Am Freitag, den 2. Oktober 2015 findet um 9.30 Uhr vor dem Amtsgericht Heilbronn der Prozess gegen eine Heilbronner Gewerkschaftssekretärin statt. Ihr wird vorgeworfen, am 8. März 2014 im Rahmen der Proteste gegen eine Kundgebung der „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) gegen das Versammlungsgesetz verstoßen zu haben.
Am 8. März 2014 fand auf dem Berliner Platz in Heilbronn eine 
Kundgebung der NPD-Jugendorganisation JN statt. Der von Polizei und 
Stadtverwaltung verheimlichte Aufmarsch wurde erst eine Woche vorher 
durch das Bündnis „Heilbronn stellt sich quer“ und die Lokalpresse 
öffentlich gemacht. Die Stadt hatte es sich zum Ziel gesetzt die 
bevorstehende Nazi-Kundgebung zu verschweigen und somit den Gegenprotest
 so klein wie möglich zu halten.  Das 
Aktionsbündnis „Heilbronn stellt sich quer“ mobilisierte jedoch 
kurzfristig unter dem Motto „Kein Platz für Nazis!“ zu lautstarkem 
Protest und zivilem Ungehorsam gegen die Kundgebung der Faschisten. 
Obwohl die genaue Uhrzeit der Kundgebung nicht bekannt war, hatten 
bereits vor Eintreffen der Nazis 300-400 Menschen den Platz umzingelt.
Stadt und Polizei nahmen dies allerdings nicht zum Anlass, die 
Kundgebung abzusagen. Stattdessen kooperierten sie bereits im Vorfeld 
mit den Nazis und stellten diesen sogar einen Stadtbus zur Verfügung, 
der sie vom Neckarsulmer Bahnhof zum Kundgebungsort in die Heilbronner 
Innenstadt brachte. Ohne diese aktive Unterstützung von Seiten der Stadt
 und der tatkräftigen Umsetzung durch die Polizei hätte die Kundgebung 
der 25-30 größtenteils von außerhalb angereisten Nazis nicht stattfinden
 können.
Gleichzeitig hatten am selben Tag bereits verschiedene Gruppen und 
Organisationen zu einer Kundgebung anlässlich des internationalen 
Frauenkampftages auf den Kiliansplatz eingeladen. Sie ließen sich den 
Tag von den Faschisten nicht nehmen und setzten der rechten Hetze einen 
eigenen Ausdruck entgegen. Im Anschluss an diese Kundgebung entschieden 
sich einige Antifaschist*innen dazu, sich den Protesten gegen die JN 
anzuschließen. Sie liefen gemeinsam in einer spontanen Demonstration vom
 Kiliansplatz über die Allee zum Berliner Platz. Eineinhalb Jahre später
 wird nun der Angeklagten von Seiten der Staatsanwaltschaft vorgeworfen,
 sie habe die Verantwortung für diese spontane Demonstration getragen 
und dadurch gegen das Versammlungsgesetz verstoßen.
Welcher Linie diese Anklage folgt lässt sich besser erkennen, wenn 
man auf den Umgang von Stadt und Polizei mit Demonstrationen in 
Heilbronn in den letzten Jahren zurück blickt. Immer wieder wird 
versucht, die Demonstrationsfreiheit so eng wie möglich auszulegen. Am 
1. Mai 2011 sperrten Polizei und Stadt bei einem Naziaufmarsch das 
gesamte Bahnhofsviertel ab und verboten Kundgebungen und Demonstrationen
 gegen die Aktion der Rechten.
Öffentlichkeitswirksame Demonstrationen linker Kräfte oder 
beispielsweise der kurdischen Gemeinde scheiterten regelmäßig daran, 
dass Demonstrationsrouten durch die Innenstadt ohne stichhaltige 
Begründungen abgelehnt und die Anmelder*innen mit massiven Auflagen 
beschnitten wurden. Mit konsequenter politischer Arbeit konnte dieser 
„Heilbronner Weg“ mittlerweile aufgelockert und das Grundrecht der 
Versammlungsfreiheit zunehmend gegen die Einschränkungen durch Polizei 
und Stadt verteidigt werden.
Leider bleiben der Stadt aktive Proteste gegen Nazis allerdings ein Dorn
 im Auge. Wie der bevorstehende Prozess gegen die 
Gewerkschaftssekretärin zeigt, sollen spontane Demonstrationen 
kriminalisiert werden – obwohl diese grundsätzlich vom Versammlungsrecht
 gedeckt werden.
Für uns steht fest – das Verfahren gegen die aktive Gewerkschafterin und Antifaschistin muss eingestellt werden! Die Heilbronner Gewerkschaftssekretärin hat an diesem Tag nicht falsch gehandelt. Mit Wegschauen und Vertuschen lassen sich faschistische Umtriebe und rechte Hetze nicht bekämpfen. Dazu braucht es einen aktiven und breit angelegten Antifaschismus, der sich den Nazis in den Weg stellt. Zeigt Eure Solidarität mit der Angeklagten und lasst uns gemeinsam den Prozess begleiten!
Rote Hilfe Ortsgruppe Heilbronn, 24. September 2015
Freitag, 2. Oktober 2015 | 9.00 Uhr Kundgebung | Amtsgericht Heilbronn (Wilhelmstraße 2-4)
Unterstützende Gruppen:
Jusos Heilbronn
Kreisvorstand die LINKE Heilbronn-Unterland
Kurdisches Gemeinschaftszentrum Heilbronn
Organisierte Linke Heilbronn (OL)
ver.di Jugend Heilbronn-Neckar-Franken
Unterstützende Einzelpersonen:
Richard Pitterle MdB
Arne Gailing Gewerkschaftssekretär
Ayse Boran Landtagskandidatin
Ergin Özcan Landessekretär der Alevitischen Gemeinde Baden-Württemberg
Florian Vollert Kreisrat
Jan Bleckert Gewerkschaftssekretär
Jochen Dürr Bezirksfachbereichsvorsitzender Fachbereich 3 ver.di Bezirk Heilbronn-Neckar-Franken
Johannes Müllerschön Kreisrat
Jürgen Patzelt Kreisvorstand die LINKE
Kathrin Biro Gewerkschaftssekretärin
Konrad Wanner
Madeleine Glaser Gewerkschaftsekretärin
Michael Janus Gewerkschaftssekretär
Susanne Dorer Gewerkschaftssekretärin
Thomas Müssig Gewerkschaftssekretär
Volker Bohn Stadtrat

