Plenarsitzung im Zeichen des Terrors

Erstveröffentlicht: 
20.11.2015
Tillich: Anschläge sind barbarischer Terrorismus VON JüRGEN KOCHINKE

 

Dresden. Es war ein Plenartag im Zeichen des Terrors: Gestern traf sich der sächsische Landtag routinemäßig in Dresden, doch schon zu Beginn verlief alles anders als gewohnt. So erinnerten die versammelten Abgeordneten zunächst mit einer Gedenkminute an die mehr als 120 Toten der Anschlagsserie von Paris, und auch danach ging es ganz ähnlich weiter. Anstelle der ursprünglich von CDU und SPD geplanten Debatte über Hospiz- und Palliativversorgung rückte das Thema Paris in den Mittelpunkt. Die spannende Frage im Vorfeld war: Wer wird sich wie in Stellung bringen – und wer stellt einen Bezug zur Asylkrise her?

 

Den Anfang markierte kein Geringerer als Stanislaw Tillich (CDU). „Die Anschläge von Paris sind barbarischer, menschenverachtender Terrorismus“, rief der Regierungschef in den Saal. Europa trauere mit den Franzosen, doch klar sei ebenso: „Der menschenverachtenden Brutalität der Terroristen setzen wir mehr Demokratie entgegen.“ Gleichzeitig betonte er, das Land werde „die Feinde der Demokratie und der Freiheit verfolgen“. Zwar gebe es derzeit keine konkreten Hinweise auf Anschläge in Sachsen, aber Fakt sei ebenso: „Vor skrupellosen Terroristen gibt es keine absolute Sicherheit.“ Für seine Rede erhielt der Ministerpräsident Applaus quer durch alle Fraktionen.

 

Terror zwingt zur Flucht

 

Damit war der Tenor umrissen, und auch die meisten folgenden Redner stimmten ähnliche Töne an – mit dem einen oder anderen Unterschied im Detail. Das galt nicht zuletzt für CDU-Fraktionschef Frank Kupfer, der eine für seine Verhältnisse ausgesprochen moderate Rede hielt. Und nicht nur das: Der Fraktionschef stellte sich auch gegen die populistische Verkettung mit der Asylkrise. Es verbiete sich, angesichts der Terroranschläge eine Debatte „auf dem Rücken der Flüchtlinge“ zu führen, meinte Kupfer.

 

Gleichzeitig verwies er darauf, dass es der Terror in ihrer Heimat sei, der die Asylbewerber zur Flucht zwinge. Und sowieso sei Terrorismus „nicht der gesamte Islam“. Das allerdings könnten viele Deutsche nicht unterscheiden. Darüber hinaus forderte Kupfer, die Polizei zu stärken – und den Verfassungsschutz gleich mit. Letzteres hat bisher kaum einer gesagt.

 

Einen etwas anderen Schwerpunkt legte die SPD. „Wer Hass mit Hass beantwortet, macht einen fundamentalen Fehler“, sagte Fraktionschef Dirk Panter. Gleichzeitig warnte er vor Kriegsrhetorik in Deutschland. „Der ‚Islamische Staat‘ will nichts anderes, als diese Kriegsrhetorik zu befördern.“ Damit gehe man dem IS auf den Leim. Ähnlich äußerte sich Linke-Fraktionschef Rico Gebhardt. Wer den Terror mit noch mehr Krieg bekämpfen wolle, werde noch mehr Terror ernten, meinte er. Und nebenbei wandte sich Gebhardt auch gegen eine Einschränkung der Bürgerrechte im Zeichen des Anti-Terror-Kampfes.

 

Asyldebatte nicht befeuern

 

Ganz andere Töne kamen von der AfD. Geschickt stellte Fraktionschefin Frauke Petry den Bezug zur Asylpolitik her, aber ohne sich dabei direkt angreifbar zu machen. Erst kritisierte sie die „Welle ungesteuerter Einwanderung“, dann kam sie zu den Folgen: „Je mehr unregistrierte Menschen nach Deutschland und Europa kommen, desto weniger wissen wir, was im eigenen Land eigentlich passiert.“

 

Das wollte Grünen-Fraktionschef Volkmar Zschocke so nicht stehen lassen. Er warf der AfD vor, Terror, Flucht und Religion zu vermischen, um die Asyldebatte zu befeuern.