Leipzigs Süden hat am Samstag die schwersten Ausschreitungen seit Jahren erlebt. Am Rande einer rechten Demonstration errichteten Gegendemonstranten brennende Barrikaden. Die Polizei setzt Wasserwerfer, Tränengas und Pfefferspray ein, es gab zahlreiche Verletzte. Der Tag im Ticker-Rückblick
Leipzig. Leipzigs Süden hat am Samstag am Rande einer Neonazi-Demonstration die schwersten Ausschreitungen seit Jahren erlebt. Bereits in der Nacht zuvor brannten an mehreren Stellen im Stadtgebiet aufgetürmte Autoreifen und Container. Zudem wurde das Büro des Landtagsabgeordneten Marco Böhme (Die Linke) mit Steinen angegriffen. Spätestens zum frühen Samstagnachmittag versank die Leipziger Südvorstadt und das angrenzende Connewitz dann in schweren Krawallen.
Ununterbrochen brannten bis zum Abend auf der Karl-Liebknecht-Straße Barrikaden, wurden die mit schwerem Gerät angerückten Polizisten von hunderten Vermummten mit Pflastersteinen angegriffen - unter anderem auf der Karl-Liebknecht-Straße, am Südplatz, auf der August-Bebel-Straße und in der Kochstraße. Eine Haltestelle der Leipziger Verkehrsbetriebe wurde zerstört, auch Fahrzeuge der Polizei wurden angegriffen. 69 Beamte wurden am Samstag verletzt, teilte die Polizei mit.
Die Behörde reagierte rigoros und ohne Rücksicht auch auf Unbeteiligte, lies frühzeitig Tränengas, Pfefferspray und Schlagstöcke einsetzen. Auch unter den mehreren Tausend friedlichen Gegendemonstranten gab es dadurch zahlreiche Verletzte. Mehrere Personen wurden am Samstag in Gewahrsam genommen, unter ihren auch der Jenaer Jugendpfarrer Lothar König, dem Landfriedensbruch vorgeworfen wurde.
Währenddessen konnten die von weiträumigen Polizeisperren abgeschirmten etwa 150 angereisten Neonazis von Die Rechte, Offensive für Deutschland und Thügida praktisch unbehelligt ihren Aufmarsch durchführen und ihre rechtsradikalen Parolen durch die Straßen brüllen.
Nach Ende der rechten Demonstration beruhigte sich die Lage allmählich. Die Karl-Liebknecht-Straße wurde mit Hilfe von Wasserwerfern und erneutem Einsatz von Tränengas geräumt. Danach verlagerte sich das Geschehen noch vereinzelt in den Stadtteil Connewitz. Wie eine Polizeisprecherin am Sonntagmorgen erklärte, brannten in der Nacht auf der Biedermannstraße noch einmal Container, an der Arno-Nietzsche-Straße wurde ein Baufahrzeug in Brand gesetzt und an der Bundesstraße 2 auf Höhe Connewitz wurde in einem Elektro-Verteilerkasten Feuer gelegt, so dass die Straßenbeleuchtung zwischenzeitlich ausfiel.
Die Ereignisse des Tages im Ticker-Rückblick .
++ 21.02 Uhr ++ Die Lage scheint sich derzeit beruhigt zu haben. Die Polizei fahre Streife und schütze verschiedene Objekte, registriere derzeit aber keine gewaltsamen Aktionen mher, sagte Polizeisprecher Andreas Loepki gegenüber LVZ.de.
++ 19.26 Uhr ++ Auch die Linken-Politikerin Juliane Nagel kritisiert die Gewalteskalation: „Gerade in der Nähe einer Unterkunft für Asylsuchende sind solche Eskalationen mehr als deplatziert. Hier haben einige scheinbar eine Art Ersatz-Beschäftigung für den verhinderten Protest gegen den Naziaufmarsch gesucht“, sagte sie am Samstagabend. Zugleich nannte Nagel aber auch den Polizeieinsatz an vielen Stellen unverhältnismäßig: „Mit Tränengasgeschossen und körperlicher Gewalt gegen Demonstrierende wurden an vielen Stellen Grenzen überschritten. Zum Ende hin wurden Straßen mit Wasserwerfern freigeräumt und willkürlich Menschen eingekesselt.“
++ 18.13 Uhr ++ Lothar König wird aus dem Gewahrsam entlassen
++ 17.35 Uhr ++ Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard jung äußert sich zu den Krawallen am Samstag: "Diese Gewalt von Anarchisten und sogenannten Autonomen ist schockierend. Hier waren Kriminelle am Werk, die vor nichts zurückschrecken. Das ist offener Straßenterror. Massive Verletzungen von Polizisten werden nicht nur in Kauf genommen, sondern offenbar angestrebt. Hier haben sich extreme Gewalttäter das Deckmäntelchen des Antifaschismus übergeworfen, um den Staat anzugreifen. Diese Kriminellen diskreditieren, unterlaufen und verhindern letztlich den so wichtigen, friedlichen Protest gegen Neonazis. Mein Dank gilt den (zu wenigen) Polizistinnen und Polizisten, die wieder einmal den Kopf hinhalten mussten. Mit allen friedlichen Demonstranten erwarte ich eine Stärkung der Polizeikräfte und unnachgiebige Verfolgung der Straftäter. "
++ 17.10 Uhr ++ Die Polizei zieht ein erstes kurzes Fazit zum Demogeschehen. Derzeit scheinen die verbliebenen Demonstranten Richtung Connewitz zu ziehen. Neben diversen Sachschäden an Haltestellen, Werbeschildern und Straßen will Polizeisprecher Andreas Loepki nicht ausschließen, dass auch Menschen verletzt wurden. Auch eine Verhaftung wurde bisher bestätigt. Dabei handelt es sich um den Jenaer Pfarrer Lothar König. Bei der Abreise der rechtspopulistischen Demonstranten habe es keine besonderen Vorkommnisse gegeben.
++ 16:55 Uhr ++ Die Polizei hat Kreuzung unter massivem Einsatz von Wasserwerfern Tränengas und Pfefferspray geräumt. Zahlreiche Demonstranten und Polizisten wurden verletzt.
++ 16:45 Uhr ++ Gewaltsame Räumung der Kreuzung beginnt.
++ 16.21 Uhr ++ Die Polizei hat ihre Kräfte an der Kreuzung Karl-Liebknecht-/Kurt-Eisner-Straße gesammelt und droht jetzt über Lautsprechermit gewaltsamer Räumung.
++ 15:59 Uhr ++ Die Ausschreitungen finden kein Ende, jetzt brennen in der Kochstraße Barrikaden.
++ 15.50 Uhr ++ Zum Abschluss laden die Redner bei den Neonazis die Teilnehmer ein, am Abend auf den Weihnachtsmarkt zu gehen. Dann ziehen sich die Rechten zur S-Bahn zurück.
++ 15.45 Uhr ++ Die Neonazidemo ist am Ausgangspunkt angekommen und wird beendet. Vom Band kommt: "Deutschland, Deutschland über alles..." in allen Strophen.
++ 15.39 Uhr ++ Die Polizei räumt die Kreuzung Karl-Liebknecht-/Kurt-Eisner-Straße mit Wasserwerfern.
++ 15.37 Uhr ++ Silvio Rößler kündigt auf der Neonazidemo an: "Wir kommen wieder."
++ 15.31 Uhr ++ Die Neonazi-Demo erreicht die Kurt-Eisner-Straße
++ 15.26 Uhr ++ Auf der Karl-Liebknecht-Straße brennen Barrikaden.
++ 15.18 Uhr ++ Rechtsextreme machen sich auf den Rückweg. Aus den Fenstern entlang der Arndtstraße kommt lauter Protest.
++ 15.15 Uhr ++ Zwischenkundgebung der Neonazis: Silvio Rösler spricht von patriotischem Widerstand. Sein Kompagnon Alexander Kurth trägt eine Nordkorea-Flagge.
++ 15.19 Uhr ++ An der Kochstraße attackieren Vermummte Polizeifahrzeuge mit Verkehrsschildern.
++ 15.18 Uhr ++ Polizei bestätigt gegenüber MDR, dass Beamte Lothar König verhaftet haben.
++ 15.07 Uhr ++ An der Anrdstraße tobt der Straßenkampf.
++ 15.02 Uhr ++ Rechte Demo erreicht auf der Bernhard-Göring-Straße die Kreuzung zur Arndstraße. Die Nazis skandieren: ""Knüppel aus dem Sack, auf das linke Lumpenpack".
++ 15.01 Uhr ++ Polizei geht nun gewaltsam gegen alle Gegendemonstranten vor. Karli verwandelt sich laut Beobachtern in ein Schlachtfeld. Massiver EInsatz von Tränengas und Rauchgranaten.
++ 15.00 Uhr ++ Während sich die Lage am Südplatz beruhigt, setzt die Polizei nun an der Kreuzung Karli-/Arndtstraße massiv Tränengas ein. Dann ziehen sich die Einsatzkräfte Richtung Norden zurück.
++ 14.55 Uhr ++ Polizei setzt Wasserwerfer auf dem Südplatz ein. Polizisten treiben Gegendemonstranten auseinander.
++ 14.47 Uhr ++ Die Neonazis erreichen die Kreuzung Kurt-Eisner-/Arthur-Hoffmann-Straße. Sie werden von einem Pfeiffkonzert empfangen.
++ 14.45 Uhr ++ Auch am Südplatz sammeln sich zahlreiche Gegendemonstranten, die über die Schenkendorfstraße in Richtung Arthur-Hoffmann-Straße laufen wollen. Dort stehen Polizisten. Einige Nazigegner werfen Böller und Flaschen.
++ 14.42 Uhr ++ Der Naziaufzug marschiert los. Aus Hinterhöfen entlang der Kurt-Eisner-Straße fliegen Böller und Steine.
++ 14.37 Uhr ++ Die Rechtsextremen machen sich abmarschbereit. Auf der Kurt-Eisner-Straße schleppen Gegendemonstranten Bauzäune auf die Straße. Die Polizei führt derweil unter anderem auf der Karl-Liebknecht-Straße intensive Personenkontrollen durch. Beobachtern zufolge wurde dabei an der Ecke Schenkendorstraße ein Demonstrant in Gewahrsam genommen.
++ 14.30 Uhr ++ Vor der Distillery hat die Rechte mit ihrer Auftaktkundgebung begonnen.
++ 14.12 Uhr ++ Auf der Brücke über der S-Bahnhaltestelle MDR haben sich rund 100 schwarz vermummte Neonazis zum loslaufen aufgestellt.
++ 14.05 Uhr ++ Auf der Kurt-Eisner-Straße werden Müllcontainer in Brand gesetzt. Anwohner löschen, die Feuerwehr rückt mit einem Fahrzeug an.
++ 14.00 Uhr ++ Die Straßenbahnen auf der Karl-Liebknecht-Straße fahren inzwischen nicht mehr. Die Polizei hat am Münzplatz eine Absperrung errichtet.
++ 13.50 Uhr ++ Auf der Kreuzung Arthur-Hoffmann-/Kurt-Eisner-Straße haben sich Gegendemonstranten zu einer Sitzblockade formiert. Sie werden sofort von Polizisten umstellt.
++ 13.49 Uhr ++ Auf der Karl-Liebknecht-Straße bietet sich jetzt ein Bild der Verwüstung. Absperrungen der Haltestelle an der Ecke Kurt-Eisner-Straße wurden zerstört, Werbeaufsteller entglast. Auf der Straße liegen Steine. Nachdem sich die Tränengas-Schwaden verzogen haben, ist die Süd-Meile aber auch wieder voller Menschen.
++ 13.15 Uhr ++ Rund 50 vermummte Gegendemonstranten wollten vom Südplatz aus über die Karl-Liebknecht-Straße in Richtung Süden ziehen. An der Ecke zur Kurt-Eisner-Straße kam es zur Auseinandersetzung mit der Polizei. Einige Gegendemonstranten warfen Böller auf die Beamten. Die Einsatzkräfte antworteten mit Tränengas. Nach ersten Erkenntnissen wurden zahlreiche Personen von den Tränengaswolken verletzt.
++ 12.42 Uhr ++ Unseren Schätzungen nach sind bisher etwa 150 bis 200 Teilnehmer der rechten Demos an der S-Bahn-Haltestelle unweit des MDR angekommen. Die Polizei führt hier Personenkontrollen durch. Einige Gegendemonstranten haben sich in Sichtweite auch eingefunden. Die Rechten rufen: "Springt doch runter". Anschließend werden die Gegner von Beamten umstellt.
++ 12.26 Uhr ++ Die erste Gegendemonstration "Nieder mit dem Ba'ath-Regime in Syrien" hat auf der Arthur-Hoffmann-Straße begonnen. Bisher sind etwa 100 Teilnehmer dabei.
++ 12.20 Uhr ++ Die ersten Teilnehmer der rechten Demonstrationen sind in Leipzig angekommen, teilt die Polizei auf Twitter mit. Laut Augenzeugen sollen die Anhänger von OfD, Die Rechte und Thügida teilweise vermummt an der S-Bahn-Haltestelle unweit des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) warten. Auch Christian Worch (Die Rechte) soll unter den Ankommenden schon gesichtet worden sein.
++ 12.02 Uhr ++ Die Polizei ist bereits seit Stunden im Stadtgebiet aktiv, wird die Demonstrationen heute mit einem Großaufgebot absichern. Dazu gehören, Augenzeugen zufolge, auch Reiterstaffeln, vier Wasserwerfer und zwei gepanzerte Räumfahrzeuge. Seitenstraße rings um die Demo-Route der Rechten werden abgesperrt.
++ 11.49 Uhr ++ Achtung Autofahrer: "Aufgrund von Straßensperrungen wird es auf Semmelweisstr. und Karli zu Verkehrsbehinderungen kommen. Bitte weiträumig umfahren", teilt die Polizei gerade mit. Und die Buslinien 60 und 74 der Leipziger Verkehrsbetriebe umfahren ab sofort die Arthur-Hoffmann-Str. über die Richard-Lehmann-Straße. Weitere Infos zu aktuellen Behinderungen im ÖPNV auf lvb.de.
++ 11.40 Uhr ++ An mehreren Stellen im Stadtgebiet wurden in der vergangenen Nacht Autoreifen, Absperrungen und Mülltonnen angezündet. Vor dem Soziokulturzentrum Conne Island soll ein Berg mit hunderten Reifen in Flammen aufgegangen sein, so die Polizei. Auch nach Schleußig, Reudnitz und zum Connewitzer Kreuz musste die Feuerwehr ausrücken, um Brände zu löschen.
++ 11. 35 Uhr ++ In der vergangenen Nacht haben Unbekannte das Büro des Landtagsabgeordneten Marco Böhme (Die Linke) mit Pflastersteinen angegriffen. Die Frontscheiben wurden zerstört, verletzt wurde niemand. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen aufgenommen. „Ich lasse mich nicht von den Faschos einschüchtern“, schrieb Böhme anschließend auf Twitter.
++ 11.22 Uhr ++ Bereits am Freitagabend kamen hunderte Gegner der rechten Aufmärsche auf der Karl-Liebknecht-Straße zu einer Spontandemo zusammen. Der kurze Marsch blieb friedlich. Es soll aber Musik mit volksverhetzendem Charakter abgespielt worden sein, so eine Polizeisprecherin. Es wurde Anzeige erstattet.
++ 11.21 Uhr ++ Insgesamt zehn Gegendemonstrationen wurden bei der Stadtverwaltung angezeigt – darunter von Gruppen wie „Leipzig nimmt Platz“ und „Für das Politische“, aber auch vom Soziokulturzentrum Werk II, von den Studenten der Hochschule für Technik und Kultur (HTWK) sowie von der evangelische Gemeinde. Einen Überblick über alle Demos gibt es hier.
++ 11.18 Uhr ++ Ursprünglich hatten die rechten Gruppen Offensive für Deutschland (OfD), Die Rechte und Thügida geplant, mit einem Sternmarsch durch Connewitz zu laufen. Aufgrund der Sicherheitslage verfügte die Kommune aber eine Verlegung, Verkürzung und Reduzierung des Sternmarsch auf einen etwa 600 Meter langen Korridor. Startpunkt ist um 14 Uhr an der Kurt-Eisner-Straße zwischen Altenburger Straße und Lößniger Straße. Danach können die Rechten auf der Arthur-Hoffmann-Straße bis zur Ecke Arndtstraße laufen.