Städte und Gemeinden : Flüchtlinge sollten registriert und gesundheitlich durchgecheckt sein VON JüRGEN KOCHINKE Dresden. Die rapide steigenden Asylbewerberzahlen werden in Kürze voll auf die sächsischen Kommunen durchschlagen. Grund ist die Tatsache, dass jetzt monatlich rund 5000 Flüchtlinge aus den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes an die Städte und Kreise gehen.
Denn nach den üblichen drei Monaten Verweildauer, so lautet die Regel, beginnt das, was im garstigen Beamten-Jargon "Abverteilung" heißt und nun die übervollen Erstaufnahmelager entlasten soll. Damit aber steht ein heißer Herbst bevor. Nicht zufällig haben mehrere Christdemokraten erst kürzlich intern eindringlich gewarnt, in Sachsen drohe "die nächste Welle der Eskalation" - Proteste und Übergriffe der sogenannten besorgten Bürger inklusive.
 Um diese 
Problemlage in halbwegs geordneten Bahnen zu halten - sofern sich das 
derzeit überhaupt sagen lässt -, fand gestern ein groß angelegter 
Asyl-Gipfel mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) statt. Und 
schon im Vorfeld war klar: Es würden zähe Verhandlungen werden, um die 
höchst unterschiedlichen Interessenlagen der versammelten Landräte, 
Oberbürgermeister aus kreisfreien Städten und der Staatsregierung unter 
einen Hut zu bringen. Am Ende stand eine Art Kompromiss. Bei dem aber 
hat sich die kommunale Seite mit einem kleinen Kniff erstmal halbwegs 
aus der Affäre gezogen.
 Nach dem gestern ausgehandelten Deal 
akzeptieren die Kommunen zwar, Flüchtlinge aus den 
Erstaufnahmeeinrichtungen unterzubringen - aber nur unter Bedingungen: 
Sie müssen zuvor registriert und gesundheitlich durchgecheckt sein. Eine
 Bearbeitung durch die eigentliche Asyl-Behörde, das Amt für Migration 
und Flüchtlinge (Bamf), kann auch später erfolgen. Die Konsequenzen 
liegen auf der Hand: Theoretisch müssen die Kommunen jetzt pro Monat 
rund 5000 Asylbewerber aufnehmen, faktisch aber sind es viel weniger. 
Das liegt daran, dass vor allem der Gesundheits-Check ein entscheidendes
 Nadelöhr darstellt, weil es überall an Ärzten und Laborkapazitäten 
mangelt.
 Damit haben sich die Kommunen faktisch eine Art Puffer 
geschaffen. Wenn die Schätzungen zutreffen, dass von den monatlich 5000 
Flüchtlingen derzeit nur ein magerer Teil zeitnah gesundheitlich 
untersucht werden kann, wird die große Mehrheit eben länger in den 
Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben, als von Innenminister Markus Ulbig 
(CDU) stets verkündet.
 Entsprechend wortkarg präsentierten sich die 
Beteiligten gestern nach fünfeinhalbstündiger Verhandlungsrunde samt 
Auszeit. Ministerpräsident Tillich zum Beispiel war nicht viel mehr 
abzuringen, als dass die Bamf-Untersuchung nun im Vorfeld nicht mehr 
notwendig ist. Konkrete Zahlen blieb er schuldig. Aber immerhin ließ er 
wissen, dass das Land von den Asyl-Geldern des Bundes noch in diesem 
Jahr 13 Millionen Euro an die Kommunen weiterleiten wird. Darüber hinaus
 will das Land Städten und Gemeinden helfen, leer stehenden Wohnraum für
 die Unterbringung von Flüchtlingen zu renovieren. Für insgesamt 1000 
Wohnungen stehen fünf Millionen Euro bereit.
 Auch Leipzigs 
Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) sowie Landrat Christoph Scheurer 
(CDU) aus dem Kreis Zwickau wurden kaum konkreter. Jung fand lobende 
Worte und meinte, dass "die Kommunikation zwischen Kommunen und 
Staatsregierung sich gut entwickelt hat". Allerdings liege mit der 
Integration "die eigentliche Aufgabe noch vor uns". Scheurer  wiederum 
legte einen anderen Schwerpunkt: "Wir müssen auch für unsere 
alt-sächsischen Bürger Klarheit schaffen", sagte er gestern auf der 
Konferenz. Das ist ein kleiner Hinweis auf die derzeit angespannte 
Stimmungslage im Lande.
