Demonstranten blockieren Gebäude in Arno-Nitzsche-Straße - Landesdirektion will keinen Zwang
Von Frank Döring
 Das Ultimatum für die Flüchtlinge in der baufälligen HTWK-Turnhalle in 
der Arno-Nitzsche-Straße läuft weiter: Gestern Nachmittag gab die 
Landesdirektion bekannt: Die dort verbliebenen 30 Menschen müssen nicht 
ausziehen. "Soweit diese Asylsuchenden nicht in die Ernst-Grube-Halle 
gebracht werden möchten, wird dies nicht mit Druck umgesetzt", so die 
Behörde. 
 Bereits am frühen Morgen hatten bis zu 50 Aktivisten aus dem linken 
Spektrum die Zufahrt zur Halle in der Arno-Nitzsche-Straße blockiert. 
Nach Angaben der Polizei wurden ab 6.50 Uhr Barrikaden errichtet. Die 
Hindernisse seien zunächst beräumt, später aber erneut aufgetürmt 
worden. Außerdem sollen einige Blockierer Steine bereitgelegt und den 
Abtransport von Altglascontainern verhindert haben, berichtete die 
Polizei. Zum Einsatz von Wurfgeschossen kam es jedoch nicht, die Lage 
blieb friedlich. 
 Am Donnerstag hatten 21 Flüchtlinge die Halle verlassen, sind jetzt in 
der Erstaufnahmeeinrichtung in der Friederikenstraße untergebracht. "Die
 dortigen Kapazitäten sind damit ausgeschöpft", so die Landesdirektion. 
Bei den 30 Asylsuchenden, die in der HTWK-Halle blieben, handelt sich um
 Menschen aus Pakistan, Irak, Kosovo, Albanien, Syrien, Indien, Tunesien
 und Eritrea, so die Landesdirektion auf LVZ-Anfrage. Von ihnen soll ein
 Forderungskatalog stammen, den das Bündnis "Refugees Welcome" 
veröffentlichte. "Wir wollen nicht in die Ernst-Grube-Halle", heißt es 
da. "Die dortigen Zustände sind abschreckend, ekelerregend und unwürdig.
 Wir wollen in eine bessere Unterkunft. Solange das nicht möglich ist, 
wollen wir in der HTWK-Turnhalle bleiben." Einige der Flüchtlinge 
möchten in die Friederikenstraße umziehen, andere zurück in die 
Chemnitzer Erstaufnahmeeinrichtung. "Falls wir weiter in der HTWK-Halle 
bleiben müssen, weil kurzfristig keine bessere Unterkunft als die 
Ernst-Grube-Halle zur Verfügung steht, dann fordern wir die 
Weiterbearbeitung unserer Anträge sowie gegebenenfalls die Ausstellung 
von Aufenthaltsgestattungen auch hier", so die Verfasser. Zudem wird 
"die schnellstmögliche Umverteilung in kommunale Einrichtungen" 
gefordert, "naheliegenderweise in Leipzig." In den 
Erstaufnahmeeinrichtungen bekomme man kein Taschengeld und dürfe keine 
Anwälte empfangen. Nach Angaben des Unterstützer-Bündnisses sei für die 
Flüchtlinge am Donnerstag ein Besuch der Ernst-Grube-Halle organisiert 
worden, um diesen "zu ermöglichen, eine eigenständige Entscheidung 
bezüglich ihrer Wohnsituation zu treffen". Den Asylsuchenden sei der 
Zutritt zur Einrichtung verwehrt worden, aber sie hätten mit Bewohnern 
sprechen können. "Danach stand für sie fest, dass sie nicht in die 
Grube-Halle umziehen wollen", so Toni Grün, Sprecher von "Refugees 
Welcome".
Die Sporthalle, zurzeit Baustelle, war am 18. August belegt worden, weil
 ein Zeltlager in Chemnitz geräumt werden musste. Befristet war diese 
Notlösung bis 24. August. Doch die geplante Verlegung nach Heidenau, wo 
es vor einem Flüchtlingsquartier zu massiven Krawallen von 
Rechtsradikalen gekommen war,  wurde durch Demonstranten blockiert. Am 
Dienstag wurde den 51 Asylsuchenden angeboten, bis zum gestrigen Freitag
 in die Grube-Halle umzuziehen. Nunmehr will die Landesdirektion Anfang 
nächster Woche über das weitere Vorgehen entscheiden. "Nach wie vor ist 
das Objekt aus bautechnischen Gründen nicht dauerhaft zur Unterbringung 
von Menschen geeignet", so die Behörde. "Ein Auszug in den nächsten 
Tagen bleibt weiterhin erforderlich." 
Die Landesdirektion veröffentlichte gestern eine aktualisierte 
Flüchtlingsprognose für Sachsen. Danach muss Leipzig in diesem Jahr 5402
 neue Asylbewerber aufnehmen, bislang ging die Stadt von 3000 Menschen 
aus.
