Die Koalition hat sich auf das Asylpaket II geeinigt. Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU) begrüßt es als "wichtige Kurskorrektur".
Lange wurde gestritten, bis sich die Spitzen der Große Koalition am Donnerstagabend doch noch auf einen Kompromiss in der Flüchtlingspolitik einigen konnten. "Es ist eine gute Nachricht, dass das Asylrecht weiter verschärft werden soll", erklärte der Innensenator am Freitag in einem Statement. Die vereinbarten Maßnahmen seien ein wichtiger Schritt, um die Zahl der Asylbewerber, die nach Deutschland kommen, deutlich zu reduzieren.
Er verspreche sich vor allen von der geplanten Einstufung der Maghreb-Staaten Tunesien, Marokko und Algerien als sichere Herkunftstaaten "eine zusätzliche Entspannung", so Henkel weiter. Die Migration aus diesen Staaten müsse frühzeitig unterbunden werden. Vergleichbare Lösungen für die Westbalkanstaaten hätten sich bereits als wirksam erwiesen. Auch die Aussetzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz sei ein wirksames Mittel, um die Zahlen deutlich zu verringern, so Henkel.
Unzufriedenheit bei Woidke
Die Länder sind nach dem Gipfel trotzdem unzufrieden. Denn für die Integration von Flüchtlingen hat ihnen der Bund keine zusätzlichen Mittel in Aussicht gestellt. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) kritisierte die mangelnde Bereitschaft des Bundes, sich zur Hälfte an den Kosten der Finanzierung der Integration zu beteiligen. Bei dieser nationalen Aufgabe müsse der Bund 50 Prozent übernehmen, sagte Woidke am Freitag im Inforadio des RBB. Zur Zeit seien es nur 20 Prozent, meinte er nach dem Treffen der Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstagabend mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).
Bund und Länder vereinbarten am Donnerstagabend, einen Integrationsplan zu erarbeiten. Eine Arbeitsgruppe soll bis Ende Februar Eckpunkte und bis Ende März ein Konzept vorlegen.
Einigung über Familiennachzug
SPD und Union zeigen sich trotz gegenseitiger Zugeständnisse zufrieden mit der endgültigen Einigung der Großen Koalition auf das Asylpaket II. Kompromisse bedeuteten immer, "dass man nicht alles bekommt, was man gerne möchte", sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Die saarländische Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) nannte die Einigung ein "wichtiges Signal an die Bevölkerung", dass die Regierung handlungsfähig sei.
"Das Asylpaket II ist längst überfällig, inhaltlich wie zeitlich, erklärte Kramp-Karrenbauer. "Ich erwarte, dass diese Einigung jetzt unverzüglich in der Gesetzgebung umgesetzt wird." Im Hörfunksender Bayern 2 sprach sie am Freitagmorgen zudem von einem tragfähigen Kompromiss beim Familiennachzug. Schon am späten Donnerstagabend hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin erleichtert geäußert. Das sei ein guter Tag gewesen, sagte sie nach einer Reihe von Spitzentreffen.
Familiennachzug wird eingeschränkt
Der Einigung zufolge wird der Familiennachzug wie von der Union gefordert für subsidiär Schutzberechtigte für zwei Jahre ausgesetzt. Familienangehörige sollen aber vorrangig berücksichtigt werden, wenn wie angestrebt syrische Bürgerkriegsflüchtlinge aus Jordanien, dem Libanon oder der Türkei über Kontingente nach Deutschland geholt werden.
Subsidiär Schutzberechtigte gelten anders als nach der Genfer Flüchtlingskonvention anerkannte Asylsuchende als nicht systematisch verfolgt. Dennoch erhalten sie Schutz, weil ihnen im Heimatland durch Krieg, Folter oder Todesstrafe Gefahr droht. Auch ein Teil der Syrer erhielt in der Vergangenheit den eingeschränkten Schutzstatus.
Das Asylpaket II enthält neben der Regelung zum Familiennachzug spezielle Aufnahmezentren und Schnellverfahren für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive, niedrigere Hürden bei der Abschiebung Kranker und einen Abzug bei den Asylbewerberleistungen in Höhe von zehn Euro pro Monat für die Beteiligung an den Kosten der Integrationskurse. Flüchtlinge in der Ausbildung sollen zudem die Garantie erhalten, nach der Lehre zwei Jahre rechtssicher in Deutschland arbeiten zu dürfen. CDU, CSU und SPD einigten sich auch auf eine Erweiterung der Liste sicherer Herkunftsstaaten um Algerien, Marokko und Tunesien.