Lieferung ins Hainichener Asylheim verweigert

Erstveröffentlicht: 
30.12.2015

Der Fahrer einer Transportfirma sollte eine Tafel zum Wohnblock an den Ottendorfer Hang bringen. Als der Mann hörte, dass es sich um die Flüchtlingsunterkunft handelt, lehnte er dies ab.

 

Hainichen. Was Josef Kellermann vor wenigen Tagen erlebte, verschlägt ihm noch heute die Sprache. Dabei ist er durchaus sprachgewandt, denn der Hainichener gibt Deutschunterricht im Asylbewerberheim am Ottendorfer Hang. Den 21. Dezember wird der engagierte Ehrenamtler in keiner guten Erinnerung behalten. Und schon die Tage zuvor kam er mehrfach ins Grübeln.

 

In der Hainichener Asylunterkunft wurde dringend eine Unterrichtstafel benötigt, die bereits in der Woche vor Weihnachten geliefert werden sollte. Drei Tage in Folge kam der Lkw nicht, da der Fahrer angeblich die Adresse nicht fand. Am 21. Dezember schließlich erhielt Josef Kellermann einen Anruf. "Der Fahrer fragte mich, wohin er liefern soll. Und ich freute mich, dass wir nun offensichtlich die erste Hürde genommen hatten", erinnert sich Kellermann. Doch da hatte er die Rechnung ohne den Fahrer gemacht. Denn der habe laut Kellermann geantwortet: "Das ist doch das Asylantenheim mit den ganzen Kanaken. Nee, da bring ich nix hin."

 

Der Sprachlehrer blieb vorerst ruhig und sachlich. Er bat den Fahrer, sich an der Pforte zu melden und nach dem Heimleiter zu verlangen. Doch der Fahrer dachte gar nicht daran. "Das kannste knicken, da bring ich nix rein", erklärte er laut Aussage Kellermanns. "Ich wies ihn noch freundlich darauf hin, dass er innerhalb seiner Tätigkeit verpflichtet ist, die ihm zur Auslieferung übergebenen Gegenstände ordnungsgemäß bei der jeweiligen Lieferadresse abzugeben. Doch seine strikte Weigerung veranlasste mich dazu, mich in mein Auto zu setzen, um vor Ort am Ottendorfer Hang die Tafel selbst in Empfang zu nehmen", schildert Kellermann weiter.

 

Etwa zehn Minuten nach dem Anruf sei er am Wohnheim angekommen. "Der Herr saß in seinem Fahrzeug. Ich forderte ihn auf, die Auslieferung der Tafel nun vorzunehmen", so Kellermann. Doch der Fahrer habe daraufhin geantwortet: "In die Kanakenbude bringe ich nichts rein: Ich will doch keine Krätze oder sonst was für Seuchen kriegen."

 

Nachdem die Geschichte über das soziale Netzwerk Facebook bekannt wurde, schaltete sich neben vielen anderen Bürgern auch der Hainichener Bürgermeister Dieter Greysinger (SPD) in diese Auseinandersetzung ein und kontaktierte den Stammsitz der Spedition. "Die Mitarbeiter dort reagierten sehr schnell und distanzierten sich sehr deutlich von den Vorkommnissen am Ottendorfer Hang", so Greysinger. "Ich würde dem Fahrer gegenüber schon gern zum Ausdruck bringen, was ich von so viel Hass und Dummheit halte. Ich habe die betreffende Person wegen dieser Einstellung bereits vor einigen Wochen aus meiner Facebook-Freundesliste entfernt."

 

Auf Nachfrage der "Freien Presse" reagierte das Logistik-Unternehmen mit Befremden auf dieses Vorkommnis. "In unserem Unternehmen arbeiten Menschen unterschiedlichster Hautfarben, Muttersprachen und Religionen zusammen. Für Fremdenfeindlichkeit ist da kein Platz. Denn wir können unsere Aufgaben nur erfüllen, wenn alle Beschäftigten untereinander, aber auch mit Versendern und Empfängern partnerschaftlich zusammenarbeiten", sagte eine Sprecherin. Deshalb werde allen Diskriminierungsvorwürfen nachgegangen und entschieden, "ob oder welche Konsequenzen für die Betroffenen oder für das Unternehmen gezogen werden müssen".

 

Bei den konkreten Vorwürfen handele es sich allerdings nicht um einen Mitarbeiter ihres Unternehmens, dem man direkt weisungsbefugt sei, sondern um eine in dessen Auftrag tätige Transportfirma. "Darauf ziehen wir uns aber nicht zurück, sondern haben zunächst durch organisatorische Umstellungen dafür gesorgt, dass sich der Fall nicht wiederholen kann. Die Prüfung weiterer Schritte ist noch nicht abgeschlossen. Unabhängig davon ist klar, dass wir die im Raum stehenden Äußerungen ablehnen und nicht dulden. Bei den betroffenen Empfängern entschuldigen wir uns in aller Form und haben dies auch bereits persönlich getan", erklärte die Sprecherin.