Kirchliche Medien werden hier nicht oft zitiert, aber dieser Artikel zeigt die ganze Unmenschlichkeit des Abschieberegimes
Bestürzung über unmenschliche Abschiebung
Entgegen der Ankündigung der Ministerpräsidentin ist genau das jetzt in St. Johannes Bosco passiert: Familie Bakalli mit vier Kindern im Alter von 1 bis 12 Jahren ist in der Nacht vom 9. auf den 10. November 2015 um 3:15 Uhr von der Polizei auf Verfügung des Kreises Steinfurt abgeholt und abgeschoben worden.
In Nordrhein-Westfalen sollen abgelehnte Asylbewerber mit Kindern
 nicht ohne Vorankündigung abgeschoben werden. Das stellte 
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Freitag (23. Oktober 2015) 
nach dem dritten nordrhein-westfälischen Flüchtlingsgipfel in die 
Düsseldorfer Staatskanzlei klar. „Da gibt es Grenzen“, sagte Kraft. „Ich
 kann nicht eine Familie unangekündigt nachts aus dem Bett holen. Die 
Kinder haben gar nicht mehr die Möglichkeit, sich von ihren 
Klassenkameraden zu verabschieden oder auch in der Kita noch Tschüss zu 
sagen.“ Konsequente Rückführungen seien wichtig, aber die Menschlichkeit
 dürfe dabei nicht auf der Strecke bleiben.
http://www.ksta.de/nrw/ministerpraesidentin-hannelore-kraft-nrw-will-familien-mit-kindern-nicht-ohne-vorwarnung-abschieben,27916718,32240934.html#plx1819978354
NRW-Innenminister Jäger (DLF 24. Oktober 2015): Ich finde, bei 
allen Problemen, allen Herausforderungen, die wir zurzeit haben, darf 
man die Menschlichkeit nicht aus dem Auge verlieren. Was wir in 
Nordrhein-Westfalen nicht tun werden, ist, in den frühen Morgenstunden 
plötzlich bei irgendeiner Familie aufzutauchen, die Kinder aus dem Bett 
zu zerren und dann eine Abschiebung durchzuführen. Wir werden genau 
hinschauen, um welche Person handelt es sich, beispielsweise 
alleinstehende Personen, allein reisende Männer, da muss man es nicht 
unbedingt ankündigen. Aber wenn es um Kinder geht, da ist bei uns eine 
Grenze, wo wir sagen, da hat Menschlichkeit und Augenmaß Vorrang.
http://www.deutschlandfunk.de/fluechtlinge-wir-werden-keine-kinder-aus-dem-bett-zerren.694.de.html?dram:article_id=334894
Der Schock sitzt tief bei uns in Ibbenbüren – Langewiese
Das fröhliche Lachen der albanischen Flüchtlinge vom Bekassinenweg ist weg. Auch die freundlichen Gesten und Begegnungen der Eltern fehlen. Die schon lange in Ibbenbüren allein lebende Tante (Schwester des Vaters, Witwe und als einzige Verwandte jetzt allein von diesem Familienstamm hier lebend) der Kinder steht unter Schock.
Von Jetzt auf Gleich – mitten in der Nacht – um 3.15 Uhr – ist die Familie abgeholt worden. Ist das noch menschlich? Vier Kinder im Alter von 1 – 12 Jahren mit ihren Eltern sind von dieser Abschiebung betroffen. Sie durften auf die Schnelle unter Druck das nötigste zusammenpacken. Ohne einen Cent Bargeld in der Tasche. Keinerlei Verabschiedung war möglich.
Seit ca. drei Jahren gehen die Kinder hier schon zur Schule – jeden Tag pünktlich waren sie da. Zwei Tage zuvor wurde der Vater noch von der Lehrerin gefragt, ob sie aufgrund der neuen Gesetzeslage mit Abschiebung rechnen müssten? Er sagte: „Alles ist im Moment gut, haben keine Angst, weil ich habe noch mit Kontaktpersonen und Behörden gesprochen.“ Bei der Stadt Ibbenbüren waren sie als sehr vorbildlich bekannt. Sie hatten zusätzlich noch privat rechtliche Beratung dazu geholt. Ein Rechtsanwalt aus Osnabrück, der 50,- Euro pro Monat „kassiert“ habe. Ist die Familie vielleicht falsch beraten worden? War es ein Missverständnis, oder wie konnte es zu solch einer Fehleinschätzung kommen?
Alle sind sicher, dass es nicht an mangelnder Compliance lag. Shpresim ging in die zweite Klasse. Er war dort ein sehr guter Schüler. Auch Nurije in der 4. Klasse lag mit ihren schulischen Leistungen in der oberen Hälfte des Klassenschnittes. Die große Tochter Merhibe besuchte die Schule auf dem Dickenberg. War dort Klassenbeste. Sie schlief des öfteren bei ihrer Tante in der Stadt, damit sie mit dem Bus besser die Schule erreichen konnte. Die Kinder waren hier sehr gut integriert. So wie dieses immer gefordert wird. Shpresim spielte mit Leidenschaft Fußball mit seinen Freunden und Klassenkameraden bei der DJK Arminia Ibbenbüren. Auch Nurije durfte sich mit Freundinnen verabreden und war ein fröhlicher Sonnenschein und eine Bereicherung in der Klasse. Am Freitag noch hat Nurije mit einer Familienangehörigen auf einer gemeinsamen Klassen-Familien-Veranstaltung ihre Familie aus Ton modelliert. Sie stehen jetzt auf der Fensterbank in der Klasse. Auch ihre Schulsachen sind noch unter dem Tisch und der Turnbeutel hängt vor der Klassentür.
Es ist vom Gefühl her fast so schlimm, als hätte ein Anschlag diese Familie ausgelöscht. Weil dieses Geschehen kann man nicht verarbeiten. Dies gleicht einer Entführung, weil keiner weiß, wie es ihnen geht und wo sie bleiben. Zur Zeit seien sie beim Bruder der Familie des Familienvaters in einer winzigen Wohnung. Der hat nicht einmal eine Toilette. Das Haus der Bakallis auf dem Land ist komplett zerstört und geplündert. Nurije habe oft erzählt, dass sie eine Kuh gehabt hätten und das es mit dem Wasser holen sehr schwierig gewesen sei. Nun benötigt die Familie dringend wieder ein Kuh, damit die Versorgung der Kinder sichergestellt ist.
Was ist schiefgelaufen? Was haben die Bakallis verbrochen oder falsch gemacht, wenn eine Familie, die seit fast drei Jahren hier wohnt, nachts mit Polizeigewalt aus den Betten gerissen und direkt in den Flieger nach Albanien gesetzt wird? Warum gelten hier nicht die Versprechen / Vereinbarungen die Frau Ministerpräsidentin Hannelore Kraft für von Abschiebung bedrohten Familien in NRW gemacht hat? Ihre Versprechen wurden bei unseren Freunden, der Familie Bakalli nicht eingehalten. Unsere Kinder hatten gar keine Möglichkeit sich von ihren Freunden zu verabschieden. Sie sind total traumatisiert und haben jegliches Vertrauen in unseren Staat verloren. Sie fragen nun, ob sie auch in der Nacht aus ihren Betten geholt werden. Unsere Kinder haben in den vier Jahren keinen Unterschied gemacht, ob es sich um albanische Kinder handelt oder um deutsche.
Was bedeutet es langfristig, wenn man auf diese Weise „abtransportiert“ wird?
– Einreiseverbot?
– Keine Möglichkeit eines neuen Antrages?
– Keine Möglichkeit an ihr bisschen Hab und Gut zu kommen, incl. Konto?
Das wichtigste ist, dass sie sich zukünftig als freie Menschen in der Welt bewegen dürfen, ganz gleich wo … und nicht ab jetzt wie Kriminelle geführt werden, die nie wieder einen Fuß über eine Grenze setzen dürfen – nicht einmal als Gast.
