Aufarbeitung und Ermittlung gegen die Nationale Bewegung, Informationen durch staatliche Behörden zurückgehalten und vertuscht wurden.
Spätestens heute, fünfzehn Jahre nach dem letzten bekannten Anschlägen der Nationale Bewegung
 am 30. Januar 2001, ist es an der Zeit, eine Aufarbeitung der 
Ereignisse um die selbst ernannte neonazistisch-militante Gruppierung Nationale Bewegung zu forcieren. Einen Anfang wollen wir mit diesem Text machen. Weil die Informationslage über die Nationale Bewegung
 und das sie umgebende neonazistische Umfeld uneindeutig und teils 
widersprüchlich ist, können wir keine Gewähr für die hier dargestellten 
Informationen übernehmen. Der Artikel fußt auf Recherchen in den 
Archiven des Antifaschistischen Pressearchiv Potsdam (APAP) und des Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin (APABIZ).
Gewolltes Versagen staatlicher Behörden? – Von “Einzeltätern” und V-Personen
Über einen Zeitraum von elf Monaten wurden die Anschläge der Nationale Bewegung
 seitens staatlicher Behörden und Medienlandschaft nicht ernst genommen.
 Es wurde stattdessen von “Einzeltätern” und “Einzeltaten” berichtet und
 zu einer Verknüpfung mit anderen Taten, Ereignissen und Strukturen kam 
es nicht.
Nachdem im Oktober 2000 ein Artikel im Magazin Spiegel zur Nationale Bewegung
 veröffentlicht wurde, reagiert das Innenministerium mit der Aussage, 
dass es keinen rechten Terror gäbe. Die Reaktion seitens der Behörden 
war also ein Abwiegeln und Beschwichtigen. Als weitere Erklärung wurde 
vom damaligen Pressesprecher des Innenministeriums Heiko Homburg 
angegeben, dass “der in den Schreiben benutzte Begriff Nationale 
Bewegung […] ein allgemeiner Begriff” sei. Den im Artikel des Spiegel angestellten Vergleich mit der RAF,
 wusste das brandenburgische Innenministerium mit den Worten “Wenn es 
eine rechte Terrorgruppe gäbe, wüssten wir es.” abzulehnen. Der damalige
 Chef der Abteilung für Verfassungsschutz im Innenministerium Heiner 
Wegesin setzte dem noch die Krone auf. Dass im Sommer 2000 in mehreren 
Hausdurchsuchungen bei Neonazis in Potsdam und Brandenburg Waffen und 
Munition gefunden wurden, verharmloste er, denn “die sollten gegen die 
Antifa benutzt werden und nicht gegen Institutionen des Staates. ,Das 
wäre dann organisierter rechter Terror’”. Diese Berichte aus dem Oktober
 2000 werden durch gleichzeitige Warnungen des Landeskriminalamt Berlin,
 das explizit “Ansätze von Rechtsterrorismus in der Hauptstadt” sieht, 
ad absurdum geführt. Als ob eine neonazistische Szene ausschließlich 
innerhalb der jeweiligen Landesgrenzen agiert.
Nachdem allerdings die Nationale Bewegung
 einen Brandanschlag auf die jüdische Trauerhalle in der Nacht vom 7. 
auf den 8. Januar 2001 verübte, war eine Bedrohung durch die 
neonazistische Gruppierung urplötzlich für Behörden und Presse 
offensichtlich. Im Zuge des Aufschreis über den Brandanschlag übernahm 
sogar die Generalbundesanwaltschaft die Ermittlungen.
Wenige Wochen später, am 7. Februar 2001, kommt es dann auch tatsächlich
 zu Hausdurchsuchungen in Teltow-Fläming und Potsdam, bei denen die 
Wohnungen von 19 Verdächtigen im Alter zwischen 16 und 31 Jahren 
durchsucht worden sein sollen.
Die Geschehnisse um diese Durchsuchungen sind dubios.
Weil ein Neonazi, der als “V-Person” tätig war, einem anderen Neonazi, 
der ebenfalls als Informant für stattliche Behörden tätig war, den 
Zeitpunkt der geplanten Durchsuchung in einem Telefonat preisgab und 
davor warnte, wurde der Termin durch die ermittelnden Behörden 10 Tage 
vorverlegt – sie sollte eigentlich am 17. Februar stattfinden.
Gefunden wurde bei der Polizeiaktion, trotz Warnung innerhalb der 
neonazistischen Szene, zwar mehrere Stich- und Schlagwaffen, 
Handfeuerwaffen, Munition sowie diverses Propagandamaterial, nur 
Hinweise auf die Nationale Bewegung konnten offenbar rechtzeitig durch die Neonazis beseitigt werden.
Dass es zu dieser peinlichen Ermittlungspanne kam, wurde in der 
Öffentlichkeit erst zwei Jahre später bekannt. Weil das brandenburgische
 LKA das relevante Telefonat zwischen den 
“V-Personen” abhörte, kamen sie dem Geheimnisverrat durch Christian K. 
auf die Spur und konnten so die Wohnungsdurchsuchungen vorverlegen – 
wieder einmal war der Verfassungsschutz für verpatzte Ermittlungen 
verantwortlich. Wahrscheinlich wollte dieser sich vor den möglicherweise
 im Zuge erfolgreicher staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen 
aufgedeckten Verbindungen und Verantwortlichkeiten der Strukturen der Nationale Bewegung
 schützen. Möglicherweise stand sogar eine Enttarnung einer “V-Person” 
des Verfassungsschutzes, die im Umfeld oder innerhalb der Nationale Bewegung agierte, bevor – genügend Grund für den Geheimdienst die Ermittlungen mutmaßlich zu sabotieren.
Der von Christian K. gewarnte Spitzel war Sven Sch., ehemaliger “Sektionsführer” von Blood & Honour Brandenburg, in den Medien oftmals auch als Potsdamer Kader stilisiert.
Nachdem Blood & Honour am 14. September 2000 
deutschlandweit verboten wurde, führten verschiedene Polizeibehörden 
Hausdurchsuchungen im gesamten Bundesgebiet zur Durchsetzung des Verbots
 durch.
Sch. etablierte daraufhin das Neonazi-Musiklabel Hatesounds-Records,
 um einerseits neue Vertriebswege für neonazistische Musik zu etablieren
 als auch eine Vernetzung von RechtsRock-Strukturen zu sichern und 
auszubauen. Unter anderem konnte Sch. bekannte neonazistische Bands, wie
 die Vorbilder des NS-Hatecore Blue Eyed Devils aus den USA, bei sich vertreiben und sich durch ihre Werbearbeit in der Neonazimusikszene etablieren. Das alte Blood & Honour-Postfach
 in Werder/Havel blieb, nur der Name und das Logo änderten sich. Dennoch
 markierte Sch. die CD-Booklets seines neuen Labels mit der Abkürzung BHBB – Blood & Honour Brandenburg.
Die Nationale Bewegung als Produkt eines neonazistisch-militanten Milieus
Als die selbst ernannte Nationale Bewegung ihre Anschläge verübte, hüllten sich Politik und Medienlandschaft in selbst verordnetes Schweigen oder übten sich in Verharmlosung. Das Verschweigen (neo)nazistischer Aktivitäten gehört, mal mehr mal weniger, zur Geschichte der Bundesrepublik. Im politischen Klima der 1990er und frühen 2000er Jahre wurden aus Angst um den deutschen Standort entsprechende Strukturen und Protagonist_innen ignoriert und geleugnet, im schlimmsten Fall wiederum aber auch durch staatliche Strukturen und Behörden unterstützt und aufgebaut. Zwar wurden allzu offen neonazistische Gruppierungen, wie beispielsweise Blood & Honour mitunter auch mit Repression belegt, ein übergreifendes konsequentes Vorgehen gegen rassistische und neonazistische Strukturen war allerdings zu keinem Zeitpunkt Realität. Während also Gruppierungen wie Thüringischer Heimatschutz oder Ku-Klux-Klan Deutschland durch staatliche Strukturen aufgebaut wurden, konnte sich eine organisierte und gewalttätige Neonazi-Szene organisieren und Anschläge planen. Im Jahr 2000 wird Blood & Honour Deutschland verboten – im selben Jahr verübt das NSU-Netzwerk seinen ersten bekannten Mord.
In den Jahren zuvor konnten sich in 
Königs Wusterhausen, Potsdam und anderen brandenburgischen Orten bereits
 eine größere Neonazi-Szene etablieren und festigen.
Dabei war es in Potsdam eine Mischszene aus neonazistischen Skinheads, 
einer gut organisierten und starken RechtsRock-Szene sowie 
Rocker-Strukturen und Rotlicht-Milieu, die auf vielerlei 
Organisationsformen und Gewalterfahrungen zurückgreifen konnte.
Insbesondere die starke Potsdamer RechtsRock-Szene mit Bandzusammenschlüssen unter dem Label PSP, Proissen Skinheads Potsdam, mit den Bands Freak Selection, Unbending Bootboys und Proissenheads
 und Protagonist_innen wie Uwe Menzel und Christian W., wirkten im 
gesamten Bundesgebiet und hatten so auch inner- und außerhalb der 
Potsdamer Neonazi-Szene eine enorme Relevanz.
Christian W. mietete, bis zum Auffliegen des Ortes, im Stadtteil Bornim 
für eine der wichtigsten und bekanntesten internationalen Neonazibands 
„Landser“ einen Proberaum. Mit ihnen probte auch Uwe Menzels Band 
“Proissenheads”.
Mitte der 1990er erwuchs diese Band, vor allem auch durch die 
Möglichkeit, im Rahmen der „akzeptierenden Jugendarbeit“ unter der 
Verantwortung des heutigen Oberbürgermeister Potsdams Jann Jakobs, einen
 Proberaum in einem städtischen Jugendclub zu nutzen, zu einer 
international agierenden Gruppe. Diese und weitere bedeutende 
Neonazi-Bands waren und sind bis heute durch einen aktiven Protagonisten
 gelenkt – Uwe Menzel ist in der damaligen und heutigen RechtsRock-Szene
 eine organisatorische Größe.
Menzel macht dabei kein Geheimnis aus seinem Bekenntnis zur 
Menschenverachtung und trägt diese bis heute in verschiedenen 
Bandprojekten, wie z.B. “Burn Down” oder “Aryan Brotherhood”, aus.
Ende der 1990er Jahre pflegten Proissenheads gute Kontakte nach Königs Wusterhausen zum Umfeld von United Skins,
 darunter Neonazi-Kader Carsten Szczepanski, der zu dieser Zeit bereits 
für den Verfassungsschutz tätig war. Szczepanski, alias Piatto, wurde später durch seine Unterstützungsarbeit für den NSU
 bekannt. Insbesondere der Kontakt zwischen Menzel und Szczepanski soll 
ein sehr enger und vertrauter Kontakt gewesen sein. Menzel war in dieser
 Zeit auch bei RechtsRock-Konzerten in Chemnitz, eines der 
Rückzugsgebiete des NSU, zugegen.
Diese befreundeten Neonazikreise besuchten sich bei gemeinsamen 
Fußballturnieren oder verabredeten sich zu politischen Veranstaltungen. 
Das gezielte (gewalttätige) Vorgehen gegen Andersdenkende, meist 
Antifaschist_innen, wie beim Überfall auf die anti-preußischen und 
anti-militaristischen Proteste gegen den Verein Lange Kerls 1998 und ein versuchter Angriff auf das Büro der Kampagne gegen Wehrpflicht, zeigt, wie sich diese Szene organisierte und koordinierte. Bereits im Vorfeld erhielten Mitglieder der Kampagne gegen Wehrpflicht telefonische Morddrohungen. Die Telefonate übte das Proissenheads-Mitglied Ilja Sch. aus. Bei einer Durchsuchung seiner Wohnung wurde daraufhin u.a. die Gründungserklärung einer Anti-Antifa Aktion Potsdam gefunden.
Auch Waffenfunde bei Hausdurchsuchungen 
im Sommer 2000 zeigten, wie sehr sich das neonazistische Milieu in ihren
 Handlungen radikalisierte. Neben den üblichen (neo)nazistischen 
Propagandamaterialien wurden vor allem scharfe Pistolen, eine 
Maschinenpistole, jeweils dazugehörige Munition sowie verschiedene 
Schlag- und Hiebwaffen gefunden.
Ein paar der Durchsuchungen fanden statt, weil sich Potsdamer Neonazis 
offenbar verabredet hatten, eine Demonstration der 
Hausbesetzer_innen-Szene am 9. Juli 2000, die unter dem Motto “Die Stadt
 sind wir alle – Für freie Lebens- und Kulturräume!!” stand, 
anzugreifen.
Über das Jahr verteilt bedrohten oder attackierten Neonazis in Potsdam 
mindestens 25 mal Menschen aus rassistischen oder antisemitischen 
Gründen oder weil sie “politische Gegner” waren.
Im Sommer 2000 wurden auch bei Uwe Menzel Schusswaffen sowie dazu 
passende Munition sichergestellt. Diese Waffen lagerte er zeitweise bei 
Carsten Szczepanski. Weiterhin waren Tino W. aus Potsdam, Ronny M. aus 
Zossen, Kerstin B. aus Königs Wusterhausen und Christian W. aus Potsdam 
involviert. Im Jahr 2002 wurde Menzel u.a. mit Tino W. und Carsten 
Szczepanski vor dem Potsdamer Amtsgericht wegen Waffenbesitz verurteilt.
Die Anschläge der Nationale Bewegung waren zu dieser Zeit, 
innerhalb der beschriebenen neonazistischen Strukturen Potsdams, 
Brandenburgs und Berlins, keine “Einzelfälle”.
Vor den Aktivitäten der Nationale Bewegung waren die NRZ – die National Revolutionäre Zellen – im Gebiet von Königs Wusterhausen aktiv und bauten Rohrbomben. Nach 2001 verübte die selbsternannte Gruppierung Combat 18
 in Berlin Sprengstoffanschläge auf jüdische Friedhöfe. Auch in 
Mecklenburg-Vorpommern führten Neonazis ab 2002 Anschläge durch, die in 
der Vorgehensweise eine Ähnlichkeit zur Nationalen Bewegung aufwiesen.
Diffuse Ahnungen
Das Muster der Anschläge unterscheiden sich sicherlich in der Vorgehensweise von denen des NSU,
 allerdings ist die Motivation gleich – gezielt Menschen, Orte, Gruppen 
anzugreifen, die nicht in ein menschenverachtendes, neonazistisches, 
antisemitisches, rassistisches Weltbild passen. Adressat ist dabei nicht
 der Staat und seine Strukturen sondern Jüd_innen, Türk_innen, Menschen 
mit sogenanntem Migrationshintergrund, bzw. nach einem deutsch-weißem 
rassistischen Weltbild als solche gelesene, sowie Antifaschist_innen. 
Ziel ist es bei ihnen Angst und Einschüchterung zu verbreiten.
Sven Sch., Uwe Menzel, Christian W. – diese Namen tauchen auch im Zusammenhang des NSU-Komplex
 und in den Verhören der verschiedenen Zeug_innen im dazugehörigen 
Strafprozess in München auf. Immer wieder, ob als Besucher auf 
Konzerten, bei denen auch das bisher bekannte direkte Umfeld des NSU
 anwesend war, oder auch als gute Freunde von direkten 
Unterstützer_innen, wie dem Sprengstofflieferanten Thomas Starke, oder 
dem Waffenlieferanten und V-Person Carsten Szczepanski, sind Potsdamer 
Neonazis in einem Kreis der Unterstützenden des NSU präsent.
Mit Sicherheit, wenn sie nicht gar direkt beteiligt waren, wusste und weiß dieses Umfeld und die Strukturen von Blood & Honour Brandenburg – Sven Sch., Dirk H., Stefan R., Uwe Menzel, Ilja Sch. – auch, welche Strukturen und Personen für die Anschläge der Nationale Bewegung
 verantwortlich waren. Waffenbesitz, Drohungen und Übergriffe auf 
Einrichtungen und Personen und eine entsprechende ideologische 
Ausrichtung waren kontinuierlich in diesem Personenkreis beobachtbar.
Damit einher ging auch immer eine Stilisierung der eigenen Aktivitäten, 
um Anerkennung und Glorifikation innerhalb der neonazistischen Szene zu 
erlangen. Die eigene Inszenierung als “Skinhead-Elite” sollte Nachahmer 
produzieren – ein Ansatz, der sich auch im Bekennervideo des NSU-Netzwerkes nachvollziehen lässt.
Bei der Betrachtung der zu dieser Zeit 
hochfrequenten Geheimdienst- und Spitzel-Aktivitäten (Carsten 
Szczepanski, Christian K., Sven Sch., Toni Stadler) in der Brandenburger
 Neonaziszene, fällt es schwer sich vorzustellen, dass die staatlichen 
Behörden nicht wussten und wissen, wer diese und andere Anschläge 
geplant und durchgeführt hat.
Da die öffentlich zugänglichen Quellen über die Nationale Bewegung
 weitestgehend erschöpft und neue Erkenntnisse durch Journalist_innen 
selten sind und weiterhin eine gesellschaftliche, geschweige denn 
politisch-staatliche, Auseinandersetzung über die Rolle der staatlichen 
Behörden in der causa Nationale Bewegung in weiter Ferne scheint, wenn sie überhaupt gewollt ist, bedarf es einer vehementen Forderung nach Aufklärung.
Dieser Artikel kann lediglich einige grobe Verbindungen aufzeigen, die 
im neonazistischen Milieu der 1990er und 2000er Jahre bestanden. Diffuse
 Ahnungen über personelle und strukturelle Zusammenhänge sowie das 
Nachvollziehen fragwürdiger Korrelationen von staatlichen Aktivitäten 
und neonazistischen Reaktionen, und umgekehrt, stellen sich nach einer 
Recherche in den zugänglichen (Presse-)Berichten und anderen Quellen 
schnell ein. Eine Aufdeckung des Milieus, das die Aktivitäten des NSU, der Nationale Bewegung
 und anderer neonazistisch-militanter Strukturen möglich gemacht hat, 
ist dabei jedoch nur durch die Offenlegung aller geheimdienstlicher 
Dokumente möglich.
Dass staatliche Behörden daran kein Interesse haben, wurde spätestens 
2005 klar – die Ermittlungen gegen fünfzehn mutmaßliche Mitglieder der Nationale Bewegung wurden ohne jegliche Ergebnisse eingestellt.
Die (bekannten) Aktivitäten der Nationale Bewegung:
01.01.2000 – Neonazis verschicken einen Drohbrief an ein Mitglied der Kampagne gegen Wehrpflicht. Darin drohen sie, “die Stadt Potsdam von roten Lumpen, allen voran Ihre Person, zu befreien.”.
30.01. – An einer Brücke an der Autobahn 115 stellen Neonazis eine mit einem Hakenkreuz bemalte Holztafel auf.
23./24.02. – Neonazis stellen auf dem jüdischen Friedhof in der Puschkinallee ein Holzkreuz mit einem Hakenkreuz sowie einer Aufschrift für den Nationalsozialisten Horst Wessel auf. Im Anschluss ruft einer der Täter_innen beim Radiosender “Radio Eins” an und bezichtigt sich und die Nationale Bewegung der Tat.
21./22.03. – An einer Eisenbahnbrücke hängen Neonazis ein mit einem Hakenkreuz und dem Schriftzug “21.03.1933”, in Bezug auf den sogenannten Tag von Potsdam, bemaltem Tuch auf. Die Neonazis hinterlassen ein Bekenner_innenschreiben.
28.03. – Neonazis verschicken einen Drohbrief an ein Mitglied der Kampagne gegen Wehrpflicht. Sie drohen “praktische Maßnahmen im Sinne des Wohles unseres deutschen Volkes” auf ihren vorherigen Drohbrief folgen zu lassen.
21.04. – An einem Baugerüst am Lerchensteig bringen Neonazis eine Hakenkreuzfahne an und hinterlassen ein Bekenner_innenschreiben. Anlass ist das Geburtsdatum Adolf Hitlers. Eine weitere Fahne mit nazistischen Inhalten bringen sie außerdem nur wenig entfernt, an der Bundesstraße 273, an.
08.05. – Anlässlich des “Tag des Sieges” bringen Neonazis in Mahlow ein hölzernes Hakenkreuz am Obelisken auf dem sowjetischen Ehrenfriedhof an. Sie hinterlassen ein Bekenner_innenschreiben in dem sie an die “gefallenen deutschen Kameraden im 2. Befreiungskrieg” erinnern wollen.
01.09. – Zwischen Ende August und Anfang September, mutmaßlich in der Nacht zum 1. September, beschmieren Neonazis einen sowjetischen Ehrenfriedhof in Glasow, Ortsteil von Malow, mit Hakenkreuzen, dem Wort “Mörder” sowie “Juden” und “Kommunisten”. Mehrere Grabsteine werden mit schwarzer Farbe beschmiert. Laut Bekenner_innenschreiben wollen die Neonazis “es nicht dulden, daß russischen Mördern, Kriegsverbrechern und Vergewaltigern mit solchen Ehrenmalen in unserem Land gedacht wird.”
19./20.09. – Neonazis beschmieren die Villa Grenzenlos, in der einige Tage zuvor die jüdische Volkshochschule eröffnete, mit der antisemitischen Parole “Juden raus” sowie Nazi-Symboliken. Sie hinterlassen außerdem ein Transparent mit einem durchgestrichenen Davidstern und ein Bekenner_innenschreiben.
21.09. – Neonazis setzen einen Imbisswagen in Stahnsdorf in Brand, der daraufhin komplett ausbrennt. Im hinterlassenen Bekenner_innenschreiben fordern sie “Kauft nicht bei Türken!!”
28.12. – In Trebbin setzen Neonazis einen Imbisswagen in Brand, der ebenfalls komplett ausbrennt. Die Täter_innen hinterlassen ein Bekenner_innenschreiben, in dem sie u.a. gegen eine “unarische Überbevölkerung” hetzen.
08.01.2001 – Neonazis setzen die Trauerhalle des jüdischen Friedhofs in Potsdam in Brand. Beim Feuer, das glücklicherweise von alleine erlöscht, wird das Eingangsportal sowie ein Teil der Fassade und des Innenraums zerstört. Die Täter_innen hinterlassen ein Bekenner_innenschreiben und fordern “Kampf dem Judentum”.
15.01. – In einem Paket, adressiert an ein Wohnheim für Jüd_innen, mit verdorbenem Schweinefleisch und beiliegendem Bekenner_innenschreiben drohen Neonazis: “Heute geht noch Schweinefleisch auf den Transport! Morgen werdet ihr es wieder sein!”.
30.01. – In einem Brief drohen Neonazis eine Veranstaltung von Serdar Somuncus Lesung von “Mein Kampf” im Hans-Otto-Theater anzugreifen und “das Blut derer [fließen zu lassen], welche meinen, sich mit der Teilnahme an der Veranstaltung gegen den größten deutschen Kanzler schmücken zu können.” – am 30. Januar 1933 wurde Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt. Die Lesung findet dennoch, unter verschärften Sicherheitsbedingungen, statt.
Am 7. Februar 2001 kommt es zu mehreren Wohnungsdurchsuchungen bei Neonazis in Potsdam und Teltow-Fläming. Unter dem Namen Nationale Bewegung finden daraufhin keine Propagandaaktionen oder Anschläge mehr statt. Zu ähnlichen Aktionen kommt es im Jahr 2001 dennoch.
In der Nacht zum 15. sowie zum 17. August hängen Neonazis Transparente 
anlässlich des 14. Todestages von Hitler-Stellvertreter Rudolf Hess Am 
Stern an der Nuthe-Schnellstraße sowie an einer Autobahnbrücke der A115 
in der Nähe von Drewitz auf. In der Nacht zum 17. August verkleben 
Neonazis im Stadtteil Am Stern außerdem Plakate und Sticker mit Bezug 
auf Rudolf Hess.
Lesenswerte Artikel und Publikationen zum Thema:
»Deliktserie« oder Vorstufe zum Rechtsterrorismus? – Antifaschistisches Infoblatt, Nr. 93 (Winter 2011)
https://www.antifainfoblatt.de/artikel/%C2%BBdeliktserie%C2%AB-oder-vorstufe…
Rechtsextremistische Strukturen in Potsdam – antifaschistische aktion potsdam (aapo), 2001
Terror-Strukturen – Heike Kleffner bei “Blick nach Rechts”, 22. Februar 2001
Kaum eingeschränkte Aktivitäten – Interview mit Bernd Wagner von Heike Kleffner, TAZ 22. Februar 2001
www.taz.de/1/archiv/?dig=2001/02/12/a0208

