Der neu gegründete Landesverband von „Die Rechte“ in Sachsen-Anhalt plant für den 31.10.2015 einen Aufmarsch in Halberstadt. Unter dem Motto „Perspektiven statt Massenzuwanderung“ will die Kleinstpartei gegen Geflüchtete hetzend durch die Harzstadt ziehen. „Die Rechte“ versucht so rassistische Einstellungen in der Bevölkerung anzusprechen und hofft auf Stimmen für die Landtagswahl 2016. Die Mitglieder von „Die Rechte“ bestehen aus teils einschlägig bekannten und gewalttätigen Neonazis aus Sachsen-Anhalt, welche die überalterte NPD verdrängen und im März des nächsten Jahres in den Landtag einziehen wollen.
Vor einem Jahr formierte sich mit „Die Rechte Magdeburg / Jerichower Land“ der erste Kreisverband von „Die Rechte“ in Sachsen-Anhalt. Der Kreisverband Harz wurde dann im März dieses Jahres gegründet. Die Mitglieder und Unterstützer*innen besuchen Aufmärsche, veranstalten Kundgebungen, sammeln Unterschriften und verteilen Flyer im gesamten Harzkreis. Den ersten größeren Auftritt hatte die Gruppe, die zuvor als Kameradschaft „Nationale Sozialisten Nordharz“ fast keine Aufmerksamkeit erreichte, mit ihrem „Trauermarsch“ am 11. April 2015 in Halberstadt, wo sie mit circa 120 Teilnehmenden und wenig Gegenprotest durch die Stadt marschieren konnte. Nun soll der Aufmarsch am 31.10.2015 der Kleinstpartei, die 2016 erstmals in Sachsen-Anhalt zur Landtagswahl antreten will, als Wahlkampfauftakt dienen.
Halberstadt ist als Standort der „Zentralen Anlaufstelle für
Asylbewerber“ in Sachsen-Anhalt (ZASt) von den Neonazis bewusst gewählt.
Im Aufruf zu ihrem geplanten Aufmarsch mit dem Motto „Perspektiven
statt Massenzuwanderung“ hetzen die Organisator*innen gegen Geflüchtete.
In ihrem wirren Text versuchen die Nazis mit konstruierten
Zusammenhängen zu suggerieren, der angestammten Bevölkerung würde durch
Flüchtlinge, die hier Schutz vor Krieg und Verfolgung suchen oder
Menschen, die nach Deutschland kommen, um hier in Mangelberufen zu
arbeiten, etwas weggenommen werden.
Den Menschen, die selbst in prekären Verhältnissen leben, werden Geflüchtete als Ursache für ihre Situation gegenübergestellt.
Die Schuld an diesen Verhältnissen wird nicht in der ständigen
kapitalistischen Konkurrenz aller gesucht, sondern einfach Menschen
zugeschoben, denen es selbst noch viel schlechter geht.
Wozu es führt, wenn Nazis ihre Hetze weitgehend ungestört verbreiten
können, zeigen Angriffe auf Geflüchtete und Flüchtlingsunterkünfte, die
weiter zunehmen. Beim letzten versuchten Angriff auf eine provisorische
Unterkunft in Halberstadt trugen die beteiligten Neonazis Werbematerial
von „Die Rechte“ bei sich.
Die zeitweilige Unterkunft in einer Turnhalle war eingerichtet worden, weil die zentrale Aufnahmestelle des Landes in Halberstadt seit langem völlig überlastet ist, obwohl längst abzusehen war, dass die Asylbewerberzahlen vor allem aufgrund des Krieges in Syrien und im Irak stark ansteigen würden. Der Flüchtlingsrat kritisierte kürzlich die Zustände in der ZASt als unmenschlich. Es scheint, als ob die Verantwortlichen in Politik und Verwaltung die Lage in den Unterkünften bewusst eskalieren lassen, um der Bevölkerung zu suggerieren, dass eine „Flüchtlingswelle“ auf sie zustürze, der Deutschland nicht gewachsen sei. Dadurch können Entscheidungen wie die Asylrechtsverschärfung, die massenhafte Abschiebungen möglich macht, oder die Erklärung der Balkanstaaten zu „sicheren Herkunftsländern“ besser gerechtfertigt werden. Mit Unworten wie „Wirtschaftsflüchtlinge“ versuchen nicht nur die Neonazis von „Die Rechte“, sondern auch Politiker*innen großer Parteien rassistische Stimmung gegen die Menschen zu machen, die hierher flüchten. So soll ein generelles Misstrauen gegen Fremde geschürt und Unterschiede zwischen „echten“ und „falschen“ Geflüchteten gemacht werden. Nach kapitalistischer Verwertungslogik werden die Menschen, die nach Deutschland kommen, außerdem noch in marktwirtschaftlich nützliche Menschen und solche, die „nur in die Sozialsysteme einwandern“ wollen, unterschieden. Die Tatsache, dass die deutsche Politik mit verantwortlich für Kriege in anderen Ländern ist und durch Waffenexporte Zustände bewirkt, die Menschen zur Flucht zwingen, wird komplett verschwiegen.
Die Flüchtlingsdebatte ist nicht nur eine Debatte um den Umgang mit Flüchtlingen. Sie ist ein Spiegelbild der deutschen Gesellschaft. Sie verschleiert und verschärft Widersprüche. Statt die Ursachen von Krieg und Flucht zu diskutieren und zu beseitigen, wird über die Beseitigung von Flüchtlingen nachgedacht, ob nun in Form von rechten Gewaltfantasien oder beamtendeutschen Zahlenspielen. Bereits vor 23 Jahren kam es unter ähnlichen Umständen in der Nachbarstadt Quedlinburg zu rassistischen Pogromen, bei denen unter dem Applaus von Schaulustigen und der Anwesenheit von Fernsehkameras Molotowcocktails auf eine Flüchtlingsunterkunft geworfen wurden. Solche Zustände gilt es heute kurzfristig mit allen Mitteln zu verhindern. Die langfristige Lösung kann nur eine herrschaftsfreie Gesellschaft, die nicht auf dem Nützlichkeitsprinzip basiert und Menschen nicht in willkürlich gezogene Grenzen zwängt, sein.
Unterstützen wir Geflüchtete, um sich selbst zu organisieren und sich Gehör zu verschaffen.
Beziehen wir Position gegen rassistisches Gelaber und schützen wir uns
gegen Übergriffe im Alltag – ob nun in Form von staatlicher Abschiebung,
sozialer Spaltungsversucher oder rechter Angriffe.
Lassen wir nicht zu, dass „Die Rechte“ ihre rassistische Hetze durch Halberstadts Straßen trägt –
Blockieren wir den Naziaufmarsch am 31.10.2015!