Kein Asyl-Stammtisch: Polizei soll nach AfD-Angaben Wirtin subtil unter Druck gesetzt haben

Erstveröffentlicht: 
20.08.2015

Wenn die AfD zu einem Stammtisch zur Asylpolitik einlädt, kann man sich die inhaltliche Stoßrichtung an fünf Fingern abzählen. Das ist sicher mit ein Grund, warum ein Vortragsabend des Leipziger Kreisverbands am Donnerstag nicht wie geplant stattfinden wird. Die Partei reagierte auf die Absage einer Markkleeberger Wirtin mit einem durchschaubaren Versuch, der Polizei den Schwarzen Peter in die Schuhe zu schieben.

 

Ursprünglich hatten die Rechtspopulisten Interessierte für Donnerstagabend nach Markkleeberg (LK Leipzig) ins Forsthaus Raschwitz eingeladen. Laut einem Medienbericht vergaßen die Organisatoren allerdings, gegenüber den Betreibern zu erwähnen, dass sie eine öffentliche Veranstaltung planen würden. Kaum war die Katze aus dem Sack, kassierte der Kreisverband den ersten Korb. Kreischef Siegbert Droese räumte gegenüber L-IZ.de den „Fauxpas“ ein, ließ sich aber nicht unterkriegen, sondern reservierte im nahen Restaurant City einen Tisch für 18 Personen.

 

„Ich habe gesagt, wer ich bin und dass wir einen Stammtisch abhalten möchten“, schilderte Droese gegenüber L-IZ.de das gestrige Telefonat mit Wirtin Katja Hentzschel. Die Restaurantinhaberin verstand den Politiker allerdings aufgrund schlechten Handyempfangs nicht sonderlich gut. „Ich habe irgendwas mit ‚AFG‘ verstanden und das auch so in mein Reservierungsbuch eingetragen“, berichtet Hentzschel. „Herr Droese sagte, man wolle einen Stammtisch abhalten und à la carte essen.“ Der AfD-Vorsitzende vergaß wieder mitzuteilen, dass es sich bei der Zusammenkunft um einen politischen Themenstammtisch halten würde, der öffentlich beworben werde.

 

Mittlerweile hatte die Polizei die Veranstaltung auf dem Schirm. Für AfD-Zusammenkünfte besteht nämlich in Leipzig und im nahen Umland spätestens seit dem Anschlag auf das Firmengelände von Frauke Petry am 6. August eine abstrakte Gefährdungslage. Die Beamten hatten insbesondere die räumliche Nähe zum Stadtteil Connewitz mit seiner linksalternativen Szene im Blick.

 

„Als Behörde, die für Ordnung und Sicherheit zuständig ist, kann man sich denken, welche Szenarien dort entstehen könnten“, erläutert Pressesprecher Andreas Loepki. Als eine Bürgerpolizistin die Lage am Donnerstag vor Ort erörtern wollte, traf sie eine völlig überraschte Wirtin an. „Ich wusste nicht, um wen es sich handelt“, beteuert Hentzschel. Die Gastronomin sagte die Reservierung mit Sorgen um das Wohlergehen von Gästen, Mitarbeitern und Lokal ab.

 

AfD-Chef Droese ist stinksauer. Nicht auf die Markkleeberger Gastronomen, sondern auf die Leipziger Ordnungshüter. „Im letzten Wahlkampf wurden wir ja noch von der asozialen Autonomenszene attackiert und mussten somit Veranstaltungen absagen oder unterbrechen. Derzeit erledigt das die Polizei mit suptiler ‚Aufklärung‘ an unserem Veranstaltungsort“, beklagt sich Droese in einer Pressemitteilung (Fehler im Original).

 

Allerdings ignoriert der Lokalpolitiker den kausalen Zusammenhang zwischen der Gefährdungslage und den politischen Positionen seiner Partei in der Asyl-Frage. „Die Polizei hat auf mich keinen Druck ausgeübt. Die Absage war meine freie Entscheidung“, bestätigt Hentzschel. Hätte Droese schriftlich angefragt, hätte er sich und seinen Parteifreunden den Trubel womöglich ersparen können.