Ein Jugendtrainer kandidiert für die NPD. Dieser Fall beunruhigt einen Turnverein bei Singen. Wir haben nachgefragt, wie südbadische Vereine reagieren würden – und welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen.
Siegfried Pauly ist Leiter der Boxabteilung beim Turnverein Bietingen 
nahe der deutsch-schweizerischen Grenzen. Dort trainiert er besonders viele Kinder mit Migrationshintergrund. Und Pauly ist NPD-Kandidat für die Wahlkreise Singen und Konstanz.
		
								
				
Der Sportverein, bei dem Pauly seit zwei Jahren tätig ist, wusste von 
der rechtsradikalen Orientierung seines Trainers nach einem Bericht des 
Südkuriers bis vor wenigen Wochen nichts. Seit einem anonymen Hinweis 
herrscht nun Unruhe. Ein Vater wird zitiert: "Pauly ist ein bundesweit 
bekannter Aktivist aus der Neonazi-Szene. Aus diesem Grund werde ich 
meinen Sohn dort nicht zum Training anmelden." Ein Boxtraining wurde nach Medienberichten in dieser Woche bereits abgesagt. Wie es weitergeht, ist noch nicht klar: ein Gespräch zwischen Trainer und Verein stehe noch aus.
				
				
Verständnis für die Unruhe im Verein in Bietingen hat Gerhard Wehle, 
Vorsitzender der 1. Box-Sport-Vereinigung Freiburg. "Wir haben 
Mitglieder aus vielen Nationen", sagt er. "Die Mitgliedschaft eines 
Trainers in der NPD könnte den Zusammenhalt im Verein stören", ist er 
sich sicher. Ein NPD-Mitglied passe nicht in die Gemeinschaft. "Wir 
würden zuerst mit dem Trainer reden und einen Vereinsaustritt anregen. 
Falls das Gespräch nicht fruchtet, würden wir prüfen lassen, ob ein 
Vereinsausschluss möglich wäre."
Walter Hasper ist Geschäftsführer der Freiburger Turnerschaft von 1844 
e.V., mit mehr als 6.500 Mitgliedern der größten Sportverein Südbadens. 
Für ihn ist der Sachverhalt "eine akademische Frage". "Eine solche 
Situation ist bei uns noch nie vorgekommen und sicher in den Vereinen 
auch eine Ausnahme." Für unmöglich hält er sie nicht, in Sportvereinen 
seien schließlich die gleichen Menschen wie im Rest der Gesellschaft. 
"Zunächst sind alle Menschen zu akzeptieren. Im Verein betätigen sie 
sich ja zuallererst sportlich, nicht politisch", betont Hasper. "Wenn 
jemand versuchen würde, seine Meinung der Gemeinschaft aufzuzwingen, 
würden wir uns intensiv damit beschäftigen und es auch nicht zulassen."
Ähnlich argumentiert auch Maik Hoffmann, 1. Vorsitzender des ESV Weil. 
"Wir leben in einer Demokratie, hier kann jeder tun und lassen, was er 
will. Wir als Verein müssen dieses demokratische Verständnis auch 
unterstützen. Wenn ein Trainer aber im Verein auffällig wird und bei 
Kinder vorprescht, würden wir dagegen vorgehen. Solange es rein private 
Aktivität ist, würde ich es zwar nicht mögen, aber müsste es 
tolerieren."
Hofmann hält einen Vorfall wie in Bietingen in seinem Verein für 
unwahrscheinlich. "Bei uns sind die meisten Trainer im Verein groß 
geworden", sagt Maik Hoffmann. "Man kennt sich dementsprechend gut." 
Trotzdem müssen auch hier – wie bei der Freiburger Turnerschaft – 
Trainer polizeiliche Führungszeugnisse vorlegen. "Dabei geht es jedoch 
primär darum auszuschließen, dass jemand schon einmal Kinder sexuell 
missbraucht hat."
Kann ein Verein einen Trainer wegen NPD-Mitgliedschaft vom Training 
ausschließen? Eine pauschale Antwort darauf kann nicht gegeben werden, 
sie hängt von der Art der Beschäftigung ab. "Liegt ein freies 
Dienstverhältnis vor, dann besteht grundsätzlich kein Kündigungsschutz",
 erläutert Michael Schubert, Fachanwalt für Arbeitsrecht in Freiburg.
Besteht zwischen Trainer und Verein jedoch ein Arbeitsverhältnis, was 
bei größeren Vereinen durchaus der Fall sein kann, kann möglicherweise 
das Kündigungsschutzgesetz greifen. Dann kann bei politischer Tätigkeit 
außerhalb der Arbeit nur dann gekündigt werden, wenn sie das 
Arbeitsverhältnis berühren. "Wenn im Verein ausländerfeindliche 
Äußerungen gemacht oder Werbung für die Partei gemacht werden würde, 
käme, je nach den Umständen und gegebenenfalls nach Abmahnung, eine 
verhaltensbedingte Kündigung, bei besonders schwerwiegenden Verstößen 
sogar eine außerordentliche Kündigung in Betracht."
Auch wenn der Druck auf den Verein steigt, kann eine Kündigung möglich 
werden. "Wenn Leute abspringen oder Verträge kündigen, kann das unter 
Umständen auch ohne Verschulden des Arbeitnehmers eine Kündigung 
rechtfertigen", sagt Schubert. Die Anforderungen des 
Bundesarbeitsgerichts an eine sogenannte "Druckkündigung" seien jedoch 
besonders groß. "Wenn etwa einige Eltern die Vereinsmitgliedschaft 
kündigen, dürfte es nicht ausreichen."
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