CDU-Spitze einigt sich auf Kompromiss

Erstveröffentlicht: 
14.12.2015
Eine neue Formulierung soll beim Parteitag in Karlsruhe für Einmütigkeit in der Flüchtlingsfrage sorgen

Von Jörg Blank

 

Karlsruhe. Die CDU-Spitze geht nach heftigem Ringen um die Flüchtlingspolitik von Kanzlerin Angela Merkel in letzter Minute doch noch geschlossen in den Parteitag in Karlsruhe. Der CDU-Vorstand fand am Sonntagabend mit den Kritikern fast einstimmig eine Kompromissformel für seinen Asyl-Leitantrag.

 

Merkel äußerte sich danach zufrieden und betonte, dass es bei ihrem Kurs gegen eine Obergrenze für die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland bleibe. Die Junge Union zog ihren Antrag zu einer Obergrenze am Abend zurück. JU-Chef Paul Ziemiak sagte: „Das Zeichen, dass unsere Möglichkeiten endlich sind, haben wir erreicht.“

 

Die zentrale Passage im Leitantrag, die den Streit entschärfen soll, lautet nun: „Wir sind entschlossen, den Zuzug von Asylbewerbern und Flüchtlingen durch wirksame Maßnahmen spürbar zu verringern. Denn ein Andauern des aktuellen Zuzugs würde Staat und Gesellschaft auch in einem Land wie Deutschland dauerhaft überfordern.“ Ferner sollen die Kontrollen an den Grenzen „gegebenenfalls“ intensiviert werden. CDU-Generalsekretär Peter Tauber betonte, dies diene der Sicherheit und sei kein Instrument, um Menschen an der Grenze zurückzuweisen.

 

In dem am Donnerstag vorgestellten Vorstandspapier hatte es lediglich geheißen: „Deutschland hat starke Schultern und ist bereit, seinen Teil der Verantwortung zu übernehmen. Doch kein Land, auch nicht Deutschland, kann eine solche Hoffnung alleine erfüllen.“ Ferner erklärte Tauber: „Es ging nicht darum, einen möglichen Verlierer aus einer Diskussion herauszufinden.“ Es sei eine gute Formulierung gefunden worden, die es Kritikern erlaube, sich in dem Antrag wiederzufinden. Er machte deutlich, dass er mit einem besseren Ergebnis als einer Dreiviertelmehrheit für das Papier rechne. „Christdemokraten sollten sich nicht an den Sozis orientieren. Das ist nicht unsere Flughöhe“, sagte Tauber auf die Frage, ob eine Mehrheit von 74,3 Prozent ausreichend sei, wie sie SPD-Chef Sigmar Gabriel in der vergangenen Woche bei seiner Wiederwahl erhalten hatte.

 

Merkel sagte am Sonntagabend in der ARD: „Wir haben einen Kurs gefunden, der dem entspricht, was mein Ansatz ist.“ Gleichzeitig habe man die Sorgen der Menschen aufgenommen und deutlich gemacht, dass man den Flüchtlingszuzug spürbar reduzieren wolle. „Das Wort ,begrenzen’ kommt nicht vor. Es geht um verringern oder reduzieren.“ Gefragt, ob sie am heutigen Montag bei dem Parteitag mit einer Abrechnung der Delegierten mit ihrer Flüchtlingspolitik rechne, antwortete sie: „Das erwarte ich nicht.“

 

Der Vorsitzende des Unions-Mittelstands (MIT), Carsten Linnemann (CDU), sprach von einem Signal der Begrenzung. „Es wird gesagt, wenn es so bleibt, wie es jetzt ist, ist Deutschland überfordert.“ Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU), der ebenfalls eine Obergrenze verlangt hatte, sprach von einem sehr guten Kompromiss. Er bilde ab, dass Deutschland „eine Aufnahmegrenze“ habe.

 

CDU-Antrag: Integration soll Pflicht werden

 

Ein Integrationspflichtgesetz soll nach Plänen der rheinland-pfälzischen CDU dazu beitragen, dass Flüchtlinge Deutsch lernen und sich schneller der Kultur ihres Gastlandes öffnen. „Integration darf kein Zufall sein“, sagt die CDU-Landesvorsitzende Julia Klöckner, Spitzenkandidatin ihrer Partei bei der Landtagswahl im März 2016.

 

Die 1000 Delegierten der Bundes-CDU werden den Vorstoß dem Vernehmen nach wohl mit einer breiten Mehrheit unterstützen. Danach soll etwa ein Fernbleiben vom Deutschkurs die Kürzung sozialer Leistungen zur Folge haben. Auch zugewanderte Frauen sollen ausdrücklich aufgefordert werden, Deutsch zu lernen – ungeachtet möglicher kultureller Vorbehalte oder Rollenverständnisse. Auf die Kinder können auch mal die Männer aufpassen“, sagte Klöckner. Die CDU will auch die Ablehnung eines religiösen Richtertums und einer Ganzkörperverschleierung für Frauen betonen.