Sachsens Innenminister kündigt härteres Vorgehen gegen Westbalkan-Flüchtlinge an
Von Andreas Debski
 Dresden. Sachsens Innenminister hat ein härteres Vorgehen gegen 
Flüchtlinge "ohne Bleibeperspektive" angekündigt. "Es muss eine klare 
Botschaft sein: Diejenigen aus dem Westbalkan haben keine Chance", 
machte Markus Ulbig (CDU) gestern unmissverständlich klar. "Wir können 
nicht für alle Menschen den Anspruch auf ein besseres Leben in 
Deutschland realisieren." Durch Informationen, die bereits in den 
Heimatländern auf dem Balkan beginnen, sollen potenzielle Flüchtlinge 
abgehalten werden, nach Deutschland zu kommen. "Arbeitsmigration geht 
nur noch, wenn sie aus einem sicheren Herkunftsland betrieben wird. 
Damit sollte niemand aus diesen Ländern mehr ein Interesse haben, hier 
Asyl zu suchen", erklärte der Innenminister die neuen Leitlinien, die 
unter anderem Arbeitsverträge als Voraussetzung festschreiben sollen.
 812 Flüchtlinge in diesem Jahr abgeschoben
 
 Mit der Einstufung von Albanien, Montenegro und dem Kosovo als sichere 
Herkunftsländer habe die Bundesregierung ein klares Zeichen gesetzt - 
das sich nun auch in den Abschiebungszahlen widerspiegeln soll. Im 
vergangenen Jahr wurden aus Sachsen 1037 Asylbewerber zwangsweise 
rückgeführt, wie es im Amtsdeutsch heißt. Bis Ende August sind es 
bislang 812. Daneben verließen 647 Flüchtlinge den Freistaat freiwillig,
 da ihr Asylantrag ohne Chance auf eine Bewilligung gewesen war. Ende 
August gab es in Sachsen 4913 ausreisepflichtige abgelehnte 
Asylbewerber. "Diese Zahlen sollen deutlich erhöht werden", gab Ulbig 
als Maßgabe vor.
So werde es nach dem organisato- rischen Umbau der Zentralen 
Ausländerbehörde auch ein Referat geben, das sich speziell mit 
Rückführungen - ob nun freiwillig nach einer Beratung oder per Zwang - 
beschäftigt. "Ziel ist, dass wir uns intensiver um diejenigen Menschen 
kümmern können, die Schutz brauchen und eine Bleibeperspektive haben." 
Konkret geht es insbesondere um syrische Kriegsflüchtlinge und deren 
Familien. 
Das grundlegende Problem verortete Minister Ulbig allerdings abermals 
beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) - es dauere immer 
noch viel zu lange, bis über Asylanträge entschieden wird. Voraussetzung
 für eine Entspannung sei, dass die Verfahren "in einer entsprechenden 
Zeit abgeschlossen" und Asylbewerber bei einer Ablehnung damit schneller
 abgeschoben werden können, kritisierte der Innenminister das Bundesamt.
 Deshalb komme es zu einem Rückstau, der kaum noch zu bewältigen sei. 
"Wir arbeiten am Limit", gestand Ulbig gestern ein, "und wir werden die 
Aufgabe auf Dauer so nicht bewältigen können."
Seit Jahresbeginn sind in Sachsen 26000 Flüchtlinge angekommen, bis Ende
 Dezember werden es nach aktuellen Prognosen vermutlich 41000 sein. 
Interne Schätzungen gehen von bis zu 50000 Flüchtlingen aus, was einer 
Verdreifachung im Vergleich zu 2014 entsprechen würde. Gegenwärtig 
stehen 12500 Plätze in Erstaufnahmeeinrichtungen zur Verfügung. In 
dieser Woche soll eine weitere Unterkunft in Einsiedel (bei Chemnitz) 
eröffnet werden. Für die Kommunen heißt das: Sie müssen Tausende 
Asylbewerber zusätzlich aufnehmen, die "aus Kapazitätsgründen", so 
Ulbig, die Erstaufnahmeunterkünfte verlassen müssen. "Die Zahlen auf 
kommunaler Ebene werden sich ab dieser Woche deutlich erhöhen."
 DRK-Chef: Einheimische attackieren Helfer
 
 Der Sachsen-Chef des Deutschen Roten Kreuzes (DRK), Rüdiger Unger, 
sprach gestern von einer "Riesenbelastung" der ehrenamtlichen Helfer in 
den Flüchtlingsunterkünften. "Wir sind seit Anfang Juli im 
Dauereinsatz", machte Unger klar. Pro Tag arbeiten sachsenweit 500 
DRK-Mitarbeiter im Schichtdienst, die von täglich 350 freiwilligen 
Helfern - Studenten, Rentner, Vereine, Unternehmen - unterstützt werden.
 Bislang hat das DRK 280 Mitarbeiter neu eingestellt und etwa gleich 
viele Angestellte für Einsätze in Flüchtlingsquartieren umgesetzt. "Was 
uns Sorgen macht, sind die Verbalattacken gegen unsere Mitarbeiter im 
Umfeld von Erstaufnahmeeinrichtungen - sobald wir ankommen und 
Feldbetten abladen, sind wir Anfeindungen ausgesetzt", sagte Unger und 
fügte hinzu: "Wir haben kein Sicherheitsproblem in den Unterkünften, 
sondern in deren Umfeld, durch Einheimische."
