Leipzig. Private Sicherheitsdienste in Mitteldeutschland suchen händeringend neue Mitarbeiter. Die Absicherung von Flüchtlingsunterkünften und die zunehmende Unsicherheit seit den Terroranschlägen in Paris habe die Nachfrage nach privatem Wachschutz enorm angeheizt, teilte der Bundesverband der Sicherheitswirtschaft mit. Etwa jedes dritte der bundesweit 900 Mitgliedsunternehmen sei in den zurückliegenden Tagen angefragt worden, doch die Firmen sind meist überfordert.
„Der Markt für geeignete Mitarbeiter ist praktisch leer gefegt“, konstatierte Harald Meßner. Der Vorsitzende des sächsischen Landesverbandes, der drei Viertel der Firmen mit insgesamt 12 000 Sicherheitsleuten in Sachsen vertritt, spricht von bundesweit 5000 offenen Stellen. Rund 500 sind derzeit in Sachsen und Thüringen unbesetzt. Selbst Quereinsteiger aus anderen Berufen könnten sich jederzeit über die Arbeitsagentur oder direkt bei den Unternehmen bewerben.
Personelle Engpässe gibt es auch bei der Leipziger Firma Arlt Wach-, Schließ- und Schutzdienst GmbH. Bei bestehenden Verträgen wollten einige Auftraggeber jetzt zusätzliche Objekte sichern oder die Anforderungen an den Objektschutz erhöhen. „Aber mehr Kontrollen von Personen oder Fahrzeugen sind ohne zusätzliches Personal kaum zu erfüllen“, sagte Firmenchef Hendrik Arlt.
Durch den Flüchtlingszustrom seien die Anforderungen in der Ausbildung und im Dienst enorm gestiegen. „Die Verdienstaussichten hinken dieser Realität leider hinterher“, nennt Meßner einen möglichen Grund für den Personalmangel. Um die neun Euro Stundenlohn winken angehenden Objektschützern. „Das deckt den Aufwand in keiner Weise“, betonte Sachsens Landesverbandschef. Deeskalationstraining, Einweisung in soziale und kulturelle Besonderheiten der Flüchtlinge, Schutzimpfungen, doppelt besetzte Schichten, Stichschutzwesten und ähnlicher Mehraufwand kosteten Geld. Meßner appellierte an Landkreise und Kommunen, nicht nach den billigsten Angeboten Ausschau zu halten. „Stattdessen sollte die Qualität, die eine Sicherheitsfirma bietet, den Ausschlag geben.“
Gleichzeitig sprach sich der Branchenverband für eine gründlichere Überprüfung aller Mitarbeiter aus, um „schwarze Schafe“ mit ausländerfeindlichen oder radikalen Einstellungen auszufiltern. „Dabei sind wir auf die Zuarbeit von anderen Behörden wie dem Verfassungsschutz angewiesen“, so Meßner. Im kommenden Frühjahr will sich der Bundesverband in Dresden mit weiteren Job-voraussetzungen wie interkultureller Kompetenz oder Fremdsprachenkenntnissen der Mitarbeiter befassen, um beispielsweise bei religiösen Streitigkeiten effektiver eingreifen zu können.
Wegen der anhaltenden Zuwanderung will Sachsens Landesregierung 550 zusätzliche Wachpolizisten einsetzen. Die Landesbediensteten werden laut Innenministerium ab dem Frühjahr beim Objektschutz und der Personenbewachung in den 45 Erstaufnahmeeinrichtungen eingesetzt. Die Kosten für die Wachpolizei, die bis 2020 existieren soll, betragen für die Erstausstattung rund vier Millionen Euro, die Einsatzkräfte selbst kosten dann rund 23 Millionen pro Jahr.