Mega-Streit um einen Satz: Ein StuRa-AK hat Angriffe auf Verbindungsstudenten verharmlost. Jetzt stimmen die Fachbereiche der Uni Freiburg über die Folgen ab: Distanzieren sich die Studierenden der Uni Freiburg von einem Blogpost mit einem gewaltverherrlichenden Satz, der vor etwa einem Monat auf dem verbindungskritischen Blog falsch-verbunden.net stand? Darüber haben sie in ihren Fachbereichssitzungen derzeit zu entscheiden - denn offiziell ist falsch-verbunden.net ein Arbeitskreis der Studierendenvertretung.
Ein weitergehender Antrag möchte dem AK gleich die komplette ideelle Unterstützung - im Wesentlichen ein Postfach im Studierendenhaus - entziehen. Vier seiner wöchentlichen Sitzungen brauchte der Studierendenrat (StuRa), bevor der Antrag am 24. November zur Abstimmung in die Fachbereiche gegeben werden konnte.
Was war geschehen?
In der Nacht auf den 1. November überfielen etwa 25 Unbekannte das 
Haus der Landsmannschaft Neoborussia im Stadtteil Herdern. Dort traf 
sich das "Silberkartell", eine Unterorganisation des Coburger Convents. 
Es kam zu Handgreiflichkeiten, ein Bierkrug ging zu Bruch, Polizei und Krankenwagen rückten an, zwei Personen wurden verletzt. Am 2. November berichtete fudder, darauf erschien dieser Blogpost:
Schon
 in der Studierendenratssitzung am nächsten Tag beschäftigte sich die 
Studierendenvertretung offiziell mit diesem Satz daraus, der am Tag der 
Sitzung wieder gelöscht wurde:
"Wir freuen uns jedenfalls über ein so beherztes Eingreifen."
Die Liberale Hochschulgruppe (LHG) beantragte, sich von dem Blogpost zu distanzieren. Hier hätte das Thema erledigt sein können, denn darüber herrschte weitestgehende Einigkeit. Das bestätigen mehrere StuRa-Mitglieder, die ungenannt bleiben möchten.
Aber
 dann stellte der Ring Christlich-Demokratischer Studenten (RCDS) den 
Änderungsantrag, dem AK gleich die ganze Unterstützung zu entziehen.
 Der RCDS warf dem AK, der mit seiner Website "einen kritischen Blick 
auf das Verbindungswesen in Freiburg werfen" will, Einseitigkeit vor.
Der Antrag wurde immer wieder vertagt
Damit begann eine Debatte, die sich über vier StuRa-Sitzungen hinzog. Immer wieder wurde das Thema nach langer Diskussion vertagt. "Falsch Verbunden wurde noch einmal angeschrieben, aber es kam noch einmal keine Antwort", heißt es in einem der Protokolle.
Dafür
 waren ab der Sitzung vom 10. November einige Verbindungsstudierende 
anwesend, die die Sitzung streckenweise durch Zustimmung oder Ablehnung 
zu einzelnen Redebeiträgen lautstark gestört haben 
sollen. "So wie die aufgetreten sind, hätte ich mich auch nicht zu 
erkennen gegeben, wenn ich bei Falsch Verbunden wäre", so ein 
StuRa-Mitglied.
In der StuRa-Sitzung vom 24. November stand das 
Thema zum inzwischen vierten Mal auf der Tagesordnung - diesmal mit 
einer schriftlichen Stellungnahme des AK, die allerdings unter Ausschluß der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.
Nach
 fudder-Informationen erläutert der AK darin, dass ein einzelnes 
Mitglied den ursprünglichen Blogpost verfasst habe. Die Stelle, an der 
er die Gewalttaten begrüßt, sei im AK jedoch nicht mehrheitsfähig 
gewesen. Deshalb habe man den Post geändert.
Ferner begründe der AK sein Fernbleiben mit seiner Angst um die eigene Sicherheit:
 Es seien Verbindungsstudierende anwesend gewesen, die der 
"rechtsextremen Szene" angehörten oder zumindest Kontakt zu dieser 
hätten. Gemeint sind unter anderem die AfD und ihre Jugendorganisation 
JA.
Namentlich werde dabei unter anderem ein Freiburger Rechtsanwalt genannt. Pikant: Bei der StuRa-Sitzung am 24. November war dieser Anwalt anwesend - bis zum Ausschluß der Öffentlichkeit.
Ihn
 habe das Thema der StuRa-Sitzung "einfach interessiert", so  der 
Anwalt. Manche StuRa-Mitglieder bezeichnen sein Erscheinen jedoch  als 
gezielten Einschüchterungsversuch. Vor einigen Jahren hat "Falsch Verbunden" ihn inklusive Foto als Mitglied einer Burschenschaft öffentlich bekannt gemacht.
Kurze Debatte in vierter Sitzung
Nach der nichtöffentlichen Vorstellung der Stellungnahme und einer 
Fragerunde wurde die Debatte öffentlich fortgesetzt. Allerdings hatte 
sich das Gremium zuvor auf einen buchstäblich kurzen Prozess geeinigt: 15 Minuten Debatte, eine Minute Redezeit, keine geräuschvollen Zustimmungsbekundungen.
Einige
 Ratsmitglieder verdeutlichten erneut ihre Positionen, die Antragsteller
 hielten die Stellungnahme für nicht ausreichend. Dem widersprachen 
mehrere Mitglieder: Alle Fragen seien beantwortet worden. Vor allem 
zeige die Stellungnahme, warum eine weitere Unterstützung 
verbindungskritischer Arbeit wichtig sei.
Anschließend machten einige Verbindungsstudierende ihrem
 Ärger vor dem Sitzungssaal Luft. "Ich finde es schade, dass diese Leute
 kritisch berichten wollen, aber keinen Dialog mit uns suchen. Wie soll 
man denn über etwas kritisch berichten, das man nur von außen sieht? Es 
ist doch viel sinnvoller, es von innen zu sehen", sagte ein Mitglied der
 Burschenschaft Saxo-Silesia.
"Es geht nicht darum, dass wir 
keine Kritik hören möchten, Kritik ist richtig und wichtig. Sie sollte 
aber in einem gewaltfreien Dialog geäußert werden - der öffentlich ist, 
und nicht hinter verschlossenen Türen", so eine Verbindungsstudentin der
 AV Merzhausia. "Die kommen nicht, weil sie Angst vor uns haben. Aber 
wir sind ja auch hier, obwohl wir angegriffen wurden."
Auch in 
den Sitzungen hatten Gäste "Falsch Verbunden" immer wieder mit den 
Tätern in Verbindung gebracht. Dabei könnte in der Beantwortung der 
Frage, wer die Angreifer waren, noch Überraschungspotential stecken: Wie
 fudder bereits berichtete,
 schließt die Polizei tatsächlich weitestgehend aus, dass der Angriff 
auf die Neoborussia aus der linken Szene kam. Sie ermittelt nun in der 
"normalen Studentenschaft". In Betracht kämen auch andere Verbindungen.

