Agenturchef Schuberth sieht in der Zuwanderung einen Gewinn Von Ulrich Milde und ulrich langer Leipzig. Der deutsche Arbeitsmarkt zeigt sich weiter in Topform. Die Zahl der Erwerbslosen ging im September auf den niedrigsten Stand seit dem Jahr 1991 zurück. Laut Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) waren bundesweit 2,71 Millionen Menschen ohne Job, also 100000 weniger als noch vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote ging auf 6,2 Prozent zurück. Experten gehen davon aus, dass Flüchtlinge und Einwanderer der Wirtschaft nutzen und dem zunehmenden Fachkräftemangel entgegenwirken könnten.
 "Durch die Zuwanderung von Flüchtlingen sind keine sächsischen 
Arbeitsplätze in Gefahr", sagte Klaus Schu- berth, Chef der sächsischen 
Arbeitsagenturen, gestern der Leipziger Volkszeitung. Auch die 
Leistungen der sozialen Sicherung "stehen weiter in voller Höhe zur 
Verfügung". Schuberth betonte, schon heute gingen mehr Menschen in den 
Ruhestand als Jüngere nachrückten. In den kommenden zehn Jahren werde 
die Zahl der arbeitsfähigen Bevölkerung um über 18 Prozent sinken. 
"Daher ist Zuwanderung ganz klar ein Gewinn", sagte Schuberth.
Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) verwies darauf, 
dass in seinem Bundesland bis 2025 rund 280000 Fachkräfte benötigt 
würden. Wenn es gelinge, einen Teil dieses Arbeitskräftebedarfs durch 
Zuwanderer zu decken, wäre das eine positive Situation für alle 
Beteiligten. Es sei eine Möglichkeit, "neue Fachleute zu gewinnen", 
ergänzte Stephan Fauth, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der 
Wirtschaft Thüringens. 
Reint E. Gropp, Präsident des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle 
(IWH), sieht das ähnlich. "Die Alterstruktur in Ostdeutschland sieht 
schlecht aus", sagte er der LVZ. Zu viele Fachkräfte seien seit der 
Wende abgewandert. "Es muss Einwanderung geben." Gerade der Zuzug von 
20- bis 40-Jährigen "kann nur von Vorteil sein". So weit die Flüchtlinge
 entsprechend qualifiziert seien, "ist das eine gute Chance". Die Frage 
der Integration "funktioniert nur über den Arbeitsmarkt". Das sei das 
zentrale Mittel. Der Professor sagte, allein mit den Flüchtlingen sei 
das demografische Problem nicht zu lösen. "Wir brauchen eine gezielte 
Einwanderungspolitik." 
Laut Analyse der BA kommen vor allem "sehr, sehr junge Menschen" nach 
Deutschland. 70 Prozent seien unter 30 Jahre alt, 55 Prozent sogar 
jünger als 25. Es gebe ein "Riesenpotenzial für Ausbildung", sagte 
Vorstand Raimund Becker.. Die jungen Flüchtlinge zeigten eine hohe 
Arbeitsmotivation, verbunden mit dem Willen, auf eigenen Beinen zu  
stehen. Darauf bauen auch die Unternehmen. Es würden schon bald eine 
halbe Million neuer Arbeitskräfte benötigt, sagte Ingo Kramer, Präsident
 des Bundesverbandes der Deutschen Arbeitgeberverbände. Die gute Lage 
müsse genutzt werden, um Asylsuchende mit hoher Bleibeperspektive 
schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Gerald Grusser, Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer 
Erfurt, rechnet zwar damit, dass die "Zeiten deutlich sinkender 
Arbeitslosigkeit" wegen der Zuwanderung bald zu Ende gingen. Doch es sei
 2016 nur mit "leicht steigenden Zahlen" zu rechnen. Nach Einschätzung 
der Großbank Unicredit wird die deutsche Wirtschaftsleistung durch 
Flüchtlinge und Einwanderung in den nächsten fünf Jahren um etwa 1,7 
Prozent wachsen. "Das entspricht einem Zuwachs von rund 50 Milliarden 
Euro, verglichen mit einem Szenario ohne zusätzliche Einwanderung", 
sagte Chefvolkswirt Andreas Rees.
