Gewaltverherrlichend: Distanzieren sich die Freiburger Studenten von diesem Blogpost?

Falsch Verbunden
Erstveröffentlicht: 
27.11.2015

Mega-Streit um einen Satz: Ein StuRa-AK hat Angriffe auf Verbindungsstudenten verharmlost. Jetzt stimmen die Fachbereiche der Uni Freiburg über die Folgen ab: Distanzieren sich die Studierenden der Uni Freiburg von einem Blogpost mit einem gewaltverherrlichenden Satz, der vor etwa einem Monat auf dem verbindungskritischen Blog falsch-verbunden.net stand? Darüber haben sie in ihren Fachbereichssitzungen derzeit zu entscheiden - denn offiziell ist falsch-verbunden.net ein Arbeitskreis der Studierendenvertretung.

 

Ein weitergehender Antrag möchte dem AK gleich die komplette ideelle Unterstützung - im Wesentlichen ein Postfach im Studierendenhaus - entziehen. Vier seiner wöchentlichen Sitzungen brauchte der Studierendenrat (StuRa), bevor der Antrag am 24. November zur Abstimmung in die Fachbereiche gegeben werden konnte.


Was war geschehen?

 

In der Nacht auf den 1. November überfielen etwa 25 Unbekannte das Haus der Landsmannschaft Neoborussia im Stadtteil Herdern. Dort traf sich das "Silberkartell", eine Unterorganisation des Coburger Convents. Es kam zu Handgreiflichkeiten, ein Bierkrug ging zu Bruch, Polizei und Krankenwagen rückten an, zwei Personen wurden verletzt. Am 2. November berichtete fudder, darauf erschien dieser Blogpost:

Schon in der Studierendenratssitzung am nächsten Tag beschäftigte sich die Studierendenvertretung offiziell mit diesem Satz daraus, der am Tag der Sitzung wieder gelöscht wurde:

"Wir freuen uns jedenfalls über ein so beherztes Eingreifen."


Die Liberale Hochschulgruppe (LHG) beantragte, sich von dem Blogpost zu distanzieren. Hier hätte das Thema erledigt sein können, denn darüber herrschte weitestgehende Einigkeit. Das bestätigen mehrere StuRa-Mitglieder, die ungenannt bleiben möchten.

Aber dann stellte der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) den Änderungsantrag, dem AK gleich die ganze Unterstützung zu entziehen. Der RCDS warf dem AK, der mit seiner Website "einen kritischen Blick auf das Verbindungswesen in Freiburg werfen" will, Einseitigkeit vor.

 

Der Antrag wurde immer wieder vertagt

 

Damit begann eine Debatte, die sich über vier StuRa-Sitzungen hinzog. Immer wieder wurde das Thema nach langer Diskussion vertagt. "Falsch Verbunden wurde noch einmal angeschrieben, aber es kam noch einmal keine Antwort", heißt es in einem der Protokolle.

Dafür waren ab der Sitzung vom 10. November einige Verbindungsstudierende anwesend, die die Sitzung streckenweise durch Zustimmung oder Ablehnung zu einzelnen Redebeiträgen lautstark gestört haben sollen. "So wie die aufgetreten sind, hätte ich mich auch nicht zu erkennen gegeben, wenn ich bei Falsch Verbunden wäre", so ein StuRa-Mitglied.

In der StuRa-Sitzung vom 24. November stand das Thema zum inzwischen vierten Mal auf der Tagesordnung - diesmal mit einer schriftlichen Stellungnahme des AK, die allerdings unter Ausschluß der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Nach fudder-Informationen erläutert der AK darin, dass ein einzelnes Mitglied den ursprünglichen Blogpost verfasst habe. Die Stelle, an der er die Gewalttaten begrüßt, sei im AK jedoch nicht mehrheitsfähig gewesen. Deshalb habe man den Post geändert.

Ferner begründe der AK sein Fernbleiben mit seiner Angst um die eigene Sicherheit: Es seien Verbindungsstudierende anwesend gewesen, die der "rechtsextremen Szene" angehörten oder zumindest Kontakt zu dieser hätten. Gemeint sind unter anderem die AfD und ihre Jugendorganisation JA.

Namentlich werde dabei unter anderem ein Freiburger Rechtsanwalt genannt. Pikant: Bei der StuRa-Sitzung am 24. November war dieser Anwalt anwesend - bis zum Ausschluß der Öffentlichkeit.

Ihn habe das Thema der StuRa-Sitzung "einfach interessiert", so der Anwalt. Manche StuRa-Mitglieder bezeichnen sein Erscheinen jedoch als gezielten Einschüchterungsversuch. Vor einigen Jahren hat "Falsch Verbunden" ihn inklusive Foto als Mitglied einer Burschenschaft öffentlich bekannt gemacht.

 

Kurze Debatte in vierter Sitzung

 

Nach der nichtöffentlichen Vorstellung der Stellungnahme und einer Fragerunde wurde die Debatte öffentlich fortgesetzt. Allerdings hatte sich das Gremium zuvor auf einen buchstäblich kurzen Prozess geeinigt: 15 Minuten Debatte, eine Minute Redezeit, keine geräuschvollen Zustimmungsbekundungen.

Einige Ratsmitglieder verdeutlichten erneut ihre Positionen, die Antragsteller hielten die Stellungnahme für nicht ausreichend. Dem widersprachen mehrere Mitglieder: Alle Fragen seien beantwortet worden. Vor allem zeige die Stellungnahme, warum eine weitere Unterstützung verbindungskritischer Arbeit wichtig sei.

Anschließend machten einige Verbindungsstudierende ihrem Ärger vor dem Sitzungssaal Luft. "Ich finde es schade, dass diese Leute kritisch berichten wollen, aber keinen Dialog mit uns suchen. Wie soll man denn über etwas kritisch berichten, das man nur von außen sieht? Es ist doch viel sinnvoller, es von innen zu sehen", sagte ein Mitglied der Burschenschaft Saxo-Silesia.

"Es geht nicht darum, dass wir keine Kritik hören möchten, Kritik ist richtig und wichtig. Sie sollte aber in einem gewaltfreien Dialog geäußert werden - der öffentlich ist, und nicht hinter verschlossenen Türen", so eine Verbindungsstudentin der AV Merzhausia. "Die kommen nicht, weil sie Angst vor uns haben. Aber wir sind ja auch hier, obwohl wir angegriffen wurden."

Auch in den Sitzungen hatten Gäste "Falsch Verbunden" immer wieder mit den Tätern in Verbindung gebracht. Dabei könnte in der Beantwortung der Frage, wer die Angreifer waren, noch Überraschungspotential stecken: Wie fudder bereits berichtete, schließt die Polizei tatsächlich weitestgehend aus, dass der Angriff auf die Neoborussia aus der linken Szene kam. Sie ermittelt nun in der "normalen Studentenschaft". In Betracht kämen auch andere Verbindungen.