Billiger Wohnraum ist knapp. Einige Organisationen bieten Alternativen. Das allerdings mit unterschiedlichem Erfolg.
Ein eigener Garten mit Hängematte und Pool. Wovon mancher Hausbesitzer träumt, ist für Lisa und Ben Alltag. Die beiden Mittdreißiger sind zwei von derzeit etwa 15 Bewohnern des Wohn- und Kulturprojektes „RM 16“ an der Robert-Matzke-Straße 16 in Pieschen. Den geräumigen Garten vor einem baufälligen Haus haben die Mieter in den letzten Monaten zu einer kleinen Oase ausgebaut.
Am Haus, das 1999 durch die Gründer des Wohnprojektes besetzt und später gekauft wurde, hat sich seitdem einiges getan – damals war es noch eine Ruine. Viele Zimmer sind saniert worden. Sie kosten pro Quadratmeter nur zwischen 3,50 und 5 Euro Miete. „Demnächst wollen wir Dach und Fassade in Angriff nehmen“, sagt Ben Müller. Bald soll im Erdgeschoss auch wieder ein kleines Café und ein Kulturraum für Konzerte eingerichtet werden. Beides hatte in dem Haus schon einmal existiert, bis 2010 ein Brandanschlag von Neonazis einige Zimmer zerstörte. „Außerdem wurden unsere Veranstaltungsräume 2012 als Nicht-Gewerberäume deklariert“, sagt Lisa. Bis zum Ende des Jahres müssen die Bewohner – darunter Studenten, Selbstständige und Arbeitsuchende – Brandschutzvorschriften erfüllen. „Dazu sind Umbaumaßnahmen nötig“, sagt Müller. Aber das seien die ganz normalen Hürden einer Wohngemeinschaft. „Dafür hat jeder einzelne Mieter Mitspracherecht. Alle sind an jeder einzelnen Entscheidung beteiligt.“
Hilfreich für die alternative Mietervereinigung ist, dass sie als eine Art Haus-GmbH unter dem Dachverband des Freiburger Unternehmerverbundes „Mietshäuser Syndikat“ steht. „Der Verband hält 51 Prozent unserer Anteile und greift uns bei notwendigen Ausgaben unter die Arme“, erzählt Lisa. Das „RM 16“ habe sich in Pieschen etabliert. Momentan sind alle der 15 bis 18 Quadratmeter großen Wohnungen besetzt. Doch die Fluktuation sei groß. Neue Interessenten haben immer wieder Chancen auf billigen Wohnraum.
Von einer so komfortablen Situation kann der Verein Freiraum Elbtal derzeit nur träumen. Nach monatelangem Hin und Her, der Zwangsräumung am alten Standort zwischen Elbe und Leipziger Straße, sind die Verfechter des kulturellen Freiraums am Alten Leipziger Bahnhof untergekommen. Hier stehen momentan 30 bewohnte Wagen. „Selbst wenn eines Tages ein Globus-Markt auf dem Gelände eröffnen sollte, sind wir in Gesprächen mit deren Verantwortlichen“, sagt Lothar Lange vom Freiraum. Globus sei grundsätzlich bereit, ein Konzept für einen dauerhaften Bestand eines Wagenplatz-Projektes auf ihrem Gelände zu erörtern. „Mittlerweile haben wir ein 35-seitiges Basis-Konzept zur Struktur von Wagenplätzen in Dresden und Deutschland erarbeitet“, so Lange. Daraus gehe hervor, dass die Lebensform in Wagen in vielen Städten legalisiert ist. Darauf hoffe man nun auch in Dresden. „Ansonsten werden wir weiter gezielt auf den akuten Wohnraummangel hinweisen. Und darauf, dass gerade in Zeiten von Flüchtlingsströmen unsere Lebensform eine zukunftsfähige Alternative ist“, so Lange.
Zukunftsfähig will sich auch der Verein Stauffe aufstellen. Deshalb streben die 200 Mitglieder, die zehn Einfamilienhäuser entlang der Stauffenbergallee bewohnen, eine Verbindung mit insgesamt acht Projekten an, um ein Netzwerk für Mieterinteressen in Dresden zu bilden. „Wir nennen uns Solidarische Mieter in Dresden“, sagt Daniel Rose von Stauffe. Er will erreichen, dass sich dadurch noch mehr Initiativen finden, die alte Häuser erhalten und vor privaten Investoren schützen. „Wir sehen ja an unserem Projekt, wie schwer es ist, mit ständig wechselnden Eigentümern über Mietsachen zu verhandeln“, so Rose. Momentan gehören die Gebäude einer luxemburgischen Investorengesellschaft. Deshalb werde der Verein auch in Zukunft diejenigen unterstützen, die Immobilien vor Privatisierung schützen wollen. Der mitgliederstarke Stauffe e.V. sei dazu zweifelsohne in der Lage. Wohnsyndikate sieht auch Peter Müller vom Dresdner Verein Sigus als erhaltenswert an. Der 61-Jährige ist seit Jahren Experte für alters- und behindertengerechtes Wohnen. Zusammen mit zwölf Mitstreitern kümmert er sich um bedürftige Menschen, die nach Schicksalsschlägen plötzlich eine neue Wohnung benötigen. „Bezahlbare zu finden, die zum Beispiel einen Fahrstuhl haben und barrierefrei sind, ist in Dresden nicht leicht. Wir hinken im Vergleich etwa mit Leipzig weit hinterher.“ Letztlich bedürfe die Wohnberatung des Sozialamtes in Dresden einer Neugestaltung. „Dafür ist bezahlbarer Wohnraum, dessen Gestalt Bürger und nicht Investoren bestimmen, eine zentrale Voraussetzung. Dafür setzen wir uns ein.“