Mehr als 25 Jahre räumliches Provisorium gehen zu Ende: Der Club Alpha 60, das älteste soziokulturelle Zentrum Baden-Württembergs, zieht bald in die Spitalmühlenstraße. Für den Club ergeben sich so neue Chancen.
Seit sechseinhalb Jahren sei sie im Amt, in dieser Zeit hätten sich bei ihr zwei Aktenordner gefüllt mit Unterlagen zu Standortsuche und Umzug des Club Alpha 60. "Die kulturelle Arbeit und Stellung des Clubs kamen in der Diskussion viel zu kurz", sagt Halls Bürgermeisterin Bettina Wilhelm bei einem Pressegespräch in ihrem Büro. Immer sei es um Finanzierung, Standort und Bau des Clubs gegangen, aber nicht "um die Inhalte, die der Club abdeckt".
Wilhelm spricht also über die Bedeutung des Clubs für das kulturelle
Leben in der Stadt. Sie nennt Freilichtspiele und Museen als Beispiele
für "hochangesiedelte Kultur" in Hall, doch es würden "Freiräume"
benötigt, "auch für Experimentelles". Hall brauche einen Ort wie den
Club Alpha, "an dem man eigene Vorstellungen von Kunst umsetzen kann",
an dem verschiedene kulturelle Richtungen "zusammenströmen". "Wir haben
in Hall eine starke Spartenkultur", sagt Wilhelm. Wie das Haus der
Bildung ein "melting pot", ein Schmelztiegel, sei, so solle es
Vergleichbares auch für die Kultur in Hall geben. Den Club Alpha sieht
Wilhelm dafür als prädestiniert an.
"Es gibt eine sehr hohe Nachfrage nach Ateliers"
Mit dem Umzug in die Spitalmühlenstraße kann der Club noch stärker zu einem kulturellen Schmelztiegel werden. In den neuen Räumen werden beispielsweise Ateliers vermietet, etwa für erwachsene Künstler oder kleinere Unterrichtsgruppen mit Kindern. "Das ist eine Besonderheit, diese Möglichkeit zu haben", sagt Ilona Trimborn-Bruns. Die Geschäftsführerin der Landesarbeitsgemeinschaft der Kulturinitiativen und Soziokulturellen Zentren in Baden-Württemberg (Laks) sitzt bei dem Pressegespräch im Rathaus mit am Tisch, ebenso wie Sabine Weller und Frieder Simpfendörfer vom Club Alpha. Die meisten Soziokulturellen Zentren hätten Angebote in den Bereichen Musik und Theater. Ateliers "sprechen nochmal ganz andere Leute an, das Netzwerk wird größer", sagt Trimborn-Bruns. Wilhelm ergänzt: "Es gibt eine sehr hohe Nachfrage nach Ateliers in der Stadt."
Ein breiteres kulturelles Angebot, mehr Veranstaltungsmöglichkeiten, Seminarräume, Ateliers und Werkstätten, Kooperationen mit anderen Gruppen - für den Club ergäben sich durch den Umzug neue Chancen. Zusätzliche Besuchergruppen würden angesprochen, der Zuspruch, auch im ehrenamtlichen Bereich, werde steigen. Im Club Alpha werde sich "einiges ändern", möglicherweise müssten hauptamtliche Stellen geschaffen werden, so Trimborn-Bruns. Im Moment aber arbeiten alle der etwa 50 aktiven Mitglieder unentgeldlich. "Ohne Ehrenamt geht nichts", sagt die "Laks"-Geschäftsführerin.
Auch bei dem Pressegespräch kommt die Rede also wieder auf den Umzug, aber das Thema ist nicht zu trennen von den Inhalten der Club-Arbeit. So seien die bisherigen Räume in der Stuttgarter Straße beispielsweise für Jazz-Konzerte ungeeignet. Die könnten in dem neuen Domizil wieder veranstaltet werden, sagt Simpfendörfer. Er betont, dass der Club die Preise "erschwinglich" halte, "wir sind nicht-kommerziell eingestellt".
Der Club zieht in eine städtische Immobilie, sie gehört der Grundstücks- und Wohnungsbaugesellschaft (GWG). Der "Laks" hatte dem Haller Club geraten, nicht das Risiko des Bauherrn zu übernehmen. Er tut es nun doch, "weil es Vertrauen zur Stadt" gebe, wie Simpfendörfer sagt.
Von der Vereinbarung profitiert auch die Kommune: Der Club saniert ein marodes städtisches Gebäude und hält es instand. Die Stadt gibt 470000 Euro für die Investition in das neue Domizil, vom Land kommen 245000 Euro, der Club steuert 85000 Euro bei. Dass er, der keine Hauptamtlichen beschäftigt, der Bauherr ist, sei eine "große Leistung, dazu gehört viel Mut", sagt Trimborn-Bruns.