Patzelt kritisiert: Politik reagiert zu spät
Dresden. Die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung verzeichnet wieder steigenden Zulauf und hat am Montag bis zu 9000 Menschen in Dresden versammelt. Diese Zahl schätzte die studentische Gruppe "Durchgezählt" am späten Abend. In der vergangenen Woche hatte die Statistikgruppe die Zahl der Teilnehmer an der Pegida-Demonstration im Zentrum Dresdens mit etwa 7500 Menschen angegeben. Am Rande dieser Kundgebung in der Vorwoche waren auch Journalisten von Demonstrationsteilnehmern angegriffen worden. Der Dresdner Politikwissenschaftler Werner J. Patzelt sieht einen deutlichen Zusammenhang zwischen dem wachsenden Zulauf und den akuter werdenden Problemen bei der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen.
 Journalisten berichteten von einer zunehmend 
aggressiven Stimmung bei den Demonstrationen. Vertreter des 
Mitteldeutschen Rundfunks (MDR), des Zeitungsverlegerverbandes und der 
DJV-Landesverbände in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen (DJV) hatten
 bereits zuvor mehr Sicherheit für Medienvertreter gefordert und gegen 
Hetze und Gewalt gegen Medien protestiert. Das Aufputschen von teilweise
 Tausenden Anhängern der Bewegungen mit den Rufen "Lügenpresse" sei 
nicht nur für alle Medienvertreter unerträglich. Sie beschädige auch die
 Demokratie, schaffe eine Stimmung der Verunsicherung in der Bevölkerung
 und provoziere Handlungen bis hin zum Einsatz von Gewalt, hieß es in 
einer Erklärung. 
 Die Dresdner Polizei war am Montagabend mit knapp 
über 200 Beamten im Einsatz, um die Pegida-Kundgebung und vereinzelte 
Gegenproteste abzusichern. Während der Versammlungen seien keine 
Störungen zu verzeichnen gewesen, teilte die Polizei  mit. Nach Ende der
 Versammlungen kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen fünf 
Personen, bei der drei Männer verletzt wurden. Einer von ihnen wurde im 
Krankenhaus behandelt. Es wurden Ermittlungen wegen gefährlicher 
Körperverletzung aufgenommen.
 Die Pegida-Bewegung war erstmals im 
Oktober 2014 in Dresden aufmarschiert. Anfang des Jahres zogen die 
Kundgebungen mehr als 20000 Menschen an. Der Politikwissenschaftler 
Patzelt sagte, die Zuwanderung nach Deutschland mit ihren offenkundigen 
Folgeproblemen würde die Pegida-Bewegung gleichsam mästen. Weil die 
Flüchtlingszahlen seit dem Sommer aufs Deutlichste angestiegen seien, 
sähen sich Pegida-Anhänger mehr denn je in ihren Sorgen und in ihrer 
Kritik bestätigt.
 Patzelt wertete es als groben Fehler von Politik 
und Medien, die Themen der Demonstranten zunächst nicht ernst genommen 
zu haben. Erst jetzt, unter dem Druck der Tatsachen, würden die 
Einwanderungsprobleme offen angesprochen und reagiere die Politik auf 
sie, etwa mit dem neuen Asylgesetz. Mit den "jetzt geplanten Maßnahmen 
hätte man im Herbst oder noch im Januar Chancen gehabt, Pegida wichtige 
Themen und Mobilisierungskraft zu nehmen", erklärte er. Nun aber sei 
"ein solches Maß an Aversion, an Wut über die politische Klasse und über
 Journalisten entstanden, dass mehr und mehr zum zentralen Thema wird: 
Angela Merkel muss weg, diese ganze politische Klasse muss weg!", sagte 
der Politologe.
