Mögliches Abschiebelager sorgt für Kontroverse im Ausschuss / Ablehnung nicht nur von der Opposition
Von jürgen kochinke
 Dresden. So viel Aufmerksamkeit hatte der Innenausschuss im 
Landtag noch nie. Übervoll war der Sitzungssaal in der dritten Etage, 
und alle waren gekommen: Innenminister Markus Ulbig (CDU) sowie seine 
Kabinettskollegin Petra Köpping (Integration, SPD) saßen in der Runde, 
daneben Abgeordnete, Leipzigs Polizeichef Bernd Merbitz und reichlich 
Staatssekretäre. Der Grund für den Auflauf war die Sondersitzung zum 
Thema Asyl - akute Probleme bei der Unterbringung, Sicherung und 
medizinischen Versorgung inklusive. Was am Ende herauskam, war aber 
alles andere als überzeugend. Im Gegenteil: Zurück blieben viele 
Irritationen und Verstimmung.
 Grund dafür ist der Vorstoß von Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU).
 Der hatte eine Idee aus dem CSU-geführten Bayern ins Spiel gebracht, 
wonach Asylbewerber ohne Bleibeperspektive in einer speziellen 
Einrichtung untergebracht werden sollen - Abschiebelager lautet der 
Kampfbegriff. Zwar nahm Tillich dieses Wort nicht in den Mund, die Idee 
aber begrüßt er. Denn damit, so die Hoffnung, könnten Flüchtlinge aus 
sogenannten sicheren Herkunftsländern schneller abgeschoben werden - vor
 allem jene aus dem Balkan, die mehr als ein Drittel aller Asylbewerber 
ausmachen.
Das stößt nicht nur bei der Opposition auf Ablehnung, auch in den 
Koalitionsfraktionen CDU und SPD sorgt es für Irritation. Schließlich 
haben sie den Vorschlag aus den Medien erfahren, und klar ist sowieso 
nichts. An dieser Stelle kommt Ulbig ins Spiel. Denn der Innenminister 
hatte Tillichs Ansatz aufgegriffen und dabei weiter verunklart. Denn 
nach seiner Lesart könnten in dem "Pilotprojekt" nicht nur Flüchtlinge 
vom Balkan untergebracht werden, sondern auch solche aus 
Bürgerkriegs-Ländern. Die aber haben eine Anerkennungsquote von nahezu 
100 Prozent. Folge: Das Ganze wäre eine Art Spezialcamp für die klaren 
Fälle.
An diesem Punkt aber gab es gestern viel Diffusion und harten Dissens. 
Die Lage scheint reichlich verwirrend. Linke und Grüne sind knallhart 
dagegen, so viel ist klar, und die CDU-Fraktion muss sich erst mal 
sortieren. Die SPD aber redet mal so und manchmal ganz anders. 
Kostprobe: Ausschusschef Mario Pecher (SPD) sagte gestern im Anschluss 
an die Sitzung, es dürfe beim Thema "keine verbotenen Ideen" geben, das 
gelte auch für Abschiebelager. Und: "Wenn es eine Möglichkeit ist, die 
Verfahren zu beschleunigen, dann sei es so." Kurz danach kamen konträre 
Töne von SPD-Innenpolitiker Albrecht Pallas. "Wovon ich gar nichts 
halte, ist, Gruppen zu internieren und zu kennzeichnen", sagte der 
gelernte Polizist mit Blick aufs NS-Regime. "So was hatten wir schon 
mal, das möchte ich in Deutschland nicht mehr sehen."
Ulbig mühte sich redlich, die gröbsten Verwirrungen zu umschiffen, und 
dabei gleichzeitig Zahlen, Trends und Problemlagen zu benennen. Die 
Innenpolitiker von Linken und Grünen, Enrico Stange und Valentin 
Lippmann, konnte er damit wenig überzeugen. Zwar meinten beide, die 
Sondersitzung sei "sinnvoll und notwendig" gewesen, mehr aber auch 
nicht. Und dann folgte Kritik. Stange meinte, dass die von Ulbig 
präsentierten Prognosen zu Asylbeweberzahlen mal wieder zu niedrig 
angesetzt seien und folglich erneut eine "Luftnummer". Die Regierung 
"versagt und hechelt nur hinterher". Nach Ansicht von Lippmann herrscht 
"totales Chaos zwischen Innenministerium und CDU-Fraktion bis zum 
Ministerpräsidenten".
Zumindest an einem Punkt waren sich alle Beteiligten einig. Die gestrige
 Sitzung dürfte zwar für die wenigsten befriedigend gewesen sein, aber 
irgendwie war sie trotzdem sinnvoll. Und sie wird nicht die letzte 
gewesen sein, die es zum Thema Asyl gibt.
