Bei Ausschreitungen gegen eine Asylunterkunft in Heidenau bei Dresden zeigen Chaoten offenen Fremdenhass. Viele Anwohner mischen sich unter die rechtsextremen Protestler.
Freital, Meißen, Dresden, Heidenau: Die Namen sächsischer Städte werden 
zum Synonym für Ausländerfeindlichkeit. Der rechte Mob und mit ihm viele
 Bürger zeigen in Heidenau offen ihren Ausländerhass. Als am 
Freitagabend die ersten Flüchtlinge in einem ehemaligen Baumarkt in der 
Kleinstadt bei Dresden Quartier beziehen wollen, versammeln sich 
Hunderte Menschen auf den Straßen der Kleinstadt zum Protest. Die 
rechtsextreme NPD hat dazu aufgerufen. Doch beileibe nicht alle 
Anwesenden gehören zur rechtsextremen Szene. Auch viele Anwohner haben 
sich eingefunden.
In dem rund 1000-köpfigen Demonstrationszug durch die Stadt laufen 
neben, vor und hinter erkennbar Rechten auch scheinbar normale Bürger, 
darunter auch Frauen mit Kinderwagen und Kinder. Eine Frau schwenkt die 
schwarz-weiß-rote Flagge des untergegangenen Deutschen Kaiserreichs. 
Zwei andere bekunden auf einem großen Transparent, dass sie auf 
Asylbewerber hier in der Sächsischen Schweiz bestens verzichten können. 
So empfängt Heidenau Menschen, die vor Krieg und Not aus ihren 
Heimatländern flohen.
Heidenau ist eine kleine Stadt von etwa 16 000 Einwohnern, von Dresden 
aus nur wenig elbaufwärts. Die neue Flüchtlingsunterkunft in liegt an 
der von Einkaufsmärkten gesäumten Bundesstraße 172 Richtung Pirna, 
eigentlich schon etwas außerhalb. In den nächsten Wochen sollen hier bis
 zu 600 Flüchtlinge unterkommen. Mit Bussen sollen die ersten am 
Freitagabend ankommen. Viele der Demonstranten laufen nach der 
Abschlusskundgebung zur Unterkunft. Einige setzen sich auf die Straße. 
Der Verkehr wird umgeleitet.
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Anfangs ist es friedlich. Rechtsextreme und Schaulustige bleiben unter 
sich, tummeln sich - von Gegendemonstranten unbehelligt - auf der 
Straße. Bierflaschen liegen umher. Doch am späten Abend heizt sich die 
Stimmung zu gewalttätiger Randale gegen Menschen und Sachen auf. 
Teilnehmer der Demo sagen später, bei einigen ihrer Mitstreiter seien 
"die Sicherungen durchgebrannt".
Böller, Steine und Flaschen fliegen auf die Straße, die die Polizei 
weiträumig abgesperrt hat. Plötzlich erhellen Leuchtkugeln die Nacht. 
Die Beamten drängen die Menge zurück, setzen dabei auch Pfefferspray und
 Tränengas ein. Viele Demonstranten laufen weg, doch rechte Hardliner 
stellen sich ihnen in den Weg: "Stopp, bleibt hier!" rufen sie. Nach 
rund einer Viertelstunde beruhigt sich die Szene etwas. Es gibt 
Verhaftungen und Verletzte, Rettungswagen fahren mit Blaulicht vor. Doch
 Rechte versuchen immer wieder, die Ankunft der Flüchtlinge zu 
blockieren.
Das ganze Ausmaß des Fremdenhasses zeigt sich in den Gesprächen oder in 
dem, was ungehemmt im Sprechchor skandiert wird. Da werden Flüchtlinge 
als "Schweine" und "Viehzeug" beschimpft, da werden völlig aus der Luft 
gegriffene Bedrohungsszenarien an die Wand gemalt. "Eure Frauen werden 
alle vergewaltigt, ihr könnt sie nicht mehr schützen", ruft eine Frau 
mittleren Alters beschwörend einer Gruppe junger Männer zu.
Die Männer beobachten - Bierflasche in der Hand - das Geschehen in der 
Flüchtlingsunterkunft von der gegenüberliegenden Straßenseite aus. 
Jugendliche singen leise vor sich hin: "Die Reihen fest geschlossen" - 
eine Verszeile des verbotenen Horst-Wessel-Liedes der Nazis.
Es fließt viel Alkohol. Eine Gruppe diskutiert über die Rassepolitik der
 Nazis. Andere vertreiben sich Zeit bis zur Ankunft der Flüchtlinge mit 
diversen Verschwörungstheorien. Andere artikulieren ohne die geringste 
Hemmung oder Scham immer wieder, was sie von Asylbewerbern halten. Als 
viele Anwohner nach Mitternacht nach und nach abwandern, bleibt der 
rechte Mob noch eine Weile unter sich. Dann löst sich der Spuk auf.
Bei den Ausschreitungen sind nach aktuellem Stand 31 Polizisten verletzt
 worden. Demonstranten hätten Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper 
geworfen, sagte die Polizei. Politiker verurteilten die Ausschreitungen 
scharf.

