Stadtpolitik zeigt sich besorgt / Islamfeindliches Bündnis kündigt zwei Demos pro Woche an
VON ANDREAS TAPPERT UND ROBERT NöSSLER
 Leipzig. Nahezu 
alle Ratsfraktionen befürchten, dass sich die Legida-Demonstrationen in 
den nächsten Wochen weiter radikalisieren werden. Auch der 
Lebensrhythmus der Stadt werde durch die regelmäßigen Demonstrationen 
immer stärker beeinträchtig. Legida will heute kurz nach 19 Uhr vom 
Kleinen Willy-Brandt-Platz gegen den Uhrzeigersinn um den gesamten 
Innenstadtring ziehen. Von Legida sei bislang nur die heutige 
Mittwochs-Demo angemeldet worden, sagt Stadtsprecher Matthias Hasberg. 
Die bereits für die nächsten Montage vorliegenden Anmeldungen hätten 
aber weiter Bestand. Legida-Chef Markus Johnke hatte am Montag 
angekündigt, nun immer montags und mittwochs demonstrieren zu wollen.
 Die CDU-Fraktion sieht vor allem in der Konfrontation von Rechts- und 
Linksextremen ein  Gefahrenpotenzial. "Leipzig braucht weder linken noch
 rechten Radikalismus", sagt CDU-Stadtrat Achim Haas. Er kenne aber auch
 Legida-Demonstranten, die nicht auf Krawall aus sind. "Die Politik gibt
 nicht auf alle Fragen Antworten, die die Menschen bewegen", so Haas. 
Viele hätten Angst, dass die Kriegsflüchtlinge Deutschland überfordern 
würden. "Diese Angst teile ich nicht", so der Christdemokrat. "Aber auch
 mir gefällt nicht der Missbrauch von Leistungen und die rund 
vierjährige Verweildauer von Flüchtlingen, die überhaupt keine Chance 
auf Anerkennung ihres Asylantrages haben." Deshalb müsse in Leipzig 
jeder das Recht behalten, seine Meinung frei zu äußern.  "Auch wenn die 
Auswirkungen der Demonstrationen für Leipzigs Wirtschaft schädlich 
sind", sagt Haas mit Blick auf die  Innenstadt.
 SPD-Fraktionschef 
Axel Dyck stellt  eine zunehmende Radikalisierung bei Legida fest. 
"Früher gab es unter den Demonstranten eine breite Schicht, die eine 
grundsätzliche Sorge über die politische Entwicklung in Deutschland 
angetrieben hat - das hat sich verändert." In den letzten zwei, drei 
Wochen seien Leute dabei gewesen, die durchaus in die rechte Ecke 
gestellt werden könnten. "Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir nicht in 
eine Spirale geraten, in der zunehmend Frust und Gewalt erzeugt werden."
 Denn es sei absehbar, dass  bei den Demonstranten und 
Gegendemonstranten bald nur noch ein harter Kern erscheint, der  
gewaltbereit  ist. "Ich habe auch Angst davor, dass sich abseits 
stehende Leute Leipzigs öffentlichen Raum aneignen und das öffentliche 
Leben in der Stadt beeinträchtigen", so Dyck.
 Linken-Fraktionschef 
Sören Pellmann (Die Linke) hält es für angebracht, bei einer weiteren 
Radikalisierung über das Einschränken des Demonstrationsrechtes 
nachzudenken. "Wenn erhebliche Gefahren von einer Demonstration 
ausgehen, rechtfertigt das ein Demonstrationsverbot." Auch er will nicht
 ausschließen, dass es  unter den Gegendemonstranten ebenfalls 
vereinzelt Gewalttäter geben könnte. "Aber die Gewalt bei den 
Demonstrationen geht von Legida aus."
 Für Grünen-Fraktionschefin 
Katharina Krefft haben die Legida-Demonstranten mit den jüngsten 
Gewalttätigkeiten "ihre Maske fallen gelassen". Krefft: "Nun hat jeder 
gesehen, dass sie klar gewalttätig sind." Deshalb  seien bei den 
Gegendemos  kaum noch Ältere und Familien mit Kindern  anzutreffen. In 
der City falle es Besuchern und Arbeitnehmern immer schwerer, zum Ziel 
zu kommen. "Legida terrorisiert Leipzig", schrieb Grünen-Landeschef 
Jürgen Kasek bei Facebook.
 Die AfD-Ratsfraktion  macht für die 
Entwicklung  linke und rechte Gewalttäter verantwortlich. "In 
Deutschland ist es eine Straftat, wenn angemeldete Demonstrationen durch
 Sitzblockaden verhindert werden", erklärte  AfD-Stadtrat Christian 
Kriegel. Wenn die Polizei nicht in der Lage sei, die Sitzblockade zu 
beseitigen und der Demonstrationszug eine Stunde lang warten müsse, sei 
es nicht verwunderlich "wenn einige Fußballfans irgendwann sagen, es 
reicht". Kriegel: "Ich will die Gewalt nicht rechtfertigen, aber solche 
Durchbrüche sind von linker Seite fast bei jeder Demo an der 
Tagesordnung."
 Stadtrat René Hobusch (FDP) appellierte an die 
Polizei und die Veranstaltungsbehörde,  Schlüsse aus den 
Gefahrenprognosen zu ziehen. "Sie können Auflagen verfügen und sogar 
festlegen, dass bestimmte Personen an der Demonstration nicht teilnehmen
 dürfen", so der Rechtsanwalt. Die Störung durch Dritte, also zum 
Beispiel durch gewalttätige Gegendemonstranten, könne den Veranstaltern 
aber nicht angelastet werden. "Dagegen muss die Polizei vorgehen."
 
Ob Legida heute die gewünschte Demonstrationsroute um den gesamten Ring 
genehmigt bekommt, war bis Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch offen. 
Denkbar seien Auflagen, so Stadtsprecher Hasberg. Um solche Auflagen zu 
vermeiden, hat Legida die Teilnehmerzahl diesmal offenbar bewusst 
niedrig angesetzt. "Angemeldet wurden 50 bis 100 Teilnehmer", so 
Hasberg. Bei der Demo am Montag wurden  700 bis 900 Teilnehmer gezählt.
 OBM Burkhard Jung (SPD) erklärte: "Wir haben in Leipzig in einem großen
 Bündnis gezeigt, wie man auf menschenverachtende Parolen reagiert: klar
 widersprechen! Und der Widerspruch muss überall erfolgen: auf der 
Straße, in den Betrieben, in den Schulen, in den Familien. Rechtsstaat 
und Zivilgesellschaft lassen sich von Rassisten nicht verführen und 
nicht vorführen. Ich bedanke mich sehr herzlich bei allen friedlichen 
Demonstrantinnen und Demonstranten der Leipziger Bürgerschaft für die 
klare Haltung. Mein Appell: keine Gewalt." 
 Nach der Legida-Demo am 
Montagabend ist es an der Haltestelle Tröndlinring zu einer Schlägerei 
gekommen. Zwei Angreifer hätten dabei Legida-Teilnehmer ins Gesicht und 
auf den Hinterkopf geschlagen, so Polizeisprecherin Katharina Geyer. 
Mindestens eines der Opfer wurde verletzt. Der Staatsschutz ermittelt. 
Insgesamt wurden 19 Straftaten registriert.
